Culture | Salto Afternoon

Neues, Altes und Perspektiven

„Show don’t tell“ ist ein Prinzip für gute Geschichten. Der Museumsverein Bozen legt es auf seine Präsentation ausgewählter Neuzugänge der Sammlung seit 2000 um.
Neues Altes
Foto: Privat
Im einleitenden Text zu „Neues Altes“ und dem Bozner Museumsverein heißt es in Bezug auf die ausgestellten Neuzugänge und Schenkungen treffend: „Man hat versucht, sie ansatzweise thematisch zu gliedern (…)“ Im Ansatz ist das zu erkennen, in der Realität ist es angesichts der bescheidenen Räumlichkeiten und der üppigen Stückzahl der ausgestellten Werke schlichtweg unmöglich. Fast alle Wände werden von Bildern und Zeichnungen in Beschlag genommen, „kulturhistorische Objekte von besonderer Bedeutung“ (die dem Besucher nicht erläutert wird) finden sich dazwischen. So kommen etwa ein Säbel und Schusswaffen (19. Jh.) bei den zahlreichen Blumen- und Landschaftsbildern Rolf Regeles (20. Jh., im Titelbild zu sehen) unter, eine Puppenstube bei Trachtenstücken und wie der undatierte „Vierfüßige persische Hochzeitsleuchter“ zu den Stücken passt, die ansonsten Autorschaft oder Motiv mehrheitlich an den Alpenraum binden, bleibt schleierhaft.
 
Neues Altes
Neues Altes: Für einiges, wie diese einzige figürliche Darstellung der Ausstellung, die von Andreas Kompatscher geschaffen wurde, hätte sich in den drei Räumen schlicht kein passender Ort finden lassen. | Foto: Privat
 
Einer kuratorischen Tätigkeit im Sinne von Aufbereitung und Vermittlung von Informationen kommt man im Falle der großen Regele Schenkung nach, ansonsten muss man mit zum Teil überknappen Künstlerbiographien von einer bis acht Zeilen Länge auf einem aufliegenden DIN A4 Blatt vorliebnehmen. Am Beispiel Regele zeigt sich, dass ein Mehr an Informationen durchaus die Betrachtung der Werke bereichert. Auf die schnelle Arbeitsweise des Künstlers, welche im Pinselstrich Ausdruck findet und auf das Talent für Farbgebung und Stimmung werden dort etwa verwiesen, man verweilt dadurch unmittelbar länger vor diesen als vor anderen Bildern. Bei den anderen Kunstwerken ist es mehr ein Wiederkennen historischer Laubengebäude, Höfe oder von Bergsilhouetten am Horizont.
Freilich reicht ein Ausstellungskärtchen aus um einen zu informieren, dass Phillip Ditter von Ditttersheim auf seinem Bild von 1860 den Bozner Bahnhof als Panorama darstellt, mehr über den Bahnhof in jener Zeit erfährt man aber nicht. Das gute Dutzend ausgestellter Künstler und Freizeitmaler wird mir beim Gang durch die öffentliche Ausstellung dabei aber nicht vertrauter als bisher, vielmehr erhält man das Gefühl, dass hier eine Kenntnis dieser Künstler vorausgesetzt wird, welche man bei der Mehrheit des Laufpublikums vermissen wird. Dieses mag, so es sie liest, über eine Notiz zu Franz Anton Nirnberger schmunzeln, dessen drei ausgestellte Werke eine Art Familienzusammenführung ermöglichen. Ein kleines Kuriosum aber auch hier im Ansatz das, was man im Bozner Stadtmuseum bei der Ausstellung vermisst: eine Geschichte zu den Werken.
 
Neues Altes
Neues Altes: Die Familienzusammenführung des Ehepaars Schnizer mit ihrer Tochter Maria Rottensteiner (rechts) gelang der Berliner Forscherin Susanne Ruppel und Hans-Paul Ties durch Abgleich des Wappens (Rottensteiner) mit Sterbe- und Taufmatrikeln. | Foto: Privat
 
Schade, da sich hier wirklich verschiedene Blickpunkte auf „unsere“ schönen Landschaften und Häuser besonders aus dem 20. Jahrhundert versammelt haben. Auf solch individuelle Ansichten, vom „spätimpressionistischen“ Farb- und Stimmungsbild Regeles (der als einziger wirklich „erzählt“ wird, gemeinsam mit der Provenienz der Schenkung) bis zur wuchtig detailreichen Schwere von Karl Vinzenz Mosers „Blick auf die Königsspitze“ hätte es sicher bedeutend mehr zu erzählen gegeben. Selbst dann, wenn in einem zweiten Satz zu Alois-Egger Freiberger, Wilhelm Mayer oder Ignaz Stolz erwähnt werden würde, dass Informationen zu diesen drei Künstlern besonders spärlich gesät sind, wäre das liebevoller als wenn man nach einem Satz zum nächsten Namen übergeht.
In keinem Fall möchte ich, dass der falsche Eindruck entsteht und man der Ausstellung fern bleibt, falls man vorhatte sie zu besuchen. Zu sehen sind bei freiem Eintritt interessante trotz starkem Lokalkolorit ausgesprochen heterogene Exponate, welche nur nicht wirklich erzählt werden. Fehlte dafür der Platz, die Zeit oder der Wille, es ist jedenfalls schade, weil man zwischendurch immer mal wieder das Gefühl erhält der Bozner Museumsverein könnte sich und seine Sammlung spannend erzählen.