Sarah Solderer
insalata-mista studio im Gespräch mit der Künstlerin Sarah Solderer.
Artstore: Erzähl uns über die Zeit und den Ort, wo dieses Kunstwerk geschaffen wurde.
Sarah Solderer: Die Serie entstand während einer Künstlerresidenz in Baden in der Schweiz. Zwei Tage lang residierte ich in den historischen und öffentlich zugänglichen Baderäumen des Badegasthof zum Raben, das vom Verein „Bagni Popolari“ seid 2012 bespielt wird. Der Experimentierraum wurde im ersten Zyklus der Ausstellung Körper.Baden.Flow verschiedenen Künstler*innen zur Verfügung gestellt. Ausgangspunkt des künstlerischen Schaffens war der Ort und das heiße Thermalwasser; Körper und Geist die im Wasser zur Ruhe kommen; die Diktatur der Zeit die für einen Augenblick stehen bleibt und baden geht, um dann aber wiederum weiter zu ticken, um Veränderungen und Vergänglichkeit zuzulassen.
Der Ort, sowie einzelne vergängliche Momente und Dinge wurden durch Skizzen und Texte festgehalten. In den darauffolgenden Monaten entstanden die Malereien abseits, im eigenen Atelier und kehrten wiederum in die Ausstellungsräume, im selben Thermalbad nach Baden zurück.
Wie würdest du den kreativen Prozess, der diesem Kunstwerk zugrunde liegt, beschreiben? Beginnt alles mit einer Idee, die du im Kopf hast und die sich dann in Form einer Arbeit materialisiert oder entsteht der Inhalt beim Arbeiten?
Ich arbeite sehr gerne ortsspezifisch und konzipiere die Arbeit vor Ort, mit dem Ort und mit der Zeit. Für diese Serie habe ich für einen bestimmten Zeitraum, Eindrücke gesammelt und noch vor Ort auf Leinwand vor skizziert, um dann aber im eigenen Atelier diese zu Ölmalereien zu materialisieren. Beim oder während dem Arbeiten werden bestimmte Wahrnehmungen erst ersichtlich.
Die Titel der Arbeiten sind immer mit Datum und Uhrzeit versehen. Die heutige Gesellschaft ist an der Diktatur der Zeit gebunden und hat sich dessen angepasst. Inmitten diesen Rennens, suchen wir immer öfter nach einer Atempause. Die Aufzeichnung von Datum und Uhrzeit wird eine Art, meine Vergangenheit zu ordnen und flüchtige und erlebte Momente zu erfassen. Die Malereien sind ein Versuch ein Inneres zu fixieren, und damit die Wahrnehmung und das Erleben des Augenblicks. Ich arbeite mit einem persönlichen Archiv an katalogisierten Momente im täglichen Alltag, das können Texte, Fotos oder tagebuchartige Aufzeichnungen sein, wie zum Beispiel die Auflistung von täglichen Routinen und Verpflichtungen.
Das Thema der Zeit ist im gesamten Panorama meiner Arbeiten präsent: Ein ständiges Bemühen, sie anzuhalten, aufzuzeichnen und festzuhalten um jene kleinen Räume der täglichen Unbeschwertheit zu schaffen.
Du hast uns erzählt, dass das Thema Zeit eine Konstante in deiner Arbeit ist, diese Arbeit trägt den Titel "Cutouts", wolltest du einen Moment der Zeit herausarbeiten? Welche Beziehung haben diese Ausschnitte zu dir? Was ist die Zeit, die du herausgeschnitten hast und was ist die Zeit, die du ihrem Publikum geben willst?
Wie im Titel beschrieben unterliegen die Bilder der Zeit, es sind Ausschnitte von Momentaufnahmen oder Beobachtungen, die vor Ort unauffällig sind, jedoch im Bild mit Bedeutung aufgeladen werden und Teil einer Geschichte werden. Dinge die beim nächsten Besuch vielleicht nicht mehr vorhanden sind, wie zum Bsp. die alten, zerbröckelten Fließen im Bild „18.01.2020 (Zeit)“, sind Zeitzeugen denen eine Geschichte der Zerbrechlichkeit innewohnt.
Indem ich spontane „Schnappschüsse“ vom Ort isoliere und diese überarbeite, verstehe ich erst das Wesentliche, dass oft im Ganzen verloren geht. Dasselbe geschieht, wenn ich meinen Tagesablauf am Ende eines langen Tages notiere, dann wird mir erst bewusst, dass am diesen selben Tag vieles geschehen ist, an einem anderen mit der exakt gleichen Stundenanzahl jedoch sehr wenig, dass zeigt wie subjektiv Zeit an sich ist und wie unterschiedlich ihre Wahrnehmung.
Zeit ist ein gigantisches Thema, sie bestimmt unsere Lebensdauer, sowie unser Tagesablauf. Unser System ist eins zu eins an die Zeit gekoppelt, der wir oft gar nicht mehr hinterher kommen. Dabei gewinnen bestimmte zeitliche Abschnitte im Leben immer mehr an Bedeutung. All das möchte ich, in und mit meiner künstlerischen Praxis hinterfragen.
Diese Bilder jedoch, erinnern an sehr unbeschwerte Momente und an einem besonderen Ort, wo die Schwerelosigkeit des heißen Thermalwasser das ständige Ticken zur Ruhe bringt und Kunst als soziale Notwendigkeit zum Gespräch und zum Denken auffordert.
Sarah Solderer
CUTOUTS FROM 18.-19.01.2020 (BAGNO POPOLARE)
18.01.2020 (700 l/min=1Million l/Tag)
18.01.2020 (F8J7+6J Bagno Popolare)
19.01.2020 (Take Care)
18.01.2020 (Zeit)
Material: Öl auf Leinwand
Maße:
20x20 cm (ohne Rahmen)
24x24 cm (mit Rahmen)
VERKAUFT
280€
(ohne Rahmen)
305€
(mit Rahmen)
Preis pro Werk
(exkl. Steuern und Transport)
Die Künstlerin Sarah Solderer aus St. Ulrich, ist am 22. Dezember 1993 in Bozen geboren und unterrichtet zurzeit am Kunstgymnasium Cademia in St. Ulrich, das sie auch besucht hat. Sie studierte in Mailand, dann an der Zürcher Hochschule der Künste und schloss mit dem Bachelor of Fine Arts ab. Seit September 2020 studiert sie im Master in ökosoziales Design an der Universität Bozen.
GROUP − EXHIBITIONS
2020
Körper.Baden.Flow zweiter Zyklus, Badgasthof zum Raben, Baden, CH
Körper.Baden.Flow erster Zyklus, Badgasthof zum Raben, Baden, CH
2018
Pastos Famos, Tart, Zürich, CH
2017
SARN Conference, Zürich University of the Arts, Zürich, CH
Bachelor of Fine Arts, Zürich University of the Arts, Zürich, CH
Soirée Audio; barfussbar, Zürich, CH
Perform Interdepency ; Athens/Kassel, GRC/GR
Topus Uranus; Espacio ALTAMIRA, La Habana, CU
2016
Superficie; Espacio ALTAMIRA, La Habana, CU
Nichtmensch; Galerie Römerapotheke, Zürich, CH
Guck mal Günther, Kunst; Kunstraum Teigi, Krienz, CH
No Serie; Hangar 9, 9 rue du Tunnel, Carouge, CH
2015
Shift Pomme F; Zürich University of the Arts, Zürich, CH
Guck mal Günther, Kunst; Tommasini Lenzburg, Lenzbrug, CH
Gartencenter Hoffmann; Unterenstringen, CH