Politics | Aufarbeitung

Testpflicht, ein vergessener Skandal?

Mein Tata lässt mich nicht - rund 1.800 Nasenflügelverweigerer - die meisten Kids sehen im Nasenflügeltest einen coolen Feldversuch, ein Experiment, ein „Doktorspielchen"
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
SchlagzeilenTestpflicht.jpg
Foto: Kraler Daniel - Schlagzeilen von RaiSüdtirol Tageszeitung.it

Mit diesen Worten wurde am 24.05.2021 auf Tageszeitung.it über die damalige Testpflicht an Südtirols Schulen Resümee gezogen. So sagte Hr. Achammer damals:

Leider wurden in den vergangenen Wochen sehr viele ideologische Auseinandersetzungen auf dem Rücken der Kinder ausgetragen, ob es dabei tatsächlich zentral um das Wohl des Kindes ging, wage ich zu bezweifeln.

Zwei Jahre danach zeigen bereits verschiedene Untersuchungen, dass Kinder und Jugendliche durch die Corona-Pandemie mit den dazu verordneten Maßnahmen besonders belastet wurden.

Mir ist es hier ein Anliegen zu einer sachlichen Aufarbeitung beizutragen und dass falsch getätigte Maßnahmen erkannt, nicht vergessen und somit in Zukunft nicht wiederholt werden.

In meinem Beitrag vom 26.09.2021 Der Erfolg der Nasenflügeltests habe ich aufgrund offizieller Zahlen die Kosten und Nutzen gegenübergestellt. Es wurden 794.035 Tests durchgeführt, davon waren 578 positiv, von diesen konnten 263 durch Überprüfung mit PCR-Test bestätigt werden. Demgegenüber standen Kosten von 3.573.247,5 Euro.

In meinem Beitrag vom 18.03.2022 Testpflicht - ein Jahr danach ging ich auf die geänderte Aussagekraft in Verordnung Nr. 19 und Antworten auf Landtagsanfragen ein, sowie auf die selbst formulierte Einwilligung mehrerer Eltern.

Verordnung Nr. 15: „unter der Südtiroler Bevölkerung ist die Möglichkeit des Präsenzunterricht… beschränkt.

Verordnung Nr. 19: „Pilotprojekt unter der Südtiroler Schulbevölkerung wird weiterhin unterstützt, welches die Möglichkeit des Präsenzunterricht… beschränkt...“

Nach meinem Verständnis wurde mit dieser Verordnung Nr.19 die Verantwortung und Haftung von der Politik an den Sanitätsbetrieb übertragen. Zu berücksichtigen ist, dass in jener Woche vom 16.04.2021 Zweifel über die Rechtssicherheit aufkamen und diese Umformulierung meiner Meinung nach auch in diesem Kontext zu betrachten ist.

Das Pilotprojekt, welches laut Verordnung Nr.19 die Möglichkeit des Präsenzunterricht beschränkte, wurde über die "Operative Indikationen zum Projekt" vom Sanitätsbetrieb geregelt, worin die Teilnahme wie folgt definiert war: „Die Teilnahme am Projekt ist freiwillig und unterliegt der ausdrücklichen Zustimmung der Eltern...“ Mit der Fassung Nr.4 vom 05.05.2021 wurde immer noch auf die Verordnung Nr.15 vom 19.03.2021 verwiesen.

Unter folgendem Wortlaut erteilten mehrere Eltern ihre „Zustimmung“:

Nur gültig sofern ein negatives Ergebnis eines "NASALE ANTIGEN-SELBSTTESTS” für den Präsenzunterricht verpflichtend vorgesehen ist…

Hiermit erteile(n) Ich/Wir, gegen meine/unsere innere Überzeugung und mit der Überzeugung, dass diese Testung verfassungswidrig ist und gegen die Konvention von Oviedo und den Art. 2, 1. Absatz des Gesetzesdekrets vom 1.4.2021 n.44 verstößt, meine/unsere Einwilligung zu dem "NASALE ANTIGEN-SELBSTTESTS" SARS-CoV-2 in den Schulen, für unsere Tochter/unseren Sohn, Name …  damit er/sie weiter am Präsenzunterricht teilnehmen darf

War diese Zustimmung im Sinne der Operativen Indikation? Also freiwillig?

Fakt ist, diese Einwilligung wurde so akzeptiert und diejenigen Kinder durften am Projekt, zwar nachweislich gegen die Überzeugung der Eltern, sich testen und somit am Präsenzunterricht teilnehmen.

Meiner Meinung nach hätte die Testplicht am 16.4.2021 mit der Verordnung Nr.19 aufgrund fehlender Rechtssicherheit beendet werden müssen. Eine Beendigung war aber nicht gewollt, sei es vielleicht aufgrund der bereits hohen Anzahl an eingesammelten freiwilligen Einwilligungen bzw. Ablehnungen, der bereits getätigten Investitionen oder vielleicht einfach nur aufgrund einer Schadensabschätzung.

Zu diesem Zeitpunkt war eine Testpflicht in keiner anderen Gesellschaftsschicht auf Landesebene rechtlich möglich!

Am 18.04.2021 wurde im Artikel „Fehlender Mut“ folgende Aussage von Arno Kompatscher bezüglich gescheiterten Testpflicht in Betriebe veröffentlicht:

Wir sollten alle gemeinsam mehr lösungsorientiert sein als nur problemorientiert. Es gibt durchaus Schwierigkeiten, aber die Sozialpartner sollten – wie sie es selbst von der Landesregierung einfordern –, Verantwortung übernehmen und mehr Mut fassen, bestimmte Dinge zu unterzeichnen und die Tests in den Betrieben zu ermöglichen.

Die fehlende Lobby für Kinder, die Verflechtung von Politik, Sanität und Bildungseinrichtung und der Mut bestimmte Dinge zu unterzeichnen, machte nach meiner Meinung die Testpflicht an Schulen erst möglich.

Diese verordnete Corona-Maßnahme war eine bewusste Entscheidung der südtiroler Landespolitik und somit ein Teil des südtiroler Sonderweges.

Die Art und Weise der rigorosen Umsetzung, das in meinen Augen listige Vorgehen zum Erlangen einer Rechtssicherheit und die durch die verordnete Testpflicht provozierten Begleiterscheinungen, empfand ich als einen Skandal.

Dass die Testpflicht an Schulen zu dieser Zeit ein heiß diskutiertes Thema war, belegen auch die Salto-Community-Beiträge von damals. Ich denke diese Umstände sollten nicht in Vergessenheit geraten:

07.03.2021 Vom Nasenbohrer zur Erfolgsgeschichte

13.03.2021 Test nasali a scuola? No, grazie!

14.03.2021 Nasenbohrtests in den Schulen?Nein danke

17.03.2021 Nasenbohrer-Kompromisslösung

20.03.2021 Offener Brief einer „elternmüden“ Mutter

22.03.2021 Behandelt uns wie mündige Bürger!

03.04.2021 Aufgaben und Haftungen des Lehrpersonals

06.04.2021 Insegnanti indisponibili

03.05.2021 Il virus etnico

14.05.2021 Testzentrum Schule – Eine Bilanz