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Das zusätzliche Matura-Fach

Eine kurzfristige Verordnung aus Rom sorgt dieser Tage für Wirbel unter Südtirols Maturanten: Ein Fach mehr als bisher bei der Prüfung. Ein Lehrer beruhigt.

Es ist für viele der letzte Schultag. Doch während zahlreiche Schüler am Dienstag mehr oder weniger sorglos in die Sommerferien starten, heißt es für die Maturanten noch ein paar Wochen schwitzen. Und als wäre die Nervosität angesichts der anstehenden Prüfungen nicht schon groß genug, hat das italienische Bildungsministerium in letzter Minute für zusätzlichen Stress gesorgt. Die Aufregung war groß, als vor kurzem erst bekannt wurde, dass bei der für kommenden Dienstag anberaumten dritten schriftlichen Prüfung ein zusätzliches Fach geprüft wird.

Die kurzfristige Abänderung haben Lehrer, Schüler und Direktoren einer staatlichen Ministerialverordnung zu verdanken, die aus einer Kann- eine Muss-Bestimmung gemacht hat. Dadurch werden im so genannten “Fächerbündel” vier statt drei Fächer enthalten sein. “Es ist vollkommen unverständlich, dass der Staat so weitreichende Regelungen dermaßen spät erlässt”, poltert Bildungslandesrat Philipp Achammer. Es habe sich einmal mehr gezeigt, dass Südtirol auch im Bildungsbereich größere Gestaltungsmöglichkeiten benötige. Die SVP-Leitung spreche sich daher für eine autonome Regelung aus, um “Inhalte, Prüfungsmodalitäten und Richtlinien verstärkt beeinflussen zu können”. Ganz so dramatisch sieht Markus Dapunt die Situation nicht. Er ist Oberschullehrer in Meran und Mitglied des Landesvorstandes der AGB/CGIL-Lehrergewerkschaft. Derzeit ist Dapunt in Sterzing als externer Prüfer bei der Matura tätig. salto.bz hat ihn telefonisch erreicht

Herr Dapunt, wie sieht die Lage derzeit aus?
Es ist so, dass am kommenden Dienstag, wenn der zweite Teil der dritten schriftlichen Matura-Prüfung ansteht, nicht mehr drei Fächer wie bisher, sondern eben vier abgefragt werden.

Welche Fächer dies schließlich sein werden, ist aber nicht bekannt?
Nein. Aber die Begründung aus dem Bildungsministerium war, dass die Schüler für die Matura eh alles vorbereiten müssen. Und die Verordnung an sich ist ja auch nicht das Problem. Es war halt ein Blödsinn, das alles so kurzfristig anzuberaumen. Aber ich hoffe, dass die Sache ganz pragmatisch gelöst wird.

Das heißt?
Es sind ja die Prüfungskommissionen, die entscheiden, welches Fach jetzt zusätzlich geprüft wird. Und das wird wohl in den meisten Fällen auf Basis des Berichts des Klassenrates passieren.

Es wird kein Lehrer die Bestimmung ausnutzen, um den Maturanten eins auszuwischen.

Unter den Maturanten hat die unerwartete Überraschung sicher für einigen Wirbel gesorgt?
Was auch verständlich ist. Viele haben es zum Teil erst am letzten Schultag erfahren, dass nun ein Fach mehr geprüft wird. Doch da es sich um eine staatliche Vorgabe handelt, kann man nichts machen.

Jemand, der etwas machen will, ist Bildungslandesrat Philipp Achammer. Er fordert vom Staat mehr Kompetenzen, um auch bei der Abschlussprüfung mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu haben.
Ja, das war die Achammer-Linie von Anfang an. Und man nimmt sich alles zum Anlass, um mehr Zuständigkeiten zu fordern. Nach dem Motto: “Habt ihr gesehen, schon wieder etwas, was nicht läuft.”

Die Verordnung an sich ist nicht das Problem. Es war halt ein Blödsinn, das alles so kurzfristig anzuberaumen.

Das heißt, Sie als Lehrer-Gewerkschafter sind nicht begeistert vom Vorstoß Achammers?
Das habe ich nicht gesagt. Aber es muss nicht sein, dass die Schule inhaltlich besser wird, wenn das Land mehr Kompetenzen hat. Was klar ist, dass eine solche Entwicklung nicht von oben kommen darf. Sondern es müssen alle Beteiligte mit einbezogen werden. Ein solcher Prozess muss transparent und nachvollziehbar gestaltet werden.

Nun, für dieses Jahr ist es offensichtlich zu spät. Wie werden die Lehrer reagieren? Zeigen sie Nachsicht bei der Benotung?
(Lacht) Die Regelung ist ja für beide Seiten, also Lehrer und Schüler, kurzfristig gekommen. Die Noten werden wie notwendig vergeben. Es wird kein Lehrer die Bestimmung ausnutzen, um den Maturanten eins auszuwischen.