Society | Pop-Up-Podium

Literatur trifft Zeitgeschichte

Das vierte Pop-Up-Podium steht ganz im Zeichen eines beklemmenden Themas. Trotzdem ist es wichtig und richtig, es mit Leichtigkeit zu erzählen.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Podium VBB
Foto: VBB
  • Das vierte Pop-Up-Podium steht an. In der Buchhandlung Nuova Libreria Cappelli diskutieren am 23. April ab 19:30 Uhr der Kulturpublizist und Filmemacher Martin Hanni und der Historiker und Experte für Zeitgeschichte Stefan Lechner. Letzterer stellt sich vorab auch zum Interview.

  • Das Thema des Abends ist „Erzählen trotz Allem“ – Literatur trifft Zeitgeschichte. Was möchten Sie dem Publikum dazu auf den Weg geben?

    Dass es die Literatur nicht nur zur schöngeistigen Unterhaltung braucht, sondern auch um Wissen zu verbreiten. In der zeitgeschichtlichen Forschung passiert sehr viel, es wird viel und intensiv geforscht, aber diese Forschung und ihre Ergebnisse verlassen sozusagen den „inneren Zirkel der Eingeweihten“ nicht. Bei Tagungen kann man das sehr gut beobachten. Sie werden oft zu Themen abgehalten, die auch für ein Publikum, das nicht vom Fach ist, interessant sein könnten. Aber sie erreichen dieses breite Publikum nur selten. Bei der Literatur ist das anders.

  • Ist der Roman „Ein Hund kam in die Küche“ von Sepp Mall, auf dem die aktuelle Produktion der Vereinigten Bühnen Bozen basiert, hierfür ein gutes Beispiel?

    Absolut. Der Roman handelt von einer beklemmenden Thematik, die nur schwer zu vermitteln ist. Nämlich der systematischen Ermordung von Kindern mit Behinderung in der NS-Zeit. Trotzdem findet Mall eine poetische, klare und sehr zugängliche Sprache. Und als Autor hat er eine Möglichkeit, die wir Historiker*innen nicht haben: Während wir nur beschreiben und analysieren, kann er auch in die Köpfe der Personen hineinschauen und die Geschehnisse aus ihrem Blickwinkel erzählen.

  • Stefan Lechner Foto: privat
  • Das Thema ist wichtig. Trotzdem hat man oft das Gefühl, dass nur wenig über Zeitgeschichte gesprochen wird.

    Ja und das ist schade! Denn Zeitgeschichte hat eine enorme Relevanz für unser Leben. Sie zeigt uns, wo unsere Gegenwart und Zukunft herkommen. Trotzdem geht diese Relevanz immer mehr verloren. Das war bis vor 15 bis 20 Jahren  noch anders. Vielleicht weil damals noch mehr Zeitzeugen, die all diese Dinge miterlebt haben, am Leben waren. Ich erinnere mich auch an die Einladung an eine Tagung im Jahr 1995 zum oben genannten Thema, in der es hieß: „Wir müssen die Erinnerung an die Taten und die Opfer wachhalten, um weiteres Leid in der Gegenwart zu vermeiden.“

  • Wie erreicht man Menschen denn heute noch mit zeitgeschichtlichen Themen?

    Das ist schwierig. Ich würde sagen, in erster Linie über die Schule. Danach passiert leider nicht mehr viel. Zeitgeschichte – obwohl sie so wichtig für unsere Gegenwart ist – ist ein Thema, dem man sehr gut aus dem Weg gehen kann. Es gibt aber durchaus Initiativen, um die Zeitgeschichte wieder mehr ins Bewusstsein der Menschen zu rücken. So ist in der Franzensfeste gerade ein eigenes Museum dafür in Vorbereitung. Ein weiterer Weg ist, die Emotionen der Menschen anzusprechen, sozusagen ihr Herz zu erreichen. Auch hier kann uns die Literatur sehr weiterhelfen. Aber es braucht auch einen Willen „von oben“, um eine Erinnerungskultur zu schaffen und aufrecht zu erhalten. Gedenkjahre sind hier eine gute Möglichkeit. Heuer jährt sich zum Beispiel das Ende des 2. Weltkriegs zum 80. Mal. Auch gibt es seit 2014 den Tag der Autonomie, der am 5. September begangen wird. Der Pariser Vertrag und die zwei Autonomiestatute prägen unser Leben bis heute und ich finde, wir sollten solche Tage zum Anlass nehmen, um uns bewusster mit unserer Vergangenheit und dem Wert von Demokratie auseinanderzusetzen. 

  • Pop-up-Podium IV: „Erzählen trotz allem“ – Literatur trifft Zeitgeschichte

    Am 23.04.2025, um 19.30 Uhr, 
    Buchhandlung Nuova Libreria Cappelli, Freiheitsstraße 2, Bozen.
    Eintritt frei
     
    Was hat es mit den Pop-up-Podien auf sich? Hier geht's zum einführenden Beitrag. Detailliertere Informationen und Updates zur Veranstaltungsreihe und den Vereinigten Bühnen Bozen finden sich auf der Facebook und Instagram sowie auf der offiziellen Website.

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