Politics | SVP

„Laut sein, aber konstruktiv“

Gabriele Morandell über ihre Wahl zur Vorsitzenden der Sozialen Mitte, Konflikte innerhalb der SVP und ihre politischen Ziele.
Gabriele Morandell
Foto: privat
  • SALTO: Frau Morandell, Sie wurden einstimmig zur Vorsitzenden der Sozialen Mitte gewählt, nachdem Ihr Mitbewerber Andreas Pramstraller seine Kandidatur zurückgezogen hat. Provokant gefragt: Scheut die Mitte die Konfrontation?

    Gabriele Morandell: Nein, ganz und gar nicht. Wir haben uns in den letzten Wochen intensiv und kontrovers ausgetauscht – öffentlich wie intern. Ich und Andreas Pramstraller waren zwei neue und zwei gute Kandidaten, die engagiert diskutiert haben und über die engagiert diskutiert wurde. Ich sehe das als Ausdruck gelebter Demokratie. Am Ende hat sich Herr Pramstraller entschieden, in die zweite Reihe zurückzutreten – mit dem Wunsch, eine einstimmige Entscheidung zu ermöglichen. Das war seine Entscheidung. Es war also keine Konfrontationsvermeidung, sondern ein bewusster Schritt in Richtung Geschlossenheit.

    Ging es in den engagierten Diskussionen auch um inhaltliche Grundsatzfragen?

    Ja, es ging um die grundsätzliche Ausrichtung der Sozialen Mitte. Jeder hat sich positioniert, es gab unterschiedliche Vorstellungen. Mein Ansatz ist stark auf Vernetzung ausgerichtet: mit den Gemeinden, mit den Sozialausschüssen, mit anderen SVP-Strömungen – etwa den Frauen oder der Jungen Generation. Wir haben viele Überschneidungen, und da sehe ich großes Potenzial.

  • Der neue Vorstand der Sozialen Mitte: Hannes Unterhofer, Kunhilde von Marsoner, Gabriele Morandell und Andreas Pramstraller. Foto: SVP
  • Was sind inhaltlich Ihre Schwerpunkte?

    Sichtbarkeit nach außen ist mir sehr wichtig. Wir treffen uns regelmäßig, sprechen über politische Themen – das sollten wir auch kommunizieren. Es gibt viele drängende Themen wie leistbares Wohnen, Pflege, Digitalisierung, die Vereinsamung in der Gesellschaft, die Lage von Menschen mit niedrigen Renten. Das sind Entwicklungen, auf die wir reagieren müssen. Die soziale Mitte soll hier hörbar sein.

     

    „Sichtbarkeit nach außen ist mir sehr wichtig.“

     

    In der Pressemitteilung war zu lesen, dass Sie sich besonders für den benachteiligten Mittelstand einsetzen wollen. Was konkret wollen Sie tun?

    Der Mittelstand leidet zunehmend unter der Teuerung. Die Inflation ist gestiegen, Wohnungen sind kaum mehr leistbar – was man sich früher leisten konnte, ist heute oft nicht mehr drin. Gerade hier braucht es konkrete Lösungen, etwa beim Wohnen oder bei der Entlastung von Familien.

  • Gabriele Morandell, die neue Vorsitzende der Sozialen Mitte: „Wenn soziale Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt, dann müssen wir laut sein – mit klarer Stimme und gemeinsam als Team.“ Foto: privat

    Die Soziale Mitte repräsentiert innerhalb der SVP-Familie den linken Flügel – aktuell eine Mindertheit. Wie wollen Sie trotzdem Einfluss nehmen?

    Wir verstehen uns als sozialer Flügel innerhalb der SVP. In einer Partei, die viele Strömungen vereint, ist das wichtig. Rechts gibt es genug Stimmen, wir wollen das soziale Gewissen sein. Das bedeutet auch: laut sein, klar Position beziehen, aber immer konstruktiv. Ich denke, dass ich als Volksanwältin bereits zeigen konnte, wie man auch durch beharrliche, sachliche Kritik Veränderungen erreichen kann.

    Wie ist denn die Rolle der Sozialen Mitte innerhalb der SVP zu verstehen? Sehen Sie sich als Außenseiter?

    Nicht als Außenseiter, aber wir vertreten bewusst soziale Themen: Nichtdiskriminierung, Gerechtigkeit, Teilhabe. Wir wollen innerhalb der Partei Impulse setzen – für jene, die oft keine starke Stimme haben.

     

    „Rechts gibt es genug Stimmen, wir wollen das soziale Gewissen sein.“

     

    Kritiker werfen der SVP vor, es allen recht machen zu wollen – und damit letztlich niemandem. Fehlt es der Partei an klarer Positionierung?

    Ich sehe das nicht so. Die SVP ist eine Partei, die die deutsch- und ladinischsprachige Minderheit in Südtirol vertritt – und das seit Jahrzehnten. Ja, es gibt viele Meinungen und Interessensgruppen, aber gerade das macht sie stark. Eine Zersplitterung in viele Kleinparteien würde unserer politischen Schlagkraft schaden.

    Verstehen Sie sich auch als Vermittlerin innerhalb dieser Strömungen?

    Ja, auch das gehört zur Mitte. Ausgleich zu schaffen, Brücken zu bauen. Aber wir wollen auch das soziale Gewissen der Partei sein. Wenn soziale Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt, dann müssen wir laut sein – mit klarer Stimme und gemeinsam als Team.

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opa1950 Wed, 06/18/2025 - 11:35

Soziale Mitte in der SVP. Gibt es die denn eigentlich. Alles nur noch Show. Die Amhof hat schon gewusst wieso sie dieses Amt aufgeben hat. Und die Morandell war sicher froh wieder eine leitenden Position zu erhalten. Aber von Sozialer Mitte ist in der SVP keine Spur.

Wed, 06/18/2025 - 11:35 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Wed, 06/18/2025 - 11:46

"....mit dem Wunsch, eine einstimmige Entscheidung zu ermöglichen. "
Wenn, um einstimmige Entscheidungen zu ermöglichen, auf Konkurrenz und damit auch auf Konfrontation verzichtet wird, schaffen diese Damen und Herren die Demokratie Schritt für Schritt langsam ab. Traurig!

Wed, 06/18/2025 - 11:46 Permalink