Theiners Antwort
„Ich hätte mir von der Landesregierung mehr Mut erwartet“, sagt SVP-Landtagsabgeordneter und Regionalassessor Sepp Noggler im salto-Interview zu den aktuellen Geschehnissen in Südtirols Energiepolitik. „Es wäre ein unverantwortliches Risiko, es auf eine europaweite Ausschreibung ankommen zu lassen“, entgegnet ihm sein Partei- und Bezirkskollege Richard Theiner. Einer der Anstöße für die SVP-internen Meinungsverschiedenheiten? Nogglers Kritik, die diffizile Causa der erschwindelten Konzessionen durch eine Fusion statt durch eine Neuausschreibung lösen zu wollen. Doch, wie der Energielandesrat klarstellt: Die Behauptung seines Parteikollegen, dass bei solch einer Ausschreibung davon ausgegangen werden kann, dass Südtirols öffentliche Körperschaften bei entsprechend hohen Umweltgeld-Geboten ohnehin gewinnen, wird weder von ihm noch den vielen Experten geteilt, die von der Landesregierung in der komplexen Angelegenheit konsultiert wurden. „In dieser Hinsicht heißt es unisono: Man hätte absolut nicht in der Hand, wie eine solche Ausschreibung ausgeht“, sagt Richard Theiner. Und, wie er nicht ohne Ironie hinzufügt: „Denn das, was man dem Land davor vorgeworfen hat, also die Ausschreibung zu steuern, könnten wir sicher nicht machen.“
Rechtliche Unsicherheit
Eine Ungewissheit, zu der laut dem Energielandesrat auch die derzeit unsichere rechtliche Situation beiträgt. Denn was Großwasserableitungen betrifft, hat derzeit nicht nur Südtirol kein eigenes Gesetz. Auch auf staatlicher Ebene fehlen immer noch die Durchführungsbestimmungen zur entsprechenden Norm, da Rom schon seit längerem an einer EU-konformen Gestaltung der Regeln für Grußwasserableitungen bastle. Deshalb sei derzeit nicht einmal klar, unter welchen Rahmenbedingungen diese künftig vergeben werden können – und welche Voraussetzungen Teilnehmer an einer europaweiten Ausschreibung erfüllen müssten. Ein Limit, an das bisher auch die Bemühungen um ein neues Südtiroler Gesetz im Rahmen des Energietisches gestoßen sind, sagt Richard Theiner. „Umso gewaltiger wäre das Risiko, es unter diesen Umständen auf eine Neuausschreibung ankommen zu lassen.“
„Enel hat insgesamt 365 Millionen Euro erhalten“
Nicht unwidersprochen stehen lässt der Energielandesrat aber auch Nogglers Aussage, dass vor allem der Energiekoloss Enel mit einer fetten „buonuscita“ in Höhe von 750 Millionen Euro gut aus den Deals mit der Landesgesellschaft SEL aussteigen würde. „Insgesamt wurden für die Übernahme der SE Hydropower an die Enel 365 Millionen Euro gezahlt“, sagt Theiner. 345 Millionen Euro im Rahmen des aktuellen 400-Millionen-Euro-Deals, bei dem darüber hinaus 55 Millionen Euro für das Kraftwerk St. Florian bereit stehen. In der Vergangenheit hat Enel laut Theiner dagegen nur elf Millionen Euro aus Südtirol erhalten: 1,5 Millionen Euro für das Einbringen der Kraftwerke in die SE Hydropower und neun Millionen Euro als Entschädigung für die verlorene Konzession Mühlbach. „Die 350 Millionen Euro, von denen Sepp Noggler spricht, waren dagegen nur ein Buchwert, wurden also nie real bezahlt“, so Richard Theiner.
„Anteil des Landes bleibt sicher unter 50 Prozent“
Auf die Neuordnung von Südtirols Energiewirtschaft muss sein Parteikollege in jedem Fall nicht länger warten. Sie hat bereits begonnen, meint der Landesrat. „In welche Richtung es gehen wird, ist bereits seit der Regierungserklärung vollkommen klar“, sagt er. Sprich: Lösung der bestehenden Konflikte in Form von außergerichtlichen Einigungen mit den Etschwerken und Hellmuth Frasnellis Eisackwerk GmbH sowie eine Miteinbeziehung aller Gemeinden in die geplante neue große Energiegesellschaft aus SEL und Etschwerken. „Der Anteil des Landes wird dort auf jeden Fall unter 50 Prozent bleiben“, so Richard Theiner in Sachen Interessenskonflikt. Denn, wie auch Landeshauptmann Arno Kompatscher wiederholt unterstrichen hätte: „Wir haben uns verpflichtet, neben Bozen und Meran auch alle anderen Südtiroler Gemeinden stärker ins Boot zu holen – wenn auch erst in einem zweitem Schritt.“
Ob das Land seine Anteile, wie Noggler fordert, gar bis zu Hälfte an die Gemeinden abtreten würde, ist von Richard Theiner nicht zu erfahren. „Prozentsätze wurden noch nicht spezifiziert und werden von den Gesprächen und Verhandlungen mit den Gemeinden abhängen“, sagt er. Warum aber gibt es innerhalb der Südtiroler Volkspartei und noch dazu unter zwei Vinschgern so unterschiedliche Positionen zu den aktuellen heißen Eisen der Energiewirtschaft? „Jeder hat das Recht, seine Meinung zu vertreten“, antwortet Theiner. „Doch als Energielandesrat muss ich die Fakten darstellen, wie sie sind.“