Die Reaktionen zur Wahl der Landesregierung
Einen ersten Sitzungsmarathon absolvierten am Donnerstag, 16. Jänner die 35 Landtagsabgeordneten. Es galt, die neue Regierung zu wählen und zuvor das Regierungsprogramm von Landeshauptmann Arno Kompatscher zu kommentieren. Von 10 bis 18 Uhr tagte das Plenum, mit einer kurzen Mittagspause. Nachdem Kompatscher in seiner Stellungnahme die Arbeit und die Wirtschaft als seine oberste Priorität nannte und im weiteren seine Regierungsmannschaft vorstellte, war es die Reihe an den Landtagsabgeordneten, ihre Meinung dazu kundzutun.
Als erster meldete sich der Grüne Riccardo dello Sbarba zu Wort; er kündigte die konstruktive Opposition seiner Fraktion an, mit 90 Prozent des Programms könne man übereinstimmen. Es werde nicht leicht sein, das Programm umzusetzen, die Krise halte weiter an, wobei Südtirol zwischen zwei Wirtschaftsräumen stehe, die sehr unterschiedlich auf die Krise reagiert hätten. Daher werde auch der Ruf nach einem "Los von Rom" zunehmen. Die Antwort müsse in einer Reform der Autonomie liegen. Dello Sbarba riet Kompatscher, nicht mehr in solchen Sendungen wie "Porta a porta" aufzutreten, die absichtlich den Ruf des Landes zerstören wollten.
Auch Eva Klotz von Südtiroler Freiheit bezog sich auf Kompatschers Auftritt in der RAI-Sendung. Man habe ja gesehen, so Klotz, welchen Wert Italien den Autonomien zugesteht. Das Regierungsprogramm würde auch für einen eigenen Staat passen, Klotz plädierte für eine Volksabstimmung über die Zugehörigkeit Südtirols zu Italien. Ihr Parteikollege, der Ahrntaler Bernd Zimmerhofer, kritisierte die Nominierung Theiners in der Regierung, er habe schließlich die Stromkonzessionen der vergangenen Jahre mitgetragen. Von ihm bekam der neue Landeshauptmann einen schottischen Schal geschenkt.
Alessandro Urzì von von Alto Adige nel Cuore bot sich als Sammelpunkt für Vorschläge aus dem Mitte-Recht-Lager an, er sei zwar Opposition, werde aber von Fall zu Fall seine Stimme abgeben.
Andreas Pöder vom Bündnis "BürgerUnion - Ladins Dolomites - Wir Südtiroler" kommentierte ebenfalls den „Vespa-Stich“ und meinte dann, der LH habe einen Rechenfehler bei den Arbeitsplätzen gemacht, die es in Zukunft nicht so zahlreich geben werde. Auch er kritisierte die Bestellung Theiners zum Energielandesrat.
Pius Leitner von den Freiheitlichen findet sich zu 90 Prozent im Regierungsprogramm wieder. Nicht einverstanden sein könne man damit, dass Richard Theiner die Energieagenden übertragen werden. Er hoffe, dass Tommasini diesmal imstande sein werde, das Geld für den Wohnbau auch auszugeben. Bei der Verwaltungsreform bestehe die Gefahr einer Beamtenregierung, wenn Politik und Verwaltung so streng getrennt würden. Außerdem werde der neue Landeshauptmann nicht mehr so viel Geld zur Verfügung haben wie der alte, deshalb solle man sich eine Beteiligung an der Sanierung der Staatskassen gut überlegen.
Für Elena Artioli vom Team Autonomie lautet der kritische Punkt Bürokratieabbau. Sie wolle im Gegensatz zu Urzì grundsätzlich konstruktiv mitarbeiten, stimme aber trotzdem gegen die Regierung.
Paul Köllensperger vom Movimento 5Stelle äußerte seine Skepsis zum Programm – der Regierung solle man keinen Blankoscheck ausstellen. Denn viele der vor 5 Jahren erklärten Vorhaben, wie die Bürger im Mittelpunkt, die Vollbeschäftigung, die Aufwertung des Landtags, ein nicht überdimensionierter Müllverbrennungsofen, seien nicht verwirklicht worden.
Roland Tinkhauser von den Freiheitlichen ging vor allem auf die Wirtschaftspolitik ein. Die Schwerpunkte in den kommenden Jahren sollten laut Pogramm auf Bürokratieabbau, Steuererleichterungen, Forschung und Entwicklung liegen.
Hans Heiss von den Grünen forderte eine neue Ethik ein, sonst könne die vielbeschworene Erneuerung nicht gelingen. Allen voran eine Trennung von Verwaltung, Justiz und Medien. Seine Wünsche zielen auf eine neue Agrarpolitik, auf die Stärkung der Basismedizin, eine bessere Lehrerausbildung, keine Kürzungen bei den Wohnbeihilfen oder der Pflegesicherung. Das kreative Potenzial der Kultur werde im Regierungsprogramm zu wenig anerkannt, die Kultur sei in Südtirol stark, aber nicht frei. Eine neue Autonomie beruhe nicht nur auf dem rechtlichen Rahmen, sondern auch auf dem Zusammenleben seiner Bürger.
Brigitte Foppa sah in der Wortwahl der Regierungserklärung den Beweis, dass die alten Denkmuster sich durchsetzen. Es sei traurig, wenn die Bildung nur in Zusammenhang mit der Wirtschaft erwähnt werde. Das Kulturprogramm sei dürftig und werde dem regen Kulturleben in Südtirol nicht gerecht. Auch die Gesundheitspolitik sei nicht progressiv, man gehe vom System aus, nicht vom Menschen - auch in diesem Zusammenhang sollte Kompatscher die Eigenverantwortung und Selbstbestimmung erwähnen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) sprach der SVP ein Kompliment aus dafür, dass sie die Grünen nicht in die Landesregierung geholt habe. Diese redeten von Selbstbestimmung für alles, nur nicht für das Land. In der Vergangenheit habe die Landesregierung Vorschläge der Opposition immer abgelehnt, er frage nun, ob sie dieses Verhalten nun ändern wolle.
Das Programm enthalte viele gute Ansätze, und man solle es nicht nur deswegen kritisieren, wenn das eine oder andere Detail fehle, meinte Maria Hochgruber Kuenzer (SVP). Sie lobte die angestrebte Ausweitung des Elternschutzes auch für Angestellte der Privatwirtschaft.
Der Freiheitliche Walter Blaas kritisierte die Entmachtung der Gemeinderäte in Urbanistikfragen und in den Bezirken. In der Energiepolitik hätte er sich einen Neustart erwünscht, Theiner hingegen sei nicht die Idealbesetzung, er habe die beanstandeten Beschlüsse mitgetragen.
Tamara Oberhofer, neue Abgeordnete der Freiheitlichen wollte die Landesregierung nicht rundum kritisieren, dazu fehle ihr die Erfahrung. Sie plädierte dafür, mehr auf die Jugend einzugehen und ihre Bedürfnisse stärker zu berücksichtigen.
Auf den Landwirtschaftslandesrat komme eine große Aufgabe zu, meinte Sigmar Stocker. Schuler sei möglicherweise eine gute Wahl, denn er kenne sich als Bauer in der Materie aus und er sei nicht vom Bauernbund lanciert worden und dadurch freier. Wichtig sei es, dass der Bauer wieder seinen Stand in der Gesellschaft bekomme.
Das Regierungsprogramm trage die Handschrift des neuen Landeshauptmanns und zeuge von einem neuen Politikstil, urteilte Dieter Steger (SVP). Ein Regierungsprogramm sollte sich nicht mit den nächsten fünfzehn Jahren beschäftigen, sondern mit der anstehenden Legislaturperiode.
Arno Kompatscher nannte die Reaktionen der Opposition bzw. der einzelnen Landtagsabgeordneten „ernsthaft und konstruktiv“, eine neue politische Dialektik sei am Enstehen. „Wir sind Kämpfer aber keine Schreier“, meinte er die verschiedenen Ratschläge bezüglich seines Auftritts in der Vespa-Sendung kommentierend.