Society | FinKa von VISO

Ein Ort zum Heimisch Fühlen

Die VISO hat in Mals ein Hostel in der Ex-Finanzkaserne eröffnet – mit ökologischem Konzept. Präsident Sascha Plangger über die Geschichte des historischen Gebäudes.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
FinKa Hostel in Mals
Foto: ©Oskar Verant

Die VISO verfolgt als Sozialgenossenschaft eine solidarische Ökonomie. Was ist damit gemeint?

Sascha Plangger: Die VISO, als erste Sozialgenossenschaft vom Typ B im Vinschgau, wurde im Jahr 2013 gegründet. Die VISO hat dabei immer auch eine sozialraumorientierte Perspektive verfolgt, indem sie Dienstleistungen in den Gemeinden aufgebaut hat, wodurch unterschiedliche Arbeitsplätze vor Ort entstanden sind. Wir kooperieren dabei auch eng mit dem Arbeitsvermittlungszentrum aber auch mit den SozialreferentInnen der Gemeinden. Es gibt dabei viele Beispiele wie vor allem auch sozio-ökonomisch benachteiligte Menschen in Arbeit gebracht wurden. In zwei Heimen arbeiten etwa Menschen mit und ohne Behinderungen als auch Menschen mit Fluchterfahrungen zusammen.

 

Die VISO unterstützt außerdem die regionale Wertschöpfung, sagen Sie. Wie?

In der Mensa für die Mittel- und Oberschule, wor wir im Auftrag der Gemeinde Mals die Verpflegung anbieten, legen wir zum Beispiel sehr viel Wert auf den Einsatz regionaler und biologischer Produkte. Wir kaufen sehr viel bei den Bauern der Umgebung ein. Fleisch und Brot beziehen wir vom Metzger und Bäcker vor Ort. Somit kommen wir beim Einkauf der Lebensmittel auf ca. 75% aus regionaler und biologischer Herkunft. Durch die Zusammenarbeit mit den Produzenten aus der Umgebung erfüllen wir ziemlich viele Kriterien eines nachhaltigen Wirtschaftens und einer regionalen Wertschöpfung.

Seit Juli haben Sie ein Hostel auf der Ex-Finanzkaserne geöffnet: Das „FinKa“. Wie kam es dazu?

Wir haben in den vergangenen Jahren in den verschiedenen Bereichen gut gearbeitet, wodurch wir Rücklagen bilden konnten, die uns die Finanzierung des Ankaufs der Ex- Finanzkaserne ermöglichten. Als sich die Möglichkeit abzuzeichnen begann, war für die VISO klar, dass wir etwas machen wollten, das uns ein kreatives und neues Tätigkeitsfeld eröffnet, das zu unserem Charakter und zu unserer Ausrichtung passt und das für Mals einen Mehrwert schaffen soll. Wir haben die Idee eines Hostels im Rahmen einer Mitgliederversammlung diskutiert und sie ist auf viel Zuspruch gestoßen.

Welches Prinzip steckt dahinter?

Das Prinzip war, das Gebäude in seiner Form bestehen zu lassen und nur das zu ergänzen, was konzeptionell ausschlaggebend und bautechnisch notwendig als auch vorgegeben war. Der Erhalt eines Gebäudes und seine Renovierung ist um ein vielfaches nachhaltiger, die graue Energie die darin gebunden ist, kann kein Neubau - auch mit den höchsten Klimahausstandards - wettmachen. In Anlehnung an die Architekten Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal, die 2021 den Pritzker-Preis erhielten, wollten wir das überkommene Gebäude wiederbeleben und mit neuem Leben erfüllen. Das Gebäude soll eine neue Beziehung zum Dorf eröffnen und einen Ort mit Emotionen schaffen, an dem man glücklich ist. Damit, so die beiden Architekten, kann die Verschwendung bestehender Materialität vermieden und eine verlorengegangene Atmosphäre in ein neues Dasein hinübergerettet werden. Das bedeutet wirkliche Nachhaltigkeit in der Kultur des Bauens.

Welche nachhaltigen Aspekte beachtet das FinKA noch?

Wir haben auf das Dach eine Photovoltaikanlage installiert, mit der wir einen Großteil des Energieverbrauchs decken können. Die Einrichtung in den Gemeinschaftsräumen besteht hauptsächlich aus upgecycelten Mobiliar. Das Upcycling-Konzept durchzieht alle Innen- und Außenbereiche und es steht wie so vieles im Hostel für das Prinzip der Nachhaltigkeit. Z.B. wird am Frühstücksbuffet keine Wurst verabreicht, sondern nur regionale Produkte, wie Käse, Müsli oder selbstgemachte Marmeladen. Doch es geht im Hostel nicht nur um Nachhaltigkeit, sondern auch um soziale Aspekte, denn das Hostel bietet Arbeitsplätze auch für sozial benachteiligte Menschen.

Woher kommt der Name FinKa und welche Geschichte steckt dahinter?

FinKa ist die Abkürzung von Finanz Kaserne. Man spürt in der FinKa die Seele der damaligen Finanzkaserne. Diese wurde 1968 erbaut. Die damals in der Kaserne stationierten „Finanzer“ stammten mehrheitlich aus Süditalien. Sie waren die Lebens- und Wetterbedingungen in den Bergen nicht gewohnt. Und für die jungen Männer sollte die neue Finanzkaserne ein Ort sein, an dem sie sich heimisch und wohl fühlen konnten. Schon damals spielte das Sich-Heimisch-Fühlen und das Gemeinschaftsleben eine wichtige Rolle, das unter neuen Vorzeichen in der heutigen FinKa fortleben soll.

 

Es ranken sich einige Geschichten um die alte Finanzkaserne.

In den nächsten Wochen arbeiten wir an der Veröffentlichung einer FinKa-Zeitschrift, in der wir diese Geschichten, aufgreifen und an die Gäste weitergegeben wollen. Die Hauptaufgabe der Finanzkompanie in Mals waren die Grenzsicherung und die Unterbindung des Schmuggels. In der Zwischenkriegszeit und nach dem Zweiten Weltkrieg war der Schmuggel für die arme Vinschger Bevölkerung ein lukratives Geschäft. Den Finanzern war es bewusst, dass der Schmuggel oft die einzige Einnahmequelle für die Einheimischen war und dass sie dieser Tätigkeit aufgrund ihrer existentiellen Not nachgingen. Den Finanzern lag nichts daran, die jungen Männer und Väter ins Gefängnis zu werfen und so die Lebensgrundlage ganzer Familien zu zerstören. Erwischten sie einen Schmuggler, so konfiszierten sie die Ware und ließen den Ertappten wieder laufen. Den Finanzpolizisten, die in Mals stationiert waren, war die Lebensrealität und die Armut der Vinschger Bevölkerung nicht fremd. Zumeist stammten sie selbst aus dem armen Süden.

Zwischenbilanz nach der ersten Sommersaison: Sind Sie zufrieden?

Die coronabedingten Lockdowns haben die geplanten Umbau- und Renovierungsarbeiten stark verzögert, gleichzeitig haben sich die Ausgangsbedingungen im Tourismussektor durch die Pandemie verändert. Vor diesem Hintergrund und als touristische Newcomer haben wir durch die Eröffnung der FinKa am 10. Juli einen Sprung ins kalte Wasser gemacht. Wir hatten kaum Zeit für die Umsetzung gezielter Werbe- und Marketingstrategien. Allerdings haben wir viel Unterstützung durch den HGV und den Tourismusverein erfahren und wir waren somit für die anstehende Sommersaison gut gerüstet. Von Anbeginn war die FinKa gut gebucht, der August und September liefen hervorragend und auch im Oktober konnten wir noch gute Ergebnisse erzielen. Indem wir ein Ganzjahresbetrieb sind, wird die FinKa derzeit auch viel von auswärtigen Arbeitern, die eine Unterkunft benötigen, genutzt. Die Reaktionen der Gäste waren rundum positiv.