Dialekt - charmant oder provinziell ?
Den ersten Stein im Glashaus warf Klaus Albrecht Schröder im Nachtcafé des SWR, in dem sehr kontrovers über die Frage diskutiert wurde, ob der Dialekt ein unzeitgemäßes Relikt oder eine gewachsene regionale Verständigungskultur sei. Dort schilderte der in Linz aufgewachsene Wiener Albertina-Direktor, wie er sich seinen oberösterreichischen Dialekt "mit 15, 16 Jahren dezidiert abgewöhnt" habe, weil er "kontaminiert und mit einer antimodernen, reaktionären Haltung verbunden sei."
Schröder löste damit eine Welle der Empörung aus. Der Wiener Schriftsteller Peter Paul Wiplinger wertete die Äußerungen des Kunsthistorikers als "Lercherlschaß". Der Meinungsforscher Andreas Kirschhofer pries Mundart als Ausdruck von Heimatliebe und schwärmte vom Tragen der Trachten als Identitätsfaktor. In den Internet-Foren gerieten sich rasch Anhänger und Befürworter massiv in die Haare. Dort wurde Schröder als "lackierter Aff", beschimpft, der "die oberösterreichische Hymne Hoamatland schlechtredet". Aber auch ein Shitstorm im Internet vermochte Schröder nicht von seiner Überzeugung abzubringen.
Der Meinungsforscher Andreas Kirschhofer pries Mundart als Ausdruck von Heimatliebe und schwärmte vom Tragen der Trachten als Identitätsfaktor.
Die Hymne sei "ein miserables Gedicht und eine hundselendigliche Melodie." Vergeblich bemühten sich namhafte Dialektforscher, einen rationalen Ton in den aufgeputschten Schlagabtausch zu bringen. Die Diskussion weitete sich bald aus auf die österreichische Standardsprache und deren Kontamination durch das Einsickern bundesdeutscher Begiffe - tschüss statt pfiati. Geführt wurde die erregte Diskussion vor allem in zahlreichen Gastkommentaren der Tageszeitung Die Presse. Dort wurde auch auf die Tatsache verwiesen, daß "Tirol und Vorarlberg die einzigen Bundesländer sind, in denen der Dialekt auch öffentlich gesprochen wird - als politisches Werkzeug erster Güte."
Die Diskussion weitete sich bald aus auf die österreichische Standardsprache und deren Kontamination durch das Einsickern bundesdeutscher Begiffe - tschüss statt pfiati.
Lob gab es dabei auch für Luis Durnwalder, der "ein Meister darin gewesen sei" und "der etwa vor Diplomaten in Wien mit größter Selbstverständlichkeit einen Vortrag in einer gekonnten Mischung aus Dialekt und Bildungssprache hielt". In der Flut der Diskussionsforen wurde der Dialekt als heimelig hochgejubelt und als peinlich, provinziell und unerotisch verdammt. Eine Liebeserklärung auf sächsisch oder schwäbisch sei eine Horrorvorstellung (auch Innsbrucker und Bergamasker müssten wohl in diese Reihe gestellt werden).
Auf Südtirol ist der Mundart-Streit noch nicht übergeschwappt. Seltsam bei den vielen Internet-Foren, in denen der Dialekt vielfach das bevorzugte Kommunikationsmittel ist. Gestandene Deutschlehrer freilich läßt dort weniger die Mundart erschaudern als die malträtierte Rechtschreibung.