Politics | Gemeindewahlen 2025

Ein Fall fürs Ehrengericht

Der SVP-Sozialausschuss in Kaltern bringt die Nominierung von Christoph Pillon und Christian Ambach vor das höchste Parteigremium. Wird die Vorwahl für das Bürgermeisteramt wiederholt, hätte Vize-Chefredakteur der Dolomiten Günther Heidegger eine Chance.
SVP Sitz
Foto: Hannes Prosch
  • Die Südtiroler Volkspartei (SVP) kommt in Kaltern nicht zur Ruhe: Weil bei den Vorwahlen für die Bürgermeister-Kandidaten das Drittel-System nicht zur Anwendung gekommen sein soll wie im SVP-Parteistatut, Artikel 25 vorgesehen, kommt der Fall vor das Ehrengericht der Partei. Eingebracht hat die Eingabe der SVP-Sozialausschuss der Gemeinde, da sein Kandidat und Vizebürgermeister Werner Atz bei der Nominierung leer ausgegangen ist. 

    Im Dezember hatte der SVP-Koordinierungsausschuss mit zwölf Stimmberechtigten mehrheitlich entschieden, dass Jugendreferent Christoph Pillon und Gemeindereferent Christian Ambach als Bürgermeisterkandidaten bei den Gemeinderatswahlen antreten. Pillon konnte beim ersten Wahlgang 84 Prozent der Stimmen für sich gewinnen und ist somit klarer Favorit. Im zweiten Wahlgang haben Ambach 58 Prozent und Atz 42 Prozent erhalten. 

    Das Drittel-System sieht laut Parteistatut vor, dass „jede/r Wähler/in an Vorzugsstimmen bis zu einem Drittel der zu Wählenden abgeben“. Bereits im Vorfeld ist festgestanden, dass in Kaltern maximal zwei Bürgermeister-Kandidaten für die SVP antreten. Bei nur einem Wahlgang hätten die Stimmberechtigten auch nur eine Stimme für beide Plätze abgeben können: Ein Drittel von zwei beträgt 0,66 periodisch und wird laut Statut auf eins aufgerundet.

    Das Kalkül des Sozialausschusses ist klar: Hätte es nur einen Wahlgang mit allen drei Kandidaten gegeben, hätten Pillon und Atz am meisten Stimmen erhalten und Ambach hätte den Kürzeren gezogen. Ob das Ehrengericht diese Sichtweise teilt, wird voraussichtlich morgen im Bozner Parteisitz entschieden. Als Zeugen vorgeladen sind die Vorsitzende des SVP-Sozialausschusses in Kaltern, Karin Tanzer, und der Obmann vom SVP-Koordinierungsausschusses in der Gemeinde sowie Jugendreferent, Christoph Pillon. Beide konnten für eine Stellungnahme telefonisch nicht erreicht werden. 

  • Christoph Pillon: Er galt bis jetzt als klarer Favorit, doch nun könnten die Karten neu gemischt werden. Foto: Karriere Südtirol

    Aus Kreisen der Gemeinde ist zu erfahren, dass das Drittel-System nicht ohne Grund im Parteistatut steht. „Es ist das Um und Auf einer Sammelpartei, um auch Minderheiten die Mitgestaltung zu ermöglichen“, sagt ein langjähriges Parteimitglied aus dem Überetsch. Die Nominierung im Dezember ist beim SVP-Sozialausschuss von Kaltern eindeutig nicht gut angekommen, da sowohl Pillon als auch Ambach als Wirtschaftskandidaten gelten. Atz hingegen wird zum linken Flügel der SVP gezählt.

    Wenig später nach der Nominierung sendete der Sozialausschuss eine Mitteilung an die Medien, um dem eigenen Unmut Luft zu machen. „Als Sammelpartei hat die SVP den Auftrag, allen Bereichen der Bevölkerung und Richtungen in der Partei Wertschätzung entgegenzubringen und sie als gleichwertige Partner anzuerkennen“, erklärte der Aussschuss. Diese Forderung hat er nun bis vor das Ehrengericht der SVP getragen. 

    Das Gremium ist derzeit von den Anwälten Christine Mayr im Vorsitz, Ivo Tschurtschenthaler als ihr Stellvertreter und Erwin Dilitz besetzt. Für gewöhnlich tagt das Ehrengericht einmal im Jahr, die Streitfälle sind selten, Sanktionen reichen von der Verwarnung bis zum Parteiausschluss eines Mitglieds. 

    Der Termin zum Fall in Kaltern ist für morgen, Dienstag, 18. Februar, anberaumt. Wenn das Ehrengericht zum Schluss kommt, dass die Nominierung dem Parteistatut widerspricht, müsste das Prozedere wiederholt werden. Das hat insofern politische Brisanz, da sich mittlerweile ein interessanter Überraschungskandidat gemeldet hat: Günther Heidegger ist seit kurzem SVP-Parteimitglied und liebäugelt mit einer Bürgermeisterkandidatur in Kaltern. 

    Der Vize-Chefredakteur der Tageszeitung Dolomiten hatte das zwar bisher ausgeschlagen, doch seit der Machtverschiebung im Hause Athesia scheint sich der Wind gedreht zu haben. Wie berichtet sind Dolomiten-Chefredakteur Toni Ebner und seine Kinder wenige Tage vor Weihnachten von der Athesia AG ausgestiegen. Vorerst wird der Bruder von Handelskammer-Präsident und Athesia-Geschäftsführer Michl Ebner die Chefredaktion der meistgelesenen Tageszeitung in Südtirol aber weiterführen. Doch bereits heute ist der neue Führungsstil von Georg Ebner, der die Geschäftsführung der Unternehmensgruppe ab Mitte 2026 von seinem Vater übernehmen wird, spürbar.  

    Die Entscheidungen am Weinbergweg haben offenbar auch ungewollte Folgen: Wenn das Ehrengericht dem SVP-Sozialausschusses in Kaltern recht gibt, hat der umtriebige Jugendreferent Christoph Pillon mit Günther Heidegger einen ernst zu nehmenden Konkurrenten. 

  • Hinweis: Der Artikel wurde am 17.02.2025 um 22:05 Uhr aktualisiert. 

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Hartmuth Staffler Mon, 02/17/2025 - 20:56

"Eingebracht hat die Eingabe der SVP-Sozialausschuss der Gemeinde, da ihr Kandidat und Vizebürgermeister Werner Atz bei der Nominierung leer ausgegangen ist". Diese Formulierung ist etwas verwirrend. Herr Atz ist ja nicht Kandidat der Gemeinde, wie hier geschrieben wurde, sondern des SVP-Sozialausschusses, wie aus dem Artikel hervorgeht. Dass der Sozialausschuss seinen Kandidaten (und nicht ihren, also den der Gemeinde) durchbringen will, erscheint logisch.

Mon, 02/17/2025 - 20:56 Permalink
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H. Predazzer Tue, 02/18/2025 - 13:20

Das berühmte Statut! Vertreter von Partei-, Vereins-, Verwaltungs- und sonstiger Organe täten gut daran, ihre Statuten genau zu kennen.
Würde man da manchmal nur ein klein wenig nachbohren, müssten viele Entscheidungen zurückgenommen werden.
Ein Ststut oder eine Satzung ist eben dich mehr als nur ein Blattl Papier.

Tue, 02/18/2025 - 13:20 Permalink