Society | Eiertreter*in

SüBer die Glocken nie klingen...

Die Christkindlmärkte abzusagen war ein pandemischer Bärendienst. Hier wird der Beweis angetreten.
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Krippe
Foto: Gareth Harper/Unsplash

Wixer. Anzi, Flachwixer. Die ewiggestrigen Schützen haben ausnahmsweise Recht: Keine Hoden in der Hose, nur Eier. Weicheier. Coglioni. Jede Menge anderer Dispregiativi würden mir noch einfallen (die ersten Worte, die ich in Walisch gelernt habe - leider auch die einzigen dieser Fremdsprache). Ehrlich, am liebsten würde ich dieses Hassposting mit der Auflistung sämtlicher Schimpfwörter bestreiten, die ich kenne und den Rest von Schimpfanse.de plagiieren. Dann würden sie aber nie erfahren, wen ich auf dem Kicker habe: Den Fluss der durch Florenz fließt, den Du, Philipp und seinen Namensvetter den Moser-Bua vom hds (klingt nicht nur wie eine Krankheit...). Dazu den Rest der Luschen im Palais Widmann. Kurz, unsere Landesregierung mit ihrer Inselbegabung in Entscheidungs-un-freudigkeit samt und sonders.
Was? Wegen ihres Zickzackkurs in dieser Pandemie: Die Einschränkungen gelten nur für Bartträger over 60, die einen geleasten Audi mit Münchner-Kennzeichen fahren und Kellnerinnen mit Körbchengröße Doppel-D - aber nur die mit Holzauge und Glasfuß? Na, die Salamitaktik bin ich schon vom Frühjahr gewohnt.

Was mich völlig aus der Fassung bringt ist, dass man wegen eines Schnupfens die Christkindlmärkte streicht! Und wo bitteschön, kaufe ich jetzt für 9,50 Euro einen Glühwein? Dieses picksüße Gesöff, das so überzuckert ist, damit man den hantigen Lepps nicht durchschmeckt, der da verpanscht wurde. Ich wage mich grundsätzlich nur mit aufgezogener Insulinspritze zum Glühkindlmarkt, um dem Zuckerschock zumindest etwas entgegensetzen zu können.
Hat immer funktioniert - bis auf einmal: 2004 war das, als ich zusätzlich einen Zimtstern gewagt habe - war zu viel für meine Bauchspeicheldrüse. Die Glühweintasse, das Beweisstück der Untat, steht noch immer in meiner Asservatenkammer. Der Ikea-Schrank wo ich meine Fehlgriffe aufbewahre: Das Parteikartl der Mutterpartei. Der Spickzettel für die Vorzugsstimmen des Team K. Die Kopie der Steuererklärung mit den 2 Promille für die Grünen. Das Bittschreiben an den „Großen Vorsitzenden“, wie die Eva den Pöder nannte, als er mit ihr in der Union für Südtirol gepoltert hat und noch nicht Impfgegner und Coronaleugner war. Nur mit der blauen Ulli hatte ich nie ein Gspusi. Man glaubt es kaum, auch in mir schlummert ein Funke Anstand.
Die Weisskreizler, die mich damals mitgenommen haben, wollten partout nicht die Kaution für die Tasse auslösen. „Sü - Ber die Glok-ken nie klin - gen“ steht da drauf. Schon Scheiße, wenn du deine Trinkgefäße in einer walschen Druckerei beschriften lässt, die noch nie ein scharfes S gesehen hat. Aber für die Christkindl-Touristen aus Walschland passt's ja: „Guarda, una canzone in Krukkese“. Hauptsache: „SüBer die Kassen nie klingen“ (die selbstredend nicht mit dem Zentralcomputer der Finanzer kurzgeschlossen sind).

Warum ich mir einen Adventbummel überhaupt antue? Bin Adrenalinjunkie. Es gibt nichts schöneres als den Kitzel und die Frage, ob man mich nach so einer Methylalkoholbombe als Blinder mit Krückstock vom Pudel wegtragen muss. Hat nicht die Verbraucherzentrale unseren Weinnachtsfusel sowas wie einem PCR-Test für Lebensmittel unterzogen? (Das mit der „Weihe“ in Weihnachten, ist nur ein Transkriptionfehler eines völlig besoffenen Pfaffen beim Kopieren des Weinnachtsevangeliums im Klosterkeller des Muri Gries). Ich erinnere mich dunkel, dass der Laborbericht die Toxizität des Taninwasserl knapp unterhalb einer Probe ansiedelte, die am 11. Juli 1976 in einem Tiefbrunnen von Seveso gezogen wurde, aber noch vor dem Inhalt eines Reagenzglases, das man zehn Jahre später in eine Löschwasserpfütze am Fuße des Reaktor-Blocks 4 von Tschernobyl getaucht hat. (Nein, die Pestizid-Grundwässer unserer Monokulturwüste scheinen auf der Liste nicht auf; die sind irgendwo im Unendlichbereich oberhalb der Skala angesiedelt). Da kommt mir ein Gedanke: Die Medizin-Koniferen im Voterlond hatten doch irgendwas mit Gurgeln gegen dieses Covid-Zeug entwickelt? Braucht, der, dessen Name ich niemals nenne, das Hoamatl nicht flächendeckend mit Antigen-Massentests überziehen. Ich sage: Märkte auf und alle einmal zum Gurgeln an den Glühweinstand - die Weinsuppe überlebt nicht mal ein multiresistenter Virus. Das war es vermutlich, was der Donald Dumped meinte, als er sagte, man sollte gegen dieses Sars-CoV-2 Varecchina saufen. Bah, unsere Touristiker mit ihrem Antikörpertest-Schwindel: Eine Covid Protected Area ist nur mit einem Glühweinstand zu machen. Was tut unsere Politik stattdessen - nachdem sie einen Monat lang wie das Kaninchen auf die Wocheninzidenz gestarrt hat: Verbot!!!

Ihr Kinderlein kommet

Ihr schadet damit langfristig dem Wirtschaftsstandort Sauftyrol, denn - man glaubt es kaum - Christkindlmärkte sind Innovationsinkubatoren: Im ersten Jahr als der Atz del Cazz das Barackenlager auf den Waltherplatz gestellt hat, konnten sich die Standlbetreiber nur mit einem Sarner und groben Wadelsocken gegen die Kälte wehren. (Hat der Ziegen-Spruch- und Blechschaden-Erfinder eigentlich je am HochunserAndrétag das Ehrenzeichens des Landes Tirol für den Import dieses Geschmackaffronts namens Weinnachtsmarkt erhalten?)
Heute sparen sich die Outdoor-Ausrüster die Miete für die Klimakammer der EURACer und führen die Feldversuche für Everest-Montur und Eiskletterschuhe in loco durch. So beinharte Bedingungen wie am Glumpmarkt in Klausen, findest du nicht mal am Nordpol zur Wintersonnenwende. In der vom nahen Eisack ventilierten, feuchtkalten Zugluft könntest den neuen Corona-Impfstoff von BioNTech/Pfizer im Freien neben Schneekugeln und Christbaumschmuck stapeln. Altro che minus 70 Grad, die der BNT162b2 als Lagertemperatur braucht.

Nach Goretex und Daunenfüllung hat erst letztes Jahr ein Südtiroler Start-up im BIC/TIS/NOI Techpark - oder wie die Geldvernichtungsmaschine in der Ex-Alumix heißt - völlig neue Wege in der Winterbekleidung beschritten, die heuer zur Marktreife gebracht werden sollte: Eine Art Bodenheizung für den Körper der Verkaufssklaven hinter der Theke. Da wird Glühwein in Schläuchen durch die Funktionsunterwäsche gepumpt - hat man eins zu eins von Neil Armstrongs Astronautenanzug abgekupfert. 2020 wollte man das Problem lösen, das Tragegestell des 50 kg schweren Kompressor so anzupassen, dass es nicht zu sehr ins Kreuz drückt. Man will ja beim Skifahren/Eisklettern/Tourengehen keine Kompromisse in Sachen Bequemlichkeit eingehen.
Und nun muss das 1-Milliarde-Dollar-Business-Einhorn eine weitere Saison im Stall verbringen, während die Krankenhauskapazität auf Anschlag geht.
Warme Kleidung ist der Game Changer in diesem Coronawinter. Das Testfeld schließen, ist gleichbedeutend mit dem Abbruch der Phase III in der Entwicklung eines Impfstoffs. Es gibt keine einfachere Milchmädchenrechnung: Keine kalten Füße, kein Schnupfen; kein Schnupfen, keine Covid-Maroden auf der Intensivstation. Apropos. Heuer ersetzt die tägliche Litanei der Neuinfektionen, Bettenkapazität und Coronatoten, die Zahlen der Reisebusse aus dem oberitalienischen Raum an Sant'Ambroggio. Geschmacklos.

O du fröhliche

Über Geschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten; ob der feilgebotene Schruz nun schiach oder schiach ist, aber ohne Buden und Tannenbäume gehen wir des Hochamts der Geschmacksadisten verlustig: Die Weinnachtssendung auf dem „Boazner“! Kein „Stille Nacht“ der kindesmissbrauchten Sängerknaben. Kein über der ganzen Szenerie wabernder Klangteppich der Rumser Stubenmusi feat. Dreigesang aus Bums (vulgo, Die fidelen Bumser) mit ihrem Medley von „Happy Birthday, lieber Jesus“ und „Es ist ein Ross entsprungen“. Da wurde jedes Jahr Fernsehgeschichte geschrieben, wenn der Bärwanger, detto MP65 (der einzige Bär der keinen Sender braucht, weil er schon einen hat) auf seiner Klompfn ein Liedchen trällerte oder ein Gedicht aufgesagt hat. Den Sendeabend habe ich immer für's jährliche Fußnägelschneiden verwendet. Konnte man perfekt pediküren, weil sie sich spätestens beim Schlussakt aufrollten. Fünf Markus, setzen! Warum brauchen die am Bozner Mazziniplatz einen Koordinator? Dieser Sender ist schon vor Jahren jeglicher Koordinaten verlustig gegangen - spätestens mit der Absetzung von „Loss lei, hepp schun“. Kult, ich sage nur, Kult. Wer glaubt, der Trash auf RTL2 sei zum Fremdschämen, hat noch nie die Folge gesehen, wo sich der Bauer seine hydraulische Baumschneideschere in den Hosenbund steckt und... Ich schweife ab.

Ich habe immer erst nach der Begrüßungsmoderation eingeschalten, um selbst herauszufinden wohin es den Staatsfunk verschlagen hatte: Schlanders, Sterzing, Innichen... Wie das Sparkasssche „Kennst du deine Heimat“ aus meinen Kindertagen. Da bekommst du eine Ahnung, wie weit diese Seuche namens Weinnachtsmarkt gestreut hat: Jedes Kaff infiziert. Ich bin mir sicher, dieses Jahr hätte es die Fernsehmenschen auf den höchsten Weihnachtsmarkt der Alpen getrieben: Die Enzianalm auf 2.061 m in Hintermartell. Die Marteller hätten es bitter nötig gehabt, weil schon 2019 wegen zu viel Schnee abgesagt wurde. Schon mal dagewesen? Der einzige Indoor-Krimkramsmarkt weltweit. In einem herausgeputzten (sic) Stall. Die perfekte Location für eine lebende Krippe, weil überdacht, ergo, ohne Warmwasserunterwäsche bespielbar. Nur in Pampers – weil Stoffwindeln kann heute niemand mehr – holt sich so ein Christkind sonst ja sofort eine Lungenentzündung. Davon haben wir eh schon zu viele.

Da hätten die Hochzeitsfilmer von Rai Südtirol Bilder machen können: Der Wolf zerfetzt live und in Technicolor Pamperlen, weil die Hirten den Herdenschutz aufgegeben haben, um vor einem ledigen Bastard zu knien. Die drei Weisen aus dem Morgenland: Sars, Covid und Corona, die ihre Gaben Nasen-Mundschutz, Desinfektionsmittel und Meterband darbringen. Und im Grand Finale schlägt der Stern von Bethlehem mit einer Sprengkraft von einer Phantastilliarde Kilotonnen TNT in Südtirol ein. Die von Hintermartell ausgehende Schockwelle macht im Anschluss diesem Virus namens Homo sapiens global, ein für allemal, den Gar aus. Inklusive der Wixer, Schattenparker, ABS-Bremser, Warmduscher…