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Stunk um Bauernfraktion

Innerhalb der SVP wird der Ärger über die Alleingänge von Manfred Vallazza, Franz Locher und Sepp Noggler immer größer. Jetzt hat sich das SVP-Präsidium damit befasst.
Manfred Vallazza
Foto: Privat
Gert Lanz hat ordentlich Dampf abgelassen. „Diese Vorgangsweise ist nicht akzeptabel“, erklärte der SVP-Fraktionssprecher am Montag auf der Sitzung des SVP-Präsidiums. Prominente Schützenhilfe erhielt Lanz dabei von Landeshauptmann Arno Kompatscher. Auch der Landeshauptmann meinte offen, dass hier ein für alle Mal Klärungsbedarf bestehe.
Der Grund der Aufregung ist das Vorgehen, der sogenannten „Bauernfraktion“ innerhalb der SVP. Gemeint sind die Landtagsabgeordneten Manfred Vallazza, Franz Locher und Sepp Noggler. Das Trio ist bereits mehrmals durch eigenmächtige Aktionen im Landtag aufgefallen. So hat man Beschlussanträge und Abänderungsanträge eingebracht, die weder innerhalb der SVP-Fraktion abgesprochen waren, noch dem zuständigen Landesrat Arnold Schuler vorgelegt wurden. Diese politischen Alleingänge – bei denen es fast ausschließlich um Bauernprivilegien oder Themen aus der Landwirtschaft ging - waren in vielen Fällen so gestaltet, dass sie ein gefundenes Fressen für die Opposition sind.
 
 
Es passiert immer wieder einmal, dass sich der Südtiroler Bauernbund mit seinen Forderungen in der SVP internen Diskussion nicht durchsetzen kann. Es ist dann diese Bauernfraktion, die kurzerhand die Forderungen von Siegfried Rinner & Co in Eigeninitiative im Landtag eingebringen. Offener kann man den zuständigen Landesrat für Landwirtschaft Arnold Schuler, dessen problematisches Verhältnis zur mächtigsten Lobbyorganisation des Landes bekannt ist, wohl kaum desavouieren.
Hier findet ein Flügelkampf innerhalb der SVP statt“, beschreibt es ein oppositioneller Landtagsabgeordneter, „bei dem diese Fraktion immer wieder einmal dem Schuler eins vor den Latz knallen muss“.
Wie man dabei vorgeht, zeigt der bisher letzte Akt, der jetzt die Wogen hochgehen lässt.
 

Der Regierungsvorschlag

 
Am 3. Februar 2021 haben die SVP-Abgeordneten Gert Lanz, Helmut Tauber, Jasmin Ladurner und Helmuth Renzler und die Lega-Abgeordneten Rita Mattei einen Beschlussantrag zur Verabschiedung von „Kriterien für zielgerichtete Covid-Unterstützungsmaßnahmen für Südtirols Wirtschaft“.
Im März will die Landesregierung ein breites Hilfspaket beschließen. Deshalb muss man jetzt die Kriterien für die Verteilung der Gelder festlegen. „Es soll nicht ein Konzept des jeder darf einmal sein, vielmehr muss es um zielgerichtete Maßnahmen gehen“, wird im Antrag der SVP-Abgeordneten die Zielrichtung festgelegt. Dass der Beschlussantrag auch von Rita Mattei mitunterzeichnet wurde, soll zeigen, dass es sich um eine gemeinsame Aktion der Regierungskoalition SVP-Lega handelt.
Im Beschlussantrag werden sieben Grundsätze vorgeschlagen an die sich die Landesregierung bei der Ausarbeitung der Hilfsmaßnahmen halten soll. Darunter auch der Vorschlag, dass „die Unterstützungsmaßnahmen zuerst für Unternehmen im Haupterwerb angedacht werden, bevor Unternehmen im Nebenerwerb berücksichtigt werden“.
Es ist dieser Satz, der die schnelle Eingreiftruppe des Bauernbundes im Landtag auf den Plan ruft.
 

Der Gegenvorschlag

 
Es dauert genau einen Tag bis ein Gegenvorschlag steht. Am 4. Februar 2021 reichen Manfred Vallazza, Sepp Noggler und Franz Locher einen eigenen Beschlussantrag mit dem Titel „Festlegung der Kriterien zielgerichteter Maßnahmen für Wirtschaftstreibende zur Abfederung der Covid bedingten Ausfälle“. Der beschließende Teil des Antrags besteht dabei nur aus einem Satz:
 
Bei der Zuweisung von Unterstützungsleistungen sind landwirtschaftliche Betriebe im Zu- und Nebenerwerb den wirtschaftlichen Betrieben im Haupterwerb gleichzustellen“.
 
 
Diese Forderung hat einen einfachen Hintergrund.
Die Landwirtschaft ist einer der wenigen Wirtschaftsbereiche, die trotz Lockdown immer voll arbeiten konnte. Die wirtschaftlichen Auswirkungen – sind sektorial verschieden – aber im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren weit geringer. So hat es in der Obstwirtschaft – durch steigende Preise – eher einen Zugewinn in der Coronakrise gegeben als riesige Verluste. Im Weinverkauf ist es zu einer Krise gekommen, so dass die Auszahlungen an die Bauern 2020 um rund 30 Prozent zurückgegangen sind. Wobei man auch hier zu sagen vergisst, dass die Erlöse in den vergangenen zehn Jahren überdurchschnittlich hoch waren. In der Milch- und Viehwirtschaft hat es Einbußen gegeben. Auch bei jenen Bauern, die ihr Gemüse auf den Bauernmärkten verkaufen.
Tatsache ist aber auch, dass in keinem einzigen Wirtschaftssektor die staatlichen Soforthilfen so flächendeckend und schnell ausgezahlt wurden wie in der Landwirtschaft. Zehntausende Bauern und Familienmitglieder kassierten in Südtirol die staatlichen Boni.
Einen wirklichen finanziellen Ausfall gab es beim „Urlaub auf dem Bauernhof“. Und genau hier setzt der Beschlussantrag des SVP-Landtagstrio an. Der Großteil der bäuerlichen Luxushotels wird im Nebenerwerb geführt. Sie würden nach dem SVP-Beschlussantrag von den Unterstützungsmaßnahmen ausgeschlossen werden.
Dagegen will die Bauernfraktion im Landtag mit dem Beschlussantrag angehen.
 

Der Ärger

 
Es ist seit langem innerhalb der SVP ausgemacht, dass jede parlamentarische Initiative vorab dem Fraktionssprecher gemeldet und in der Fraktion abgesprochen wird. Genau das haben Manfred Vallazza, Sepp Noggler und Franz Locher aber bewusst unterlassen. Sowohl der SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz wie auch die Landesregierung wurden vom Beschlussantrag aus den eigenen Reigen völlig kalt erwischt.
Dabei ist jetzt schon klar, dass dieser Vorstoß nicht nur im Landtag, sondern auch in der Südtiroler Öffentlichkeit eine kontroverse Diskussion auslösen wird.
Die Gemüter waren am Montag auf der SVP-Präsidiumssitzung deshalb verständlicherweise erhitzt. „Hier besteht dringender Gesprächsbedarf“, war der allgemeine Konsens.
Es wird zeigen, wie und ob man die selbsternannten Bauernrebellen unterm Edelweiß, bändigen kann.