Economy | Energie

„Es bringt uns nichts“ ist uns zu wenig!

Mit Vehemenz fordert der Südtiroler Energieverband (SEV) die Einrichtung einer eigenen Regulierungsbehörde. SEV-Direktor Rudi Rienzner über die Gründe.
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Foto: SEV
  • SALTO: Herr Rienzner, Sie arbeiten gerade an einer Durchführungsbestimmung für die Schaffung einer eigenen Regulierungsbehörde. Wie weit sind Sie?

    Wir haben uns mit Professoren und Experten ausgetauscht und sind zur Erkenntnis gekommen, dass ein wesentlicher Schritt zur Energieautonomie über Durchführungsbestimmungen erfolgen kann. Es gibt bereits erste Vorschläge, wobei wir in engem Kontakt mit Kollegen aus Trient stehen. Als es um die Gesetzesvorlage zur Konzessionsvergabe der Südtiroler Großkraftwerke ging, wurde bereits angedeutet, dass im Fernwärme-Bereich über Durchführungsbestimmungen Änderungen erreicht werden könnten. Uns ist vor allem daran gelegen, dass etwas weitergeht.  

  • „Auch Caia und Cortese kommen zum Schluss, dass die Einrichtung einer eigenen Regulierungsbehörde rechtlich möglich wäre, aber dass es – kurz zusammengefasst – im Endeffekt nichts bringen würde.“

  • Bei Ihrer Forderung nach einer eigenen Südtiroler Regulierungsbehörde stützen Sie sich auf das Gutachten der beiden Rechtsexperten Professor Peter Hilpold (Universität Innsbruck) und Professor Paolo Piva (Universität Padua). Die Landesregierung hat ein eigenes Gutachten bei Giuseppe Caia (Universität Bologna) und Fulvio Cortese (Universität Trient) in Auftrag gegeben, das zu einem anderen Schluss kommt.

    Das ist Interpretationssache. Auch Caia und Cortese kommen zum Schluss, dass die Einrichtung einer eigenen Regulierungsbehörde rechtlich möglich wäre, aber dass es – kurz zusammengefasst – im Endeffekt nichts bringen würde. Diese Aussage „Es bringt uns nichts“ ist uns aber zu wenig. Die Tatsache, dass Durchführungsbestimmungen im Bereich Fernwärme möglich sind, bestätigt unsere Forderung nach einer eigenen Regulierungsbehörde. Denn wenn dies im Bereich Fernwärme möglich ist, sollte dies auch für den Strombereich umsetzbar sein. Es stimmt allerdings, dass wir in diesem Bereich eine starke Verflechtung haben: Die Regulierung im Strombereich nahm bereits Mitte der 90er ihren Anfang, die Liberalisierung wurde 1999 umgesetzt. Mit Sicherheit wird es kein leichtes Unterfangen, sich aus dieser Verflechtung zu lösen. Ich verwende hier gerne das Beispiel des staatlichen Statistik-Instituts ISTAT. Die Schaffung eines eigenen Südtiroler Statistik-Amtes wird heute als Errungenschaft angesehen, die viele Vorteile bringt. Eine eigene Regulierungsbehörde ist ein Instrument der – ich verwende hier das Wort Selbstgestaltung –, mit dem wir mehr Einfluss ausüben können. Dass wir mehr produzieren als verbrauchen, kann man auch an den Daten ablesen.

     

  • Rudi Rienzner, Direktor des Südtiroler Energieverbandes (SEV): „Bedauerlicherweise leben wir aber in einem System, in dem – Experten und fachkundige Personen eingeschlossen – nach Gründen gesucht wird, weshalb etwas nicht möglich sein soll. Diese Denkweise können wir uns vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung und der Energiewende aber nicht mehr leisten.“ Foto: Seehauserfoto
  • Dazu gibt es widersprüchliche Aussagen: Produzieren wir insgesamt mehr oder nur im Sommer, während wir im Winter mehr verbrauchen?

    Die effektiven Daten herauszufiltern, ist nicht so einfach. Während des ersten Covid-Jahres konnten wir eine Überproduktion feststellen bzw. erreichten wir sogar eine Stromproduktion von 7,2 6 TWh, während der Verbrauch gleichzeitig zurückgegangen ist. Mit gefühlter Sicherheit wissen wir, dass die in Südtirol produzierte Energie vollkommen zur Deckung des Bedarfs ausgereicht hätte. Im Rahmen der Schwankungen kann es vorkommen, dass im Winter Strom zugekauft werden muss. So muss aber auch die Überproduktion wie beispielsweise der historischen Genossenschaften, die im Sommer mehr Strom produzieren als im Winter, abgegeben werden. Doch das ist eigentlich auch gar nicht relevant. Italien importiert zwölf Prozent des Strombedarfs aus Frankreich. Dieser wird überwiegend mit Kernkraft produziert. Trotzdem hat Italien eine eigene Regulierungsbehörde und regelt diesen Sektor selbst. Natürlich wird dies kein leichtes Unterfangen, aber wir sollten soviel Demut zeigen und uns damit auseinandersetzen. 

    Sie treten für eine Solaroffensive, Investitionen in die Wasser- und Windkraft, aber auch im Biogas-Sektor ein, ein Bereich auf den die Landesregierung grundsätzlich allergisch zu reagieren scheint.

    Die Biogas-Anlage im Wipptal wird mit Auszeichnungen überhäuft. Als es darum ging, sie aufzubauen war jeder Vorwand recht angefangen beim Gestank, um dieses Projekt platt zu machen. Was natürlich nicht für Biogas-Anlagen spricht, sind die fehlenden Flächen, um die entsprechende Anzahl von Großvieheinheiten zu halten. Wir haben Verständnis, dass man sich mit dieser Thematik auseinandersetzen muss. Bedauerlicherweise leben wir aber in einem System, in dem – Experten und fachkundige Personen eingeschlossen – nach Gründen gesucht wird, weshalb etwas nicht möglich sein soll. Diese Denkweise können wir uns vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung und der Energiewende aber nicht mehr leisten. 

    Der Gletscherforscher Georg Kaser forderte bei einer Pressekonferenz, die vor Kurzem von der Organisation Climate Action South Tyrol veranstaltet wurde, eine völlige Kehrtwende und rigorose Einschränkungen im Energieverbrauch. Machbar?

    Das ist nicht machbar, vor allem wenn wir an die Entwicklungsländer denken. Es gibt ja nicht nur uns und wir können diesen Ländern nicht das Recht absprechen, sich an unseren Entwicklungsstand anpassen zu wollen.

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Günther Stocker Wed, 11/15/2023 - 12:35

Na ja der Verweis auf die berühmte Biogasanlage im Wipptal zu verweisen ist eigentlich ein Eigentor. Biogasanlagen, und da kenne ich mich aus, haben mit Energieeffizienz nichts am Hut und im Wipptal stinkts fast immer noch gleich wie vorher!

Wed, 11/15/2023 - 12:35 Permalink