Schnee und Regen halten Südtirol in Atem
“Guten Morgen an diesem nächsten angespannten Wettertag. Mittelmeertief Nummer 2 ist pünktlich eingetroffen.” So meldet sich Dieter Peterlin, Meteorologe vom Landeswetterdienst am Freitag Morgen. Wie vorhergesagt haben über Nacht erneut starke Niederschläge eingesetzt. Bis zu 70 cm Neuschnee waren für den heutigen Tag vorausgesagt. Nun erklärt Peterlin: “Die aktuellen Computermodelle haben die Mengen leider nicht zurückgerechnet, sondern eher noch etwas erhöht. Auf den Bergen bis zu 80 cm Neuschnee.” Der Schwerpunkt der Niederschläge mit Schnee und Regen hat sich von der Osthälfte in den Westen des Landes verschoben, mit Schwerpunkt Ulten- und Passeiertal. Die Lawinengefahr wird deutlich ansteigen und am Freitag wahrscheinlich die Stufe 4 erreichen.
Zwischenstand 8:00 Uhr: Bis jetzt am meisten Niederschlag im Ultental mit 20-25 l/m², im restlichen Land 5-10 l/m². Im Laufe des Vormittags werden Regen und Schneefall stärker.
— Dieter Peterlin (@DieterPeterlin) November 15, 2019
“Auch heute handelt es sich wieder um einen feuchten/nassen Schnee. Gerade in der Osthälfte Südtirols – Pustertal, Dolomiten – geht der Schneefall auch in mittleren Lagen zeitweise in Regen übergehen. Nicht ganz unproblematisch”, warnt Peterlin.
Aufgrund des mäßig bis hohen hydrogeologischen Gefahrenpotentials – erwartet werden Lawinen und Gleitschneelawinen, Baumstürze, Steinschläge und Rutschungen, sowie kleinräumige Überflutungen – wurde am Donnerstag der Zivilschutzstatus Bravo (Voralarm) ausgerufen. Dieser gilt noch bis Samstag Mittag.
Das Problem ist heute nicht nur die Niederschlagsmenge, sondern auch die schwankende Schneefallgrenze. In den tiefen und selbst in den mittleren Lagen um 1500 m eine Mischung aus Regen, Schneeregen und Schnee.
— Dieter Peterlin (@DieterPeterlin) November 15, 2019
“Wir werden alles tun, um die Sicherheit und die Versorgung der Bevölkerung zu garantieren”, betont Bevölkerungsschutzlandesrat Arnold Schuler. Während einige Landes- und Staatsstraßen inzwischen geräumt, gesichert und für den Verkehr wieder offen sind, ist die Brennerautobahn A22 seit Donnerstag, 21 Uhr, ab San Michele all'Adige Richtung Südtirol auf eine Fahrspur reduziert, um das Verkehrsaufkommen zu drosseln. Ein zweiter Puffer wurde beim Parkplatz Sadobre in Freienfeld eingerichtet.
“Der Verkehr auf Südtirols Straßen kann derzeit grundsätzlich fließen. Keine Straßen müssen aus heutiger Sicht präventiv gesperrt werden”, meldet der Direktor der Abteilung Straßendienst Philipp Sicher.
Die Pustertaler Bahnlinie wurde am Donnerstag zwar wieder zwischen Franzensfeste und Innichen geöffnet, fährt aber stark reduziert. Die Bahnlinie zwischen Innichen und Lienz bleibt weiterhin gesperrt. “Wie der Bahnverkehr am Freitag organisiert werden kann, bleibt abzuwarten und hängt von den Witterungsverhältnissen ab”, teilt die STA mit. Auf jeden Fall entfallen im oberen Pustertal heute aus Sicherheitsgründen ganztägig folgende Buslinien:
Linie 438 Citybus Welsberg - Taisten
Linie 441 Gsies – Welsberg – Niederdorf – Toblach - Innichen
Linie 442 Prags – Toblach
Linie 446 Sexten – Innichen – Toblach
Linie 447 Innichen – Sillian
Linie 448 Citybus Toblach
In allen Pustertaler Gemeinden – außer Prettau – bleiben Schulen und Kindergärten heute geschlossen, auch in Bruneck. Allerdings ist die Stadt inzwischen wieder mit Strom versorgt. Die Schäden an der Hochspannungsleitung konnten behoben werden, damit sei eine stabile Stromversorgung wieder gewährleistet, meldet die Freiwillige Feuerwehr Bruneck. Zwei Notstromaggregate der Berufsfeuerwehr zu je 400 Kilowatt wurden dem Krankenhaus Bruneck und dem nahegelegenen Altersheim zur Verfügung gestellt. Von Innichen wurden 50 Feldbetten angefordert.
Die Männer und Frauen von 138 Freiwilligen Feuerwehren – die Hälfte aller Südtiroler Wehren – stehen seit der Nacht auf Mittwoch im Dauereinsatz und rückten bislang zu 500 Einsätzen aus. In der Nacht auf Freitag auch wegen eines Großbrand eines Wohnhauses in Hofern.
Indes teilt die FF Stegen auf Facebook Gedanken zu den Erfahrungen der Feuerwehrleute, die unermüdlich im Dauereinsatz stehen:
“Gedanken zu den letzten Intensiven Tagen im Dauereinsatz: Die Selbstverständlichkeit und Bequemlichkeit unseres Lebens wurde in den letzten Tagen erheblich auf den Kopf gestellt. Fast 2 Tage ohne Strom und andere normale Dinge haben gezeigt, wie anfällig unsere Gesellschaft wirklich ist und was uns in kürzester Zeit aus der Bahn werfen kann. Von blockierten Straßen bis zu Türöffnungen, Stromversorgung, Wasserkochen für Säuglinge und auch nur als Informationsquelle und Stütze für die Bevölkerung war alles vorhanden. Ich denke, das sollte uns allen ein bisschen zu denken geben. Abschließend muss gesagt werden, dass im Grunde alles noch einmal recht gut und vor allem ohne Verletzte und gar Tote abgelaufen ist.”