"von mir aus errichteten sie die berge"
du saßt am bahnhof,
ich saß irgendwo davor und wartete
auf essen. (du kennst mich, ich spreche immer
von essen oder ertrinken oder doppelgängern.)
über grau-braune absperrungen und
baustellen hinweg sahen wir einander
an. wir waren sehr sehr groß
auf unseren trekkingstockstelzen
und ich winkte gern und viel und wackelte umher
und fiel fast über absperrungen hinweg
auf gleise vor citybusse in baugruben.
von dir aus gesehen errichteten sie die stadt, aber von mir aus
errichteten sie die berge, was ich dir zurief,
und dann wurde ich vom blitz erschlagen
und so endet meine geschichte frühzeitig
und du verbleibst allein an einem ort
frisch wie in haltefolie, auch wenn deine finger zittern
und du nicht die kondition zum klettern hast. du
nimmst unseren schirm, landest im fluss und
kriechst ans ufer. komm, streck die arme
aus, lass sie für photos posieren an
dir. höher geht’s nicht.
– kurz nach der ankunft aß ich blitze
oder: ich wünschte, du wolltest hinaus
du bist zum zuschauen gekommen
&schaffst es ohne mühen die stufen hinab
im wald steht ein mann mit kafka-shirt
während in der stadtgasse ein hund ein bein
gegen den pinken müllbeutel vor dem schaufenster hebt
&ich träumte, ich lag in irgendeinem krankenhaus in rom
alles war tritte in den bauch, die ich nicht bemerkte
du schicktest mir keine postkarten
aber was ist schon ein bisschen abdominaltrauma
oder langsam zu erblinden
es gibt hier lichter wie in amsterdam
– tag 2: du siehst, ich versuche meinen körper unter
kontrolle zu halten
bei geschlossenen fensterläden und licht aus
ist zu hause diesem raum nicht unähnlich
ich lese von geflügel
verbrenne mich dreimal in folge an
metallenem duschhahn, metallenem wasserkocher,
metallenem brückengeländer
im fürstenzimmer ein cremefarbener kachelofen
und jemand im türrahmen, der
mich und die bücher
beobachtet
legt feuer, es ist so schön warm unter der decke
kräh kräh
– liebe clara,
2:40 a.m. im bett mit sonnenbrille und kaser
[Jana Haberecht]