Die Pink Lady der SVP
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Sie ist eine der Hoffnungsträgerinnen innerhalb der Südtiroler Volkspartei (SVP) und seit kurzem die erste gewählte weibliche Vorsitzende der Jungen Generation (JG). Anna Künig bestellt einen Espresso, wir sitzen an einem kühlen Frühlingstag im Bozner Café Laurin. Obwohl erst 24 Jahre alt, tretet sie auf wie eine Berufspolitikerin – keine Ausrutscher, ein perfekt betreutes Profil auf Instagram und ein überzeugendes Lächeln in die Kamera.
„Wenn man aus Südtirol rauskommt, merkt man erst, wie wichtig das Ehrenamt hier ist.“
Künig hat viel vor. Sie will das Sprachrohr der Jugend sein, die Wohnungsnot bekämpfen und das Ehrenamt stärken. „Mich hat immer interessiert, was im Vorfeld politischer Entscheidungen passiert“, sagt sie. Das Studium der Politikwissenschaft in München und Trient war deshalb naheliegend. Zurück in Südtirol ist sie der SVP-Ortsgruppe Kardaun beigetreten. Und als der SVP-Bezirk Bozen Stadt im Frühling letzten Jahres neben Magdalena Perwanger dringend eine zweite Kandidatin für die Landtagswahl gebraucht hat, um die parteiinterne Frauenquote zu erfüllen, ist die Wahl auf Künig gefallen.
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Auch wenn sie es schlussendlich nicht in den Landtag geschafft hat, legte sie einen engagierten Wahlkampf hin und radelte dafür quer durch Südtirol. Das ist auch der Meraner Vizebürgermeisterin Katharina Zeller (SVP) aufgefallen. „Anna Künig ist motiviert und ich finde es gut, wenn sich junge Menschen der Öffentlichkeit stellen und damit auch der Kritik“, sagt sie. Als neue JG-Vorsitzende könne sie die richtigen Themen ansprechen – das seien nicht nur der Nightliner und Großraubwild, sondern dazu zähle ebenso die hohe Abwanderung aus Südtirol.
Auch Bildungslandesrat Philipp Achammer sieht in der neuen JG-Vorsitzenden Potential. Der ehemalige SVP-Obmann war mit 22 Jahren selbst zum Landesjugendreferenten gewählt worden, kletterte rasch die politische Karriereleiter hoch und kennt seit der letzten Landtagswahl auch politische Niederlagen. Die Jugend ist ihm weiterhin ein Anliegen: „Gerade jetzt ist es wichtig auf junge Menschen zuzugehen, da das Misstrauen in Institutionen hoch und die Demokratie in einer Krise ist.“
„Eine Frau muss sich in der Politik doppelt und dreifach beweisen.“
Die besten politischen Diskussionen habe er nicht abends im Fernsehstudio, sondern vormittags in den Oberschulen geführt. „Junge Menschen sind reflektiert, unvoreingenommen und im Gespräch vor den Landtagswahlen sehr kritisch gewesen“, sagt Achammer. Dass auch die JG laut und unangepasst Position ergreift, was derzeit eher selten der Fall ist, sei durchaus gewünscht. „Junge Menschen sind per se Querdenker und Revoluzzer.“ Sie für eine altgediente Regierungspartei zu begeistern, sei deshalb keine leichte Aufgabe für Künig.
In vielen alteingesessenen Parteien fehlen junge Menschen und Frauen. Als Neueinsteigerin musste das auch Zeller erfahren. „Eine Frau muss sich in der Politik doppelt und dreifach beweisen. Außerdem wird jungen Menschen oft keine Kompetenz zugestanden.“ Dass Künig auf unverfängliche Themen setzt und andere elegant ausspart, stört sie nicht. „Man muss ihr Zeit geben, sich in dieser neuen Welt zurechtzufinden und sollte nicht doppelt kritisch sein, nur weil sie eine junge Frau ist.“
„Heute kannst du vergessen, dass ein junger Mensch Interesse hat, Parteifunktionär zu werden.“
Anna Künig selbst sagt dazu, dass sie sich nur zu Themen äußern möchte, wo sie sich auskenne und aktiv einbringen kann. „Ich bin selbst bei der Musikkapelle und im Radverein. Wenn man aus Südtirol rauskommt, merkt man erst, wie wichtig das Ehrenamt hier ist. Bei uns ist es teilweise selbstverständlich, dass jedes Dorf eine Feuerwehr, eine Musikkapelle, die Schützen und noch viele weitere Vereine hat. Um diese Tradition fortzuführen, ist es wichtig junge Menschen mitzunehmen.“ Nach dem Einbruch der Vereinstätigkeiten durch die Corona-Pandemie sei jetzt wieder ein Aufschwung in Südtirol zu beobachten.
Um leistbaren Wohnraum zu schaffen, will die Jungpolitikerin Wohnungen mit Preisbindung ausbauen, auf Wobi-Wohnungen setzen, den Leerstand wiederverwenden und Wohnhäuser mit einem weiteren Stock in die Höhe erweitern. Heikle Themen wie Migration oder Klimawandel seien hingegen wichtig, aber etwas komplizierter. „Bei Migration und Sicherheit liegen viele Kompetenzen nicht in Südtirol, sondern in Italien. Beim Klimawandel bin ich der Überzeugung, dass jeder selbst etwas tun muss. Im Großen und Ganzen bin ich aber zu wenig in diesem Thema eingearbeitet, um hier eine Strategie vorzugeben.“
Die JG-Vorsitzende ist es gewohnt, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, Fragen zu beantworten und die Führung zu übernehmen. Das ist nicht nur in ihrem neuen Amt gefragt, sondern auch bei ihrer Arbeit als Grundschullehrerin. Im Gespräch mit der jungen Neueinsteigerin habe ich das Gefühl, dass mein Gegenüber sich für andere Menschen interessiert, zuhören kann und auch gerne zwei Schritte vorausdenkt.
„Das Interesse an Politik ist auf jeden Fall da.“
Wie dazumal Senkrechtstarter Philipp Achammer zeigt sie Volksnähe und kann mit dem Begriff der Politikverdrossenheit nicht viel anfangen. „Junge Menschen haben eine andere Art und Weise, Politik zu sehen und sich zu informieren. Früher hat jeder Fernsehen geschaut und die Zeitung gelesen, heute gibt es viele andere Möglichkeiten, um auf dem aktuellsten Stand zu bleiben, beispielsweise Onlineportale oder soziale Medien. Das Interesse an Politik ist auf jeden Fall da“, sagt Künig.
„Sie kritisieren die Busse oder Rahmenbedingungen fürs Studium, aber verstehen nicht, dass das eigentlich politische Themen sind“, erklärt Achammer dazu. „Heute kannst du vergessen, dass ein junger Mensch Interesse hat, Parteifunktionär zu werden. Unverbindliche Gesprächsangebote kommen hingegen viel besser an“, sagt er aus Erfahrung. „Tendenziell haben die Grünen es hier leichter, weil dort schon mehr junge Menschen und Frauen dabei sind“, meint Zeller.
Künig schreckt das nicht ab. Sie scheint bewusst auf ein altes, aber zuverlässiges Pferd zu setzen und betont, dass in den Gemeindestuben Südtirols auch junge SVP-Mitglieder sitzen. Ob EU-Wahl im Juni oder Gemeinderatswahl im Jahr 2025 – sie will beweisen, dass die SVP auch heute junge Menschen und Frauen unter 30 überzeugen kann.
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