Society | Biolebensmittel

Bio-Lebensmittel bald in den Medizinschränken?

Wem tun wir mit dem Kauf von Bio-Lebensmitteln etwas Gutes? Der Umwelt? Den Tieren? Oder schaut auch für unsere Gesundheit etwas raus?

Mit dem Kauf von biologischen Lebensmitteln wollen viele von uns einen Beitrag zu Umweltschutz, artgerechter Tierhaltung und nachhaltigem Wirtschaften leisten. Doch wollen wir auch etwas dafür haben, eine Gegenleistung, und hoffen auf gesundheitliche Vorteile, die im besten Fall sogar Medikamente überflüssig machen. Sind die großen Erwartungen und das steigende Vertrauen in Bio-Lebensmittel gerechtfertigt?

Bereits 2009 war von der britischen Lebensmittelbehörde FSA eine Studie in Auftrag gegeben worden, die untersuchen sollte, ob Bio-Lebensmittel sich auch in ihrer Zusammensetzung und in ihrem Nährwert von konventionell hergestellten unterscheiden. Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse machte sich Ernüchterung breit: Es gibt keine signifikanten Unterschiede. Und als auch Wissenschaftler der Stanford University in Kalifornien 2012 alle bis dahin veröffentlichten Daten zu gesundheitlichen Vorteilen biologischer Lebensmittel gegenüber konventionellem Essen durchsahen, fanden sie keinen eindeutigen Beweis für die Annahme, dass Bio-Lebensmittel nährstoffreicher sind oder ein geringeres Gesundheitsrisiko bergen.

Einen wirklichen Vorteil für Bio-Lebensmittel konnten die Forscher nicht ausfindig machen: Der Vitamingehalt unterschied sich kaum, Fette und Proteine waren ebenso ähnlich verteilt. Und selbst Krankheitserreger kamen in keiner der beiden Gruppen häufiger vor.

Eines könne aber "Bio" dennoch, schrieben die Forscher im Fachmagazin "Annals of Internal Medicine": Bio-Essen verringert demnach das Risiko, Pflanzenschutzmittel zu sich zu nehmen. Doch auch bei den niedrigeren Pestizidgehalten der Bioprodukte sei nicht klar belegt, dass sie der Gesundheit nutzen: Zwar können manche Pestizide das Krebsrisiko steigern - allerdings in viel höheren Dosen, als sie in der Regel auf Obst und Gemüse zurückbleiben. Verordnungen regeln genau, wie viele Pestizidrückstände Lebensmittel enthalten dürfen, um die Gesundheit nicht zu gefährden. Selbst wenn der Höchstwert überschritten werde, müsse dies nicht bedeuten, dass der Rückstand ein Risiko für den Verbraucher darstelle, erklärte Nele Boehme vom Bundesinstitut für Risikobewertung gegenüber Spiegel online. Zu groß sind die Puffer nach oben.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace schloss sich 2012 den Erkenntnissen der Stanford-Studie an: "Wir sagen nie, dass Bio gesünder ist". Beim biologischen Anbau werde auf Pestizide verzichtet, was sich positiv auf Mensch und Umwelt auswirke. Ähnlich sah das Gerald Wehde, Sprecher des Anbauverbands Bioland:

"Die Gesundheit ist nicht unser Hauptkampffeld. Kernziel der Öko-Landwirtschaft ist es vielmehr, die Umwelt zu erhalten. Gewässerschutz, Klimaschutz, Artenschutz, Bodenqualität - da erbringen wir eine große ökologische Leistung."

Und doch assoziieren die meisten Menschen mit "Bio" eben nicht nur eine artgerechte Tierhaltung und schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen, sondern erwarten sich auch positive Auswirkungen auf ihre Gesundheit. Somit stellt sich nach den in dieser Hinsicht durchwegs enttäuschenden Studienergebnissen die Frage:

Der Bioanbau tut vielleicht zwar der Umwelt gut, ob wir aber Biogemüse essen oder nicht, macht für unsere Gesundheit keinen Unterschied?

Für Optimismus könnte eine am 26. Juni dieses Jahres im British Journal of Nutrition erschiene Meta-Studie – die umfassendste bisher – sorgen, die klare Unterschiede in den Inhaltsstoffen von Lebensmitteln aus biologischem und konventionellem Anbau bestätigt. So enthält Biokost deutlich mehr Antioxidantien, dafür nur halb so viel von dem Schwermetall Kadmium und weniger Nitrat und Nitrit. Auch die Pestizidrückstände sind um das Vierfache geringer, wie die Forscher berichten. Das zeige, dass nicht die Natur, sondern auch die menschliche Gesundheit vom biologischen Anbau profitiere.

"Die Debatte bio versus konventionell schwelt schon seit Jahrzenten, aber die Belege aus unserer Studie sind überwältigend", konstatiert Carlo Leifert, Studienleiter von der Newcastle University. Biokost enthalte mehr gesunde Inhaltsstoffe und weniger schädliche Schwermetalle und Pestizide. Wie sich dies nun konkret auf die Gesundheit auswirkt, müsse aber noch erforscht werden.

Langzeitstudien, die sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen der Ernährungsweisen beschäftigt, sind noch ausständig. Und doch liegt für viele, darunter auch Bioland Südtirol, die Schlussfolgerung schon nahe: Wenn man sich mit Biokost ernährt, dann tut man auch seiner Gesundheit etwas Gutes.

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Christian Mair Fri, 07/18/2014 - 17:25

Sollte nicht die Beweislast umgekehrt werden, indem nachgewiesen werden muss, dass konventionelle Produkte gleich oder besser sind als Bopprodukte?

Fri, 07/18/2014 - 17:25 Permalink