Society | Sozialgenossenschaft

Ein schöner Brauch

Kennen Sie die Geschichte vom Caffè sospeso? Nein? Dann wird es Zeit, der Sozialgenossenschaft „WiaNui“ in der Brixner Stadelgasse einen Besuch abzustatten.
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Foto: Wianui
Vor rund sieben Jahren hat eine Gruppe motivierter Südtiroler Frauen rund um Doris Raffeiner die Sozialgenossenschaft „WiaNui upcycled living“ gegründet. In der Werkstatt, in der neue Bürger und Bürgerinnen die Möglichkeit haben, die Südtiroler Arbeitswelt kennenzulernen, werden Produkte ausschließlich aus gebrauchten Materialien hergestellt und im angrenzenden Verkaufsraum angeboten.
Seit Anfang Mai ist das „WiaNui“ um eine soziale Komponente reicher. Die stählerne Hülle einer ausgediehnten Zapfsäule bildet den Rahmen für die Kaffeemaschine und darüber thront eine alte Teekanne, welche das Geld für den bereitgestellten „caffè sospeso“ aufnimmt.
Der Brauch stammt ursprünglich aus Neapel: Wenn jemand besonders gut gelaunt war und in einer Bar einen Espresso trank, bezahlte er zwei statt einen. Der zweite Espresso war für einen unbestimmten Gast reserviert, der irgendwann die Bar betreten würde. Ab und zu kam jemand vorbei und erkundigte sich, ob einer spendiert worden sei. Es gab zu jener Zeit eben viele Menschen, die sich den Espresso nicht leisten konnten und dankbar waren für diese Geste der Menschlichkeit, die ihnen erlaubte, für kurze Zeit in die Welt des Kaffee-Genusses einzutauchen.
 
 
Nach der für viele Menschen schwierigen Zeit der Covid19-Pandemie braucht die Gesellschaft mehr Menschlichkeit, ist Doris Raffeiner, Präsidentin der Sozialgenossenschaft überzeugt. Sie hat die noble und menschliche Geste des Caffè Sospeso aufgegriffen und diesem in der Brixner Stadelgasse konkret Leben eingehaucht. Eine Tafel mit Kreidestrichen vermittelt dem Besucher umgehend, ob ein „caffè sospeso“ verfügbar ist, während ein Tischchen samt Stühlen zum Verweilen einlädt. „Vor Jahren hat mich diese Idee bei einem Besuch in Neapel gefesselt und nicht mehr losgelassen. Nun war der Zeitpunkt gekommen, diese in die Tat umzusetzen. Es ist wunderbar zu erleben, wie der Caffè sospeso es schafft, jedem ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern“, freut sich Raffeiner.