Strand
Foto: upi
Society | Liberalisierung

Al mare, al mare....

Nach Jahrzehnten sollen Italiens Strandbäder endlich für neue Betreiber geöffnet werden

Nach jahrelangem Tauziehen hat die Regierung Draghi eine revolutionäre Entscheidung getroffen: die Vergabe der italienischen Strandbäder muss neu ausgeschrieben werden - eine Art politisches Seebeben für die rund 3500 stabilimenti balneari, die dicht gereiht die Strände der Halbinsel zieren. Die Betreiber, deren Lizenzen immer wieder verlängert wurden, hatten sich vehement dagegen gesperrt. Doch ein Urteil des Staatsrates und eines des Europäischen Gerichtshofes hatten eine Ausschreibung nach den Bolkestein-Richtlinien verfügt - Konkurrenz statt Dauerprivilegien. Das Geschäftsvolumen der Badeanstalten wird auf 15 Milliarden Euro geschätzt, während der Staat als Eigner der Strände für 27.000 Konzessionen knapp über 100 Millionen kassiert - eine lächerliche Summe.

 Als eifrige Fürsprecher der Betreiber traten vor allem die Rechtsparteien auf. Lega-Chef Matteo Salvini, der bekanntlich viel Zeit am Strand verbringt, bestand auf einer Verschiebung der Abstimmung, die von Draghi jedoch nicht gewährt wurde. Schon nach wenigen Minuten kündigte der Lega-Chef im Netz an: "Miglioreremo la legge in parlamento." Giorgia Meloni, Vorsitzende  der Fratelli D´Italia, geisselte das Gesetz gar als "vergognoso regalo alle multinazionali straniere" - so als fieberten die an der New Yorker Börse dotierten Konzerne danach, sich ein Strandbad bei Cesenatico zu sichern.

Kernstück des neuen Gesetzes: ab 2024 müssen alle concessioni balneari offiziell ausgeschrieben werden. Apriti cielo ! Der Vorsitzende der Betreiber-Vereinigung Assobalneari, Fabrizio Licordari tönt: "Si mandano in rovina 30.000 aziende italiane." Stefano Bonaccini, Präsident der Region Emilien, mit 1064 Strandbädern Spitzenreiter der Halbinsel, wendet sich nicht gegen die Ausschreibung, stellt aber Bedingungen: "Chiediamo il riconoscimento di tre fattori: valore aziendale dell´impresa, investimenti realizzati e professionalità degli operatori."

 

Die Tageszeitung La Stampa begrüsst die nach endlosen Verzögerungen beschlossene Liberalisierung: "Dopo decenni di rinvii finalmente il governo italiano attuerà la direttiva europea sulla liberalizzazione dei servizi, che risale al 2006. Ci sono voluti provvedimenti dell' autorità antitrust, della commissione europea, sentenze della corte di giustizia, della corte costituzionale, del TAR e del Consiglio di Stato, ma alla fine la foresta pietrificata del regime delle concessioni balneari ha cominciato a schricchiolare." Die Richter des Staatsrates bezifferten in ihrem Urteil  das Gesamtvolumen des Umsatzes auf 15 Milliarden Euro, während derzeit nur lächerliche 100 Millionen in die Staatskassen fliessen.  Zukünftige Betreiber von Strandbädern müssen detaillierte Investitionspläne vorlegen und ihre Preispolitik offenlegen. Gefordert wird ein "giusto rapporto tra tariffe proposte e qualità del servizio per tutti, anche per i disabili."