Gratwanderung auf dünnstem Eis
“Wir bewegen uns heute auf dünnstem Eis. Um innerhalb der 1,5 Grad Grenze zu bleiben haben wir noch 10 bis 20 Jahre Zeit”, mahnt der renommierte Südtiroler Glaziologe und Klimaforscher Georg Kaser. “Schaffen wir es nicht, bis dahin radikale Reformen umzusetzen, drohen katastrophale Folgen. Ich spreche nicht von Starkregenfällen mit gefluteten Kellern und Murenabgängen, sondern von Niederschlagsereignissen, die auch in Südtirol ganze Täler unter zerstören können”, wirft Kaser vorab in den Raum. Er gilt als einer der einflussreichsten Klimaforscher weltweit und wird am ersten Programmtag der Toblacher Gespräche, am Freitag, dem 1. Oktober, den Auftakt machen.
Wie können wir gehen auf dünnem Eis?
Während der erste Programmtag den Stand der Klimakrise analysiert und unter dem Motto “Das Eis wir dünn” mit David Hofmann und Katharina Tschigg auch die Südtiroler Jugend das Wort ergreifen wird, widmen sich die darauffolgenden Tage der Frage, wie wir auf dünnem Eis gehen können. Ist der Europäische Green Deal der richtige Weg, um die Klimakatastrophe zu stoppen? Und was bedeutet dieser Deal für Wirtschaft und Gesellschaft? Lässt sich wirtschaftliches Wachstum vom Naturverbrauch entkoppeln? Oder wird der „European Green Deal“ nur in einer Postwachstumsgesellschaft wirklich grün? Dies sind nur einige der Fragen, die die Veranstalter Wolfgang Sachs und Karl-Ludwig Schibel an Vertreterinnen und Vertreter von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und verschiedenen Interessengruppen der Gesellschaft stellen. Aber auch die Zivilgesellschaft, die Besucherinnen und Besucher sind im Rahmen der verschiedenen Foren zum Mitdenken und Mitdiskutieren eingeladen.
European Green Deal, Mogelpackung der Braunen?
Unter den renommierten Rednerinnen und Rednern, die sich in einer Antwort zu diesen Fragen versuchen, finden sich neben Georg Kaser auch die Wirtschaftsredakteurin Ulrike Herrmann von der taz und die Journalistin Christiane Grefe von der ZEIT sowie Martin Stuchtey, Gründer und managing Partner von SYSTEMIQ. Gemeinsam gehen sie der Frage nach, ob und wie der Green Deal die Chance auf die Wende hin zu einer grünen Ökonomie bietet oder doch nur eine Mogelpackung für das ‘Weiter so’ einer grauen Politik ist.
Platz für einen ernsthaften, radikalen Diskurs
Die Toblacher Gespräche suchen also auch in diesem Jahr eine gemeinsame konkrete Reflexion der Vortragenden und Teilnehmerinnen zu Klima und Klimawandel. Dabei finden auch radikal aktivistische Stimmen Platz. Wie der Südtiroler Klimaaktivist David Hofmann erklärt: “Die Toblacher Gespräche sind einer der wenigen Orte in Südtirol, wo es Platz für einen ernsthaften, tiefgreifenden Diskurs gibt, wo auch radikale Lösungen diskutiert werden können.” Aber was sind das, radikale Lösungen? “Radikale Lösungen, sind Lösungen, die Probleme an der Wurzel angehen. Im Bezug auf die Klimakrise führt kein Weg mehr daran vorbei, business as usual hat keine Zukunft”, so Hofmann. Anstatt sich vor radikalen Veränderungen zu scheuen, erkennt er diese als Chance, mehrere miteinander verknüpfte Probleme auf einmal zu bewältigen: “Zweifellos keine leichte Aufgabe, aber genau das müssen wir diskutieren.”
Zum Handeln bewegen
Aber reicht das, über das Klima zu reden? Fragen und Probleme immer und immer wieder zu diskutieren? Die Südtiroler Forscherin Katharina Tschigg stellt die Frage anders: Wie müssen wir über das Klima sprechen, um Menschen zum Handeln zu bewegen? Es geht also darum, Motivation zu schöpfen, um vom Diskurs zum Handeln überzugehen: „Ich hoffe, dass Gleichgesinnte bei den Gesprächen in Toblach die Dringlichkeit der Problematik auch fühlen können und wir somit mit mehr Informationen und viel Motivation für Verhaltensänderungen und Verbesserungen der Südtiroler Herangehensweise an die drohende Klimakatastrophe das Wochenende beenden.”
Wer selbst Mitdenken, Mitreden und Handeln möchte, kann hier das Programm einsehen und sich noch bis zum xxx hier anmelden. Tagungssprachen sind Deutsch und Italienisch.
Diese Aspekte sind seit
Diese Aspekte sind seit Anfang der 1990er bekannt und vollständig dokumentiert, zum Beispiel, durch die IPCC-Berichte. Bereits in den 1970er machte der Club of Rome erste Ansätze, obwohl diese mehr allgemein auf die Umwelt und nicht konkret auf die globale Erwärmung gerichtet waren.
Wir brauchen keine Konferenzen mehr, um das Problem zu beschreiben, sondern, um das Problem zu lösen. Die Entscheidungsträger müssen eben als Entscheidungsträger agieren. Wann fangen sie an?