Politics | Ius soli
Coincidentia oppositorum
Foto: salto
Im Kleinen wiederholt sich nur das, was im Großen vorgemacht wird. Das wurde am Mittwoch wieder einmal mehr als deutlich.
Auf der Tagesordnung des Regionalrates standen zwei Beschlussanträge zu einem der politischen Dauerbrenner in der italienischen Politik: Dem sogenannten ius soli.
Auf der Tagesordnung des Regionalrates standen zwei Beschlussanträge zu einem der politischen Dauerbrenner in der italienischen Politik: Dem sogenannten ius soli.
Für die Behandlung wurden zwei Anträge zusammengelegt, die kaum unterschiedlicher sein konnten.
Ein Beschlussantrag eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Alberto Kaswalder, Rodolfo Borga und Massimo Fasanelli, mit dem die Regionalregierung verpflichtet werden soll, der Regierung und dem Parlament den negativen Standpunkt der Region Trentino-Südtirol zum Inhalt Gesetzentwurfes zum ius soli aufzuzeigen, der im Parlament zur Behandlung ansteht.
Der zweite Beschlussantrag, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Riccardo Dello Sbarba, Hans Heiss, Brigitte Foppa, Alessio Manica, Sara Ferrari, Mattia Civico, Renata Borgonovo Re, Bruno Gino Dorigatti, Roberto Bizzo, Cristian Tommasini und Lucia Maestri, mit dem das italienische Parlament aufgefordert wird, innerhalb dieser Legislaturperiode ein Gesetz zu verabschieden, welches das ius soli temperato und das ius culturae für den Erwerb der italienischen Staatsbürgerschaft anerkennt.
Allein die beiden Anträge machen deutlich, dass in dieser Frage auch im Regionalrat zwei (politische) Welten aufeinanderprallen. In der Diskussion wurde das noch augenscheinlicher.
Zwei Welten
Alberto Kaswalder (PATT) erinnerte daran, dass jemand in europäischen Ländern wie Frankreich, Deutschland, Belgien und Großbritannien erst nach 5 oder 10 Jahren die Staatsbürgerschaft erhalten kann. „Eine zusätzliche Geste der Gastfreundschaft gegenüber den illegalen Einwanderern, die bereits jetzt unser Land überschwemmen, wird dazu führen, dass die Zahl der Neuankünfte in Italien noch weiter zunimmt”, meinte der PATT-Abgeordnete.
Genau gegenteiliger Ansicht ist Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Er erinnerte daran, dass Premier Paolo Gentiloni weiterhin hinter dem Vorhaben steht. Das ius soli betreffe kaum die Flüchtlinge, sondern Kinder, die in Italien aufgewachsen und somit bereits integriert seien. Wenn man sie als Bürger zweiter Klasse behandle, führe das zu Frustration und Wut. Derzeit treibe vor allem die katholische Welt die Behandlung des Gesetzes voran.
Laut Rodolfo Borga (ACT) sei eine weitere Lockerung der Bestimmungen nicht nötig. Laut Gesetzentwurf könnten die Kinder die Staatsbürgerschaft nach 5 Jahren erlangen, später in ihr Herkunftsland zurückkehren und dann mit ihrer Familie nach Italien zurückkommen. Borga: „Es muss das Prinzip gelten, dass man Personen einbürgert, nicht Gemeinschaften und Kulturen, die mit unserer nichts zu tun haben.“
Laut Rodolfo Borga (ACT) sei eine weitere Lockerung der Bestimmungen nicht nötig. Laut Gesetzentwurf könnten die Kinder die Staatsbürgerschaft nach 5 Jahren erlangen, später in ihr Herkunftsland zurückkehren und dann mit ihrer Familie nach Italien zurückkommen. Borga: „Es muss das Prinzip gelten, dass man Personen einbürgert, nicht Gemeinschaften und Kulturen, die mit unserer nichts zu tun haben.“
Alessandro Urzì erinnerte daran, dass wieder mehr Italiener auswandern, vor allem jüngere. Italien lasse seine Jugend ziehen und ziehe Migranten von außen an. Mattia Civico (PD) und Hans Heiss (Grüne) schlossen sich den Argumenten Dello Sbarbas an. „Das ius soli bedeutet einen Akt der Gleichstellung, nicht der Ausnahme“, sagte Hans Heiss, „dieser Gesetzentwurf bringt eine moderate Form des ius soli, die Staatsbürgerschaft für Menschen, die schon lange hier sind und die einen Bildungszyklus hinter sich haben“.
Südtiroler Schweigen
Während die Fronten im Regionalrat zwischen dem Rechtsblock und dem Mittel-Links-Block klar verteilt sind, war eines in dieser Diskussion aber besonders auffallend. Mit Ausnahme der Südtiroler Grünen, sowie Alessandro Urzí und Elena Artioli meldete sich nur SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger zu Wort.
Für die Freiheitlichen und die Süd Tiroler Freiheit scheint das Ius soli kein Thema. Dabei schlagen beide Parteien gerade aus dem Thema Ausländer seit langem politisches Kapital. Im Regionalrat hatte man am Mittwoch dazu anscheinend nichts zu sagen.
Für die Freiheitlichen und die Süd Tiroler Freiheit scheint das Ius soli kein Thema. Dabei schlagen beide Parteien gerade aus dem Thema Ausländer seit langem politisches Kapital. Im Regionalrat hatte man am Mittwoch dazu anscheinend nichts zu sagen.
Auch die SVP wurstelte sich durch. SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger erklärte, dass sich seine Partei eine Lösung auf europäischer Ebene erwarte. Außerdem wünsche er sich, dass diese beiden Beschlussanträge vertagt würden. „Derzeit sind sie nur Wahlkampfgeplänkel“, meinte Steger.
Dabei zeigte sich gerade in Stegers Wortmeldung, dass sich auch die SVP längst im Wahlkampfmodus befindet. Denn die (Nicht)-Positionierung der Volkspartei zum Ius Soli macht deutlich, welche Angst die Regierungspartei vor der Rechten und der Ausländerfrage ein Jahr vor den Landtagswahlen hat.
Dieter Steger macht dabei vor, wie ein politischer Zickzack-Kurs ausschaut. „Substanziell sind wir der Meinung, dass diese Thematik reformiert werden muss“, erklärte der SVP-Fraktionssprecher. Und im nächsten Satz sagte er dann: „Der derzeit vorliegende Gesetzestext ist für uns aber nicht zu akzeptieren.“
Deshalb werde die SVP gegen den Beschlussantrag stimmen, den die Grünen und der PD eingebracht haben. Zum entgegengesetzten Beschlussantrag sagte Dieter Steger selbstredend kein Wort.
Damit war klar, wie die SVP-Regionalratsabgeordneten stimmen werden.
Der Antrag Dello Sbarba & Co wurde mit 16 Ja-, 25 Neinstimmen und 8 Enthaltungen abgelehnt. Während der Antrag von Kaswalder & Co mit 31 Ja-, 16 Neinstimmen und 6 Enthaltungen angenommen wurde.
Der Regionalrat Trentino-Südtirol stellt damit der Regierung in Sachen Ius soli die Rute ins Fenster.
Und die SVP macht dabei fleißig mit.
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Den in Italien geborenen
Den in Italien geborenen Kindern, steht das Recht auf die italienische Staatsbürgerschaft jedenfalls zu ! Das als "ius soli" im Parlament zur Beschlussfassung aufliegende Gesetz durch einen ablehnenden Beschluß des Regionalrates zu hintertreiben, ist, aus meiner Sicht, nicht nur unmenschlich, sondern beschämend. Ich hoffe sehr, dass nicht die Angst, sondern der Mut zum Menschsein dieses populistische und menschenfeindliche Ansinnen überwinden.
Karl Trojer, Terlan, [email protected]