Braucht Südtirol den “Superlandesrat”?
Es ist ein gewagter Vorstoß, den der Handels- und Dienstleistungsverband hds in der Person seines Präsidenten Philipp Moser diese Woche gemacht hat. In einem Dolomiten-Interview platzierte Moser die Forderung nach einer Art “Superlandesrat”. Konkret schlägt er vor, einen externen Landesrat für “Südtirols Wiederaufbau” nach der Corona-Krise einzusetzen – ausgestattet mit ressortübergreifenden Kompetenzen.
Dass diese Forderung ein Misstrauensantrag gegen die Landesregierung, Landeshauptmann Arno Kompatscher oder Wirtschaftslandesrat Philipp Achammer ist, bestreitet Moser. Die Landesräte hätten derzeit alle Hände voll zu tun – “gerade deshalb haben sie momentan gar nicht die Zeit und Möglichkeit, sich mit langfristigen Plänen und Maßnahmen zu beschäftigen”.
Dass man beim Land sehr wohl eine Vorstellung hat, wie der Einstieg in den Ausstieg aus der Krise und die Phase 3 aussehen soll, bestätigt unter anderem ein ausführliches Strategiepapier, das bereits ausgearbeitet wurde – aufgrund der staatlichen Vorgaben aber vorerst auf Eis gelegt werden musste – sowie die Ankündigung der Landesregierung, ein Konjunkturpaket für das Post-Corona-Südtirol auf den Weg bringen will.
Beim Südtiroler Wirtschaftsring, wo der hds als Wirtschaftsverband Mitglied ist, hält man von einem “Superlandesrat” nichts. So eine Figur “brauchen wir nicht, wir haben kompetente Politiker mit kompetenten Spezialisten”, sagt SWR-Präsident Hannes Mussak zu RAI Südtirol.
Indes weisen einige Gewerkschaften auf einen ganz anderen Aspekt des hds-Vorschlags hin. Der sei aus demokratiepolitischer Sicht bedenklich. “Man eine von außen berufenen Person ohne politische Legitimierung nicht über eine Milliarde Euro verfügen lassen”, wirft AGB/CGIL-Sekreätr Alfred Ebner ein. Und die SGBCisl-Sekretäre Michele Buonerba und Dieter Mayr schreiben in einer Stellungnahme:
“Mit großer Verwunderung haben wir die Forderung des hds nach einer Art ‘Superlandesrat’ vernommen. Der SGBCisl spricht sich gegen diese Forderung aus. Die Landesregierung hat ihre Sache bis jetzt gar nicht schlecht gemacht, und sie wird auch die kommenden Herausforderungen angehen. Jetzt einen externen, zusätzlichen Landesrat zu fordern, ist nicht nur demokratiepolitisch sehr bedenklich, sondern auch der falsche Weg. Ein guter Neustart kann nur gemeinsam gelingen. Es braucht keinen ‘starken Mann’, der eine Reihe von Zuständigkeiten übernimmt, sondern eine Neugestaltung der Wirtschaft im Sinne der demokratiepolitischen Grundsätze und der Mitbestimmung. Was es braucht ist eine ehrliche und starke Sozialpartnerschaft und eine tiefe Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Politik, um alle Menschen in Südtirol in die Nach-Corona-Zeit mitzunehmen. Es braucht gemeinsam erarbeitete Lösungen, und nicht einseitige Sichtweisen und Ansätze.”