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Gatterers Lohnstreifen

SAD-Chef Ingemar Gatterer will die Gehälter der Busfahrer online stellen. Dabei wären die Entschädigungen der SAD-Spitze weit aussagekräftiger. Exklusiv: Die Zahlen.
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Foto: sad ag
Die Mail ging am vergangenen Freitagnachmittag an Landeshauptmann Arno Kompatscher, Mobilitätslandesrat Florian Mussner und an den zuständigen Ressortdirektor Valentino Pagani sowie an den Direktor des Amtes für Nahverkehr Günther Burger.
Absender ist Ingemar Gatterer, der Herr über den Südtiroler Nahverkehr. Im Schreiben heißt es:
 
„Sehr geehrter Herr Landesrat Dr. Mussner,
wir haben heute in der SAD AG beschlossen die gesamten Lohnstreifen (…ohne Angabe des Namens, der Steuernummer und des Geburtsdatums eines Mitarbeiters...) der Busfahrer online zu stellen. Ziel dieser Maßnahme ist es transparente und offene Informationen über die Gehaltssituation der Fahrer den Bürgern und Bürgerinnen dieses Landes vorzulegen und Falschinformationen zu entkräften. Wenn nämlich die Gewerkschaften die Auffassung vertreten, dass die Landesverwaltung bei einem privaten Unternehmen in die arbeitsrechtliche Organisation gerade deshalb eingreife müsse, da die produzierte Leistung mit Steuergeld vergütet wird, dann müssen dieselben Arbeitnehmervertreter in gleicher Überzeugung und Grundhaltung es auch positiv werten, dass die Steuerzahler detailliert Auskunft über die Verwendung der öffentlichen Geldmittel erhalten. Da Sie stets für eine offene und transparente Politik eingetreten sind, gehe ich davon aus, dass Sie diese Maßnahme in vollem Umfang unterstützen werden. Ob sich bei den derzeit bezahlten Löhnen schließlich ständige Streiks rechtfertigen, kann dann jeder Bürger dieses Landes - …und natürlich jeder Fahrgast der SAD AG… - selbst bewerten.
 Wir werden diese Maßnahme rasch umsetzen und bereits die Februar-Gehälter gemäß den genannten Kriterien veröffentlichen.
MfG
DDr. Ingemar Gatterer, MBA
(CEO SAD AG)“
 
Wer Ingemar Gatterer kennt, der geht davon aus, dass die SAD-Spitze diese angekündigte Veröffentlichung auch durchziehen wird. SAD-Berater Rudolf Rimbl hat bereits in „RAI Südtirol“ offen über die SAD-Busfahrer gesprochen, die 1.900 Euro netto im Monat verdienen. Der Sinn der Aktion ist klar: Man will die streikenden SAD-Mitarbeiter damit diskreditieren.
 

Die Entschädigungen

 
Klar dürfte sein, dass die Transparenz-Initiative der SAD-Spitze wohl kaum die eigene Brieftasche betreffen wird. Denn Ingemar Gatterer & Co verdienen sich am Südtiroler Nahverkehr eine goldene Nase.
Die SAD Nahverkehr AG ist eine private Gesellschaft. Das Südtiroler Personentransportunternehmen gehört zu 33,34 Prozent der „Habitat SPA“ von Pietro Tosolini, zu 11,02 Prozent der „Südtiroler Transportstrukturen AG“ (STA), die dem Land Südtirol gehört und 0,09 Prozent hält der Bozner Rechtsanwalt und SAD-Präsident Christoph Perathoner.
Hauptaktionär der SAD ist Ingemar Gatterer. Der Pfalzner Schlossbesitzer hält über die Mailänder S.IN.CO Srl (11,11%) und die Südtiroler Verkehrs und Service – S.V.S. GmbH (44,44%) die Mehrheit am Unternehmen.
 

Im dreiköpfigen Verwaltungsrat des Unternehmens sitzen neben Christoph Perathoner als Präsident, Pietro Tosolini als Vizepräsident und Ingemar Gatterer. Gatterer ist auch geschäftsführender Verwaltungsrat (administratore delegato) der SAD AG. Im Aufsichtsrat der SAD sitzen der ehemalige SVP-Senator Karl Ferrari als Präsident und die Wirtschaftsberater Anton Pichler und Stefano Zanin.
Dass die Herren im Verwaltungsrat sehr gut verdienen, wird aus der Bilanz des Unternehmens klar. Im Geschäftsjahr 2015 bekamen die Verwaltungsräte eine Entschädigung von insgesamt 435.717 Euro. Der Aufsichtsrat 45.032 Euro. Genauer aufgeschlüsselt werden die Summe nicht.
Auf der Gesellschafterversammlung der SAD AG am 6. Juli 2016 wurden nicht nur der Verwaltungs- und Aufsichtsrat der SAD neu gewählt, sondern auch die Vergütungen festgelegt. Die Öffentlichkeit soll nicht wissen, wie viel Gatterer & Co verdienen. Denn im offiziellen, mit der Bilanz hinterlegten Protokoll wird dieser Tagesordnungspunkt als „Omissis“ geführt.
Nach sicheren Informationen von salto.bz wurde an diesem Sommertag aber eine jährliche Entschädigung für den SAD-Geschäftsführer Ingemar Gatterer von 200.000 Euro und für SAD-Präsident Christoph Perathoner von 150.000 Euro festgelegt.
Das sind auch die Zahlen, die sich in der Antwort auf eine Landtagsanfrage finden, die der 5-Sterne Landtagsabgeordnete Paul Köllnsperger im Dezember 2016 eingereicht hat. Die Anfrage wurde offiziell noch nicht beantwortet.
 

Vergleich mit den Nachbarn

 
Vergleicht man diese Entschädigungen mit der Nachbarprovinz Trient so wird deutlich, wie lukrativ die Ämter sind. Wobei man eines vorausschicken muss. Während in Südtirol der Nahverkehr in privater Hand ist, hat Trient einen wirklich öffentlichen Nahverkehr.
Das Land Trient hat dazu zwei Gesellschaften. Die „Trentino Trasporti SPA“, die Bus, Bahn und die Infrastrukturen verwaltet und die „Trentino Trasporti Esercizio SPA“, die das Personal betreut. Beide Gesellschaften haben denselben fünfköpfigen Verwaltungsrat. Der gesamte Verwaltungsrat verdient im Trentino weniger als der SAD-Präsident. Im Geschäftsjahr 2016 machten die Entschädigung einschließlich Fahrtengeld genau 145.344,15 Euro. Die Präsidentin der beiden Unternehmen, Monica Baggia, erhält im Jahr eine Entschädigung von 58.500 Euro.
 

Politik & Geschäft

 
Interessant ist auch, wie die SAD-Führung äußerst geschickt Parteipolitik und Geschäft vermischt. Ingemar Gatterer ist SVP-Ortsobmann von Pfalzen, Christoph Perathoner ist Obmann des SVP-Bezirkes Bozen Stadt und Land sowie Vorsitzender der SVP-Bezirksobmänner.
Erst vergangene Woche gab es in der SAD ein Treffen zur Überetscher Bahn. Die SVP-Überetsch will das Projekt jetzt den Gemeinderäten in Eppan und Kaltern vorstellen. Zudem sind zwei Bürgerversammlungen geplant.
 
Das SVP-Team besteht dabei aus dem Eppaner Koordinierungsobmann Christoph Granaudo, seinem Kalterer Kollegen Raimund Fill und dem neuen SVP-Ortsobmann von St. Michael, Gand und Montiggl Lorenz Ebner. Ebner rührt besonders eifrig die Werbetrommel für das SAD-Projekt. „Ich bin überzeugt, dass ein PPP-Modell die aussichtsreichste Möglichkeit zur Realisierung der Überetscher Bahn darstellt“, sagt er in einem Dolomiten-Interview.
Lorenz Ebner ist von Beruf Rechtsanwalt und Partner im Studio von Christoph Perathoner. Erst vor zwei Wochen haben die beiden in der Handelskammer Bozen ein gemeinsames Buch zu den Steuerstreitverfahren in Italien vorgestellt.
Lorenz Ebner scheint aber auch der SAD besonders verbunden. Bei der letzten Gesellschafterversammlung des Unternehmens fungierte der Eppaner Ortsobmann als offizieller Sekretär und Protokollführer.
Und genau diese Firma bietet jetzt zufällig „die beste Lösung“.
 
 
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Sigmund Kripp Fri, 02/17/2017 - 07:14

Rent-seeking, (aus Wikipedia): Politische Rente

Eine politische Rente ist ein Einkommen, das man vom Staat oder bürokratischen Institutionen erhält, ohne eine Gegenleistung zu erbringen. Dies kann beispielsweise durch unmittelbare staatliche Transfers oder durch staatliche Diskriminierung von Wettbewerbern erreicht werden. Unter einer Rente allgemein wird in der Volkswirtschaftslehre der Betrag verstanden, den der Eigentümer einer Ressource über seine Opportunitätskosten für deren Nutzung hinaus erhält. Mit dem zunehmenden Einfluss der Wirtschaft auf die Legislative wird immer mehr der gegensätzliche Begriff der politischen Miete relevant, der Kosten bezeichnet, die nicht nur für reelle Ressourcen, sondern für unter Umständen auch künstlich geschaffene Gegebenheiten anfallen.

Inhaltsverzeichnis

1 Rent-Seeking
2 Der Gier-Effekt
3 Einzelnachweise
4 Siehe auch

Rent-Seeking
→ Hauptartikel: Rentenökonomie

Rent-Seeking[1] (aus engl. rent, ‚Pacht‘, ‚Miete‘, + to seek, ‚erstreben‘, ‚begehren‘) bezeichnet nach der neoklassischen Theorie ein Verhalten ökonomischer Akteure, das darauf zielt, staatliche Eingriffe in die marktvermittelte Ressourcenallokation herbeizuführen, um sich hierdurch künstlich geschaffene Renteneinkommen aneignen zu können.[2] Einfach ausgedrückt fasst man darunter Aktivitäten Einzelner oder von Interessengruppen zusammen, die im politischen Prozess Einfluss nehmen. Sofern Rent-Seeking nicht mit der Bestechung von Entscheidungsträgern verbunden ist (im Sinne von Korruption), bezeichnet man den Prozess auch als Lobbying.

Ein Beispiel für erfolgreiches Rent-Seeking wäre, wenn ein Unternehmer durch Bestechung eines Beamten eine Lizenz für ein Spielkasino erhält, das er in einem sonst nur als Lagerhalle nutzbaren Gebäude einrichten kann. Die Opportunitätskosten liegen in den entgangenen Vermietungseinnahmen für die Lagerhalle.

Rent-Seeking ist eine unproduktive Aktivität wie beispielsweise Krieg und Verteidigung. Das heißt, es werden produktive und wohlfahrtssteigernde Aktivitäten (wie Produktion, Dienstleistungen, Handel usw.) aufgegeben bzw. anderweitig sinnvoll eingesetzte Ressourcen verschwendet. Rent-Seeking, das erfolgreich ist, ist also individuell rational und vorteilhaft, aber kollektiv irrational und für die Volkswirtschaft schädigend.
Der Gier-Effekt
Als Gier-Effekt (engl. „voracity effect“) bezeichnet man eine sinkende Produktivität durch konfliktträchtige Rent-Seeking-Aktivitäten bei wohlfahrtsstiftenden Reformen. Politisches Rent-Seeking steigt mit der Höhe der Reformrente. Bildlich gesprochen heißt das, es werden vermehrt Ressourcen eingesetzt, um sich einen möglichst großen Anteil des zu verteilenden Kuchens zu sichern. Die Ressourcen werden also von produktiven Aktivitäten auf unproduktive (also Einflussnahme, Lobbyismus, Angriff und Verteidigung) umgeleitet. Insgesamt wird die positive Reform also geschwächt durch den negativen Effekt der Ressourcenverschwendung.

Fri, 02/17/2017 - 07:14 Permalink
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alfred frei Fri, 02/17/2017 - 07:59

Frage an den Landeshauptmann: konnte man für das Rent-Seeking mit einem Landesgesetz nicht eine Art Lohnstreifenpflicht einführen, mit der Auflage diese zu veröffentlichen “ in gleicher Überzeugung und Grundhaltung dass die Steuerzahler detailliert Auskunft über die Verwendung der öffentlichen/privaten Geldmittel (für wohlfahrtssteigernde Aktivitäten und öffentliche Dienstleistungen) erhalten”. Oder nicht ?

Fri, 02/17/2017 - 07:59 Permalink
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Marcus A. Fri, 02/17/2017 - 08:07

Vielleicht sollte sich die JG und deren neuerdings hyperaktive Führungsriege weniger um eine junge österreichische Skifahrerin für ein nicht ganz glückliches "Gott sei Dank" und mehr um die Vermischung von Wirtschaft und Politik kümmern....
Das wäre kritische Politik, der Rest ist Populismus.

Fri, 02/17/2017 - 08:07 Permalink
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Jonas Huber Sat, 02/18/2017 - 12:51

Ich wäre gespannt, wieviel allein durch mathematische Optimierung der Linienführung und infolge auch der Standzeiten herauszuholen ist. Klar ist, hier muss intensiver und vor allem produktiver an die Sache herangegangen werden.
Eventuell sollte man sich professionelle Hilfe holen, wenn man selber nur Einschüchterung als Problemlösung kennt --> http://www.stiftung-heureka.de, http://www.ptvgroup.com/de/ ++ Vom Landeshauptmann zu erwarten ist natürlich die Forderung dann auch alle eigenen "Einkünfte" offen zu legen und beim Lohn der Busfahrer auch den Verdienst pro Stunde anzugeben (Standzeiten eingerechnet).

Sat, 02/18/2017 - 12:51 Permalink
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Sigmund Kripp Sat, 02/18/2017 - 17:12

Der Fall SAD zeigt, dass es vielleicht doch nicht immer besser ist, wenn Private eine gesellschaftliche Aufgabe erledigen. Der Private generiert mit öffentlichem Geld und den Fahrkartenpreisen offensichtlich so viel Gewinn, dass man sich davon ein großes Schloss + dessen Renovierung leisten kann. Für mich stellt sich die Frage, ob diese Gewinne nicht besser zurück an die Allgemeinheit ausgeschüttet werden sollten. Die Monopolstellung des Privaten macht die öffentliche Hand erpressbar. Insofern tut der LH gut daran, bei Bus und Bahn Konkurrenz zuzulassen. Besser wäre es, solche infrastrukturellen Dienste nicht komplett aus der Hand zu geben, sondern in einer PPP zu führen. Alein schon wegen der Transparenzpflicht bei den Verwaltern....

Sat, 02/18/2017 - 17:12 Permalink