Politics | SEL-Skandal

Das Abschiedsgeschenk

Maximilian Rainer hat den Prozess gegen die SEL AG vor dem Arbeitsgericht zwar verloren. Er bekommt aber dennoch rund 80.000 Euro von seinem früheren Arbeitgeber.

Das Urteil Nr 154/2015 des Bozner Arbeitsgerichtsgericht ist genau 23 Seiten lang. Auf diesen 23 Seiten wird der SEL-Skandal erstmals von einer ganz anderen Seite beleuchtet. Aus der arbeitsrechtlichen Sicht um den ehemaligen SEL-Generaldirektor Maximilian Rainer.
Arbeitsrichterin Eliana Marchesini hat das Urteil bereits am 24. Juli 2015 erlassen. Es ist auf den ersten Blick eine herbe Niederlage für Maximilian Rainer. Denn die Richterin hat im Urteil die Millionenforderungen Rainers als unbegründet zurückgewiesen.
Dass dieser Sieg der Landesenergiegesellschaft aber seit fast drei Monaten still und leise in einer Schreibtischschublade verschwunden ist, liegt daran, dass der Prozess für die SEL kein gutes Ende genommen hat.
Denn die öffentliche Stromgesellschaft wird noch einmal in die Brieftasche greifen müssen. Zu verdanken hat die SEL AG dieses Abschiedsgeschenk ihrem früheren Verwaltungsrat um Klaus Stocker. Und wie dieses Geschenk zustande kommt, ist es neuer, kleiner Skandal in der großen SEL-Affäre.

Rainers Millionenklage

Der ehemalige SEL-Generaldirektor Maximilian Rainer wurde im Zug des sich anbahnenden SEL-Skandals im November 2011 zuerst in den Wartestand versetzt und dann entlassen. Im Mai 2013 klagte Maximilian Rainer vor dem Bozner Arbeitsgericht gegen diese seiner Meinung nach unrechtmäßige Beurlaubung und Kündigung.
Von Anfang an geht es in diesem Verfahren vor dem Bozner Arbeitsgericht aber um weit mehr. Verständlich wird das am Arbeitsvertrag des ehemaligen SEL-Direktors.
Rainers Arbeitsvertrag ist mit 11. März 2002 datiert. Abgeschlossen kurz nach der SEL-Gründung, trägt er die Unterschrift des damaligen SEL-Präsidenten Michl Laimer. Der Vertrag sichert Maximilian Rainer in den Jahren um 2011 ein Gehalt von rund 220.000 Euro brutto im Jahr zu. Gezahlt in 14 Monatsgehältern.
Dazu kommt aber ein Zusatzvertrag, den SEL-Präsident Klaus Stocker und Maximilian Rainer am 8. Jänner 2008 unterzeichnen. Der neue Vertrag führt zusätzlich zum Fixgehalt eine „jährliche variable Entschädigung“ ein. Im Vertrag ist eine Gewinnbeteiligung für Maximilian Rainer vorgesehen, die bei jährlich einem Prozent des Gewinnes vor Steuern der SEL AG, der von ihr kontrollierten Gesellschaften und auch der anderen Gesellschaften der Gruppe liegt.

Rainers Zusatzvertrag: Bis zu 500.000 Euro Prämie.

Um wie viel Geld es dabei geht, wird anhand der konsolidierten Bilanz der SEL-Gruppe deutlich. Maximilian Rainer hätte damit für das Jahr 2008 Anrecht auf zusätzliche 99.270 Euro. 2009 sind es 182.515 Euro. 2010 255.557 Euro und 2011 satte 239.448 Euro. Macht in vier Jahren knapp 780.000 Euro, die Maximilian Rainer – laut Arbeitsvertrag - als Gewinnbeteiligung zustehen.
Dass es durchaus so gemeint und geplant war zeigt ein weiterer Passus im Zusatzvertrag. Laut Vertrag darf das variable Gehaltselement das Fixgehalt maximal um 250 Prozent überschreiten. Die Grenze liegt damit bei 500.000 Euro.

Sieg und Niederlage

Tatsache ist, dass Maximilian Rainer dieser variable Teil seines Gehaltes während seiner Zeit in der SEL nie ausbezahlt wurde. Deshalb forderte der ehemalige SEL-Generaldirektor in seiner Klage vor dem Arbeitsgericht die Auszahlungen dieser Boni.
Rainer und sein Anwalt Gianni Lanzinger sind mit dieser Forderung jetzt aber abgeblitzt. Denn Richterin Eliana Marchesini kommt in ihren Urteil zum Schluss, dass diese Millionenforderung völlig unberechtigt ist.
Demnach hätten die SEL und ihre Mailänder Anwälte aus der Kanzlei Trifirò & Partners auf ganzer Linie gewonnen. Dass es aber keineswegs so, ist liegt an einer anderer Entscheidung im selben Urteil.
Denn Richterin Marchesini spricht gleichzeitig Maximilian Rainer die Auszahlung von 5 Monatsgehältern nach dem Arbeitsvertrag samt Vorsorgebeiträgen und Zinsen zu. Das sind gut 80.000 Euro. Rechnet man die Prozessspesen, die die SEL laut Urteil zu zwei Dritteln zahlen muss und die Anwaltsspesen, so kostet dieser Prozess die Energiegesellschaft am Ende weit über 100.000 Euro.
Diese Zahlung haben sowohl Maximilian Rainer, wie auch die SEL dem früheren SEL-Verwaltungsrat um Klaus Stocker & Co zu verdanken.

Stockers Geschenk

Als der SEL-Skandal explodiert, nimmt die Landesregierung am 7. November 2011 die Rücktritte von Klaus Stocker als SEL-Präsident und von Franz Pircher als Aufsichtsratspräsident der SEL an. Gleichzeitig wird beschlossen, dass SEL-Generaldirektor Maximilian Rainer umgehend für drei Monate in den unbezahlten Wartestand gehen soll.
Noch am selben Tag beantragt Maximilian Rainer schriftlich bei Klaus Stocker die sofortige Versetzung in den unbezahlten Wartestand. Als der SEL-Verwaltungsrat einen Tag später am 8. November 2011 diesen Wartestand genehmigen soll, ändert er aber eigenmächtig die Vorzeichen. Klaus Stocker & Co lehnen Rainers Antrag um sofortige Versetzung in den Wartestand ab. Der Verwaltungsrat beschließt, dass Rainers dreimonatiger Wartestand erst am 1. Februar 2012 beginnen soll.
Als die Landesregierung und der Landtag von diesem Handstreich Wind bekommen, steigt man auf die Barrikaden. So muss der Verwaltungsrat am 11. November 2011 den Beschluss rückgängig machen. Rainers Wartestand soll jetzt am 18. November 2011 beginnen.

Urteil des Arbeitsgerichts: Sieg und Niederlage für die SEL.

Maximilian Rainer legt gegen diesen neuen Beschluss bereits am 15. November 2015 sein Veto ein. Die Argumentation des Generaldirektors: Man habe seinen Antrag auf Versetzung in den sofortigen Wartestand abgelehnt. Deshalb kann man ihn nicht drei Tage später plötzlich wieder annehmen.
Maximilian Rainer bleibt bis 15. März 2012 im unbezahlten Wartestand. Dann wird dem Generaldirektor vom neuen SEL-Verwaltungsrat um Wolfram Sparber formal gekündigt.
Richterin Eliana Marchesini kommt im Urteil zum Schluss, dass Rainers Kündigung durch die in den Strafprozessen aufgedeckten Unregelmäßigkeiten völlig rechtens ist.
Nicht aber der unbezahlte Wartestand vom 18. November 2011 bis zum 10. April 2012.
Die Arbeitsrichterin folgt hier der Argumentation des Klägers.
Im Klartext heißt das, dass der Eiertanz von Klaus Stocker & Co den Steuerzahler weitere 100.000 Euro kostet. Rainer bekommt 5 Monatsgehälter.
Es ist ein Abschiedsgeschenk seiner früheren Mitstreiter.

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G G Sat, 10/17/2015 - 15:45

Unglaublich unser Rechtssystem!!!

Und leider werden solche Sachen immer erst im Nachhinein bekannt. Was aktuell alles für Verträge für die "höheren Angestellten" am Laufen sind und all die immer noch existierenden Politiker-Privilegien, davon wissen wir Volk nichts.

Sat, 10/17/2015 - 15:45 Permalink