Society | Welternährungstag oder Welthungertag

Widersprüchliches

1 Milliarde Menschen auf dieser Welt hungern. 1 Milliarde Menschen sind übergewichtig. 1 Milliarde Tonnen Lebensmittel werden jährlich weggeworfen. Widersprüche? Ein Gastbeitrag von Alexander Nitz, Haus der Solidarität

Heute ist Welternährungstag. Einen Tag lang steht der Hunger im Scheinwerferlicht, um dann ein Jahr lang ein Schattendasein zu fristen.
Widersprüche?

Im Haus der Solidarität (HdS) sind Lebensmittel täglich ein Thema: Hier wird weggeworfen, aber auch Weggeworfenes widerverwertet. Widersprüche?

Oft beobachten wir HdS-Gäste aus Hungerregionen wie sie ihre Teller voll Essen nach einigen Happen in den Mülleimer werfen, ein Brot nach einem Bissen liegen lassen, Wasser bedenkenlos laufen lassen.
Widersprüche?

Mehrmals in der Woche holen wir von Geschäften und Supermärkten beste Lebensmittel ab, die wir dann wieder verkochen. Es ist einwandfreie Ware, die aber – per Gesetz – nicht mehr verkauft werden darf, weil das Verfallsdatum abgelaufen ist.
Widersprüche?

Aber wir sehen auch, dass viele Zweiheimische in Südtirol in der Lebensmittelproduktion und –verarbeitung tätig sind: als Köche und Abspüler in Restaurants, als Erntehelfer und Knechte auf Bauernhöfen, als Hilfsarbeiter in der Lebensmittelindustrie. Längst kommen nicht mehr nur die Schweine für den Südtiroler Speck aus dem Ausland, sondern auch die Knödel aus den Händen einer Philippina, die Pizza von einem Tunesier und das Wiener Schnitzel von einem Pakistani.
Widersprüche?

„Das Gleiche lässt uns in Ruhe, aber der Widerspruch ist es, der uns produktiv macht“, wusste schon Johann Wolfgang von Goethe.

Mögen uns diese Widersprüche produktiv machen, um den Hunger in der Welt nachhaltig zu stillen.
Alexander Nitz, Haus der Solidarität