Chronicle | Nigeria

Landkonflikte und Klimawandel

Konflikte zwischen Bauern und nomadischen Viehzüchtern fordern 522 Tote
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Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist über die eskalierende Gewalt zwischen Viehzüchtern und Bauern im Zentrum Nigerias besonders besorgt. Während sich die Weltöffentlichkeit hauptsächlich auf die Gewaltwelle der radikal-islamischen Sekte Boko Haram konzentriert, spitzt sich der Konflikt zwischen Bauern und Viehzüchtern seit Jahrzehnten zu. Trotz der erschreckenden Zahlen - seit Januar 2014 wurden mindestens 522 Menschen getötet -scheint die Regierung des Landes nur hilflos zuzuschauen.
Erst vor einigen Tagen, am 14. Juli, wurden 68 Menschen bei drei Überfällen mutmaßlicher Fulani/Fulbe-Hirten in Zentral-Nigeria getötet: Mindestens 52 Muslime starben, als im Distrikt Gidandawa (Bundesstaat Zamfara) schwer bewaffnete Fulani in ein Dorf stürmten und wahllos Kinder, Frauen und Männer erschossen. In einem Massengrab wurden 40 Opfer noch am gleichen Tag beigesetzt. Weitere fünf Menschen starben in den Außenbezirken des Ortes Barkin Ladi (Distrikt Rakung, Bundesstaat Plateau) und bei Angriffen auf die Dörfer Ganlang und Zama Dede (Distrikt Pilgani, Bundesstaat Plateau) starben weitere elf Menschen.
Zwischen dem 25. und 29. Juni 2014 wurden mehr als 20 Dörfer im Bundesstaat Kaduna von mutmaßlichen Fulani-Hirten angegriffen und zerstört wurden. Mindestens 200 Menschen wurden dabei getötet, 690 Häuser, drei Kirchen und 50 Geschäfte wurden niedergebrannt. Mehr als 15.000 Bauern flohen daraufhin aus der Region.
Geschürt von den Folgen des Klimawandels werden die seit Jahrzehnten bestehenden Konflikte zwischen Bauern und Hirten immer blutiger. 35 Prozent des Weidelandes in Nord-Nigeria sind in den vergangenen 50 Jahren zu Wüsten geworden und die Hirten sind gezwungen, neues Weideland im Süden des Landes zu suchen. Dabei kommen sie mit sesshaften Bauern in Konflikt, die meist einer anderen Volksgruppe und manchmal auch einer anderen Religion angehören. Der Kampf um die Kontrolle des Landes wird so schnell zum Religionskrieg abgstempelt. Anstatt nach einer nachhaltigen Lösung zu suchen und die reale Gefahr einer Überlagerung von Landeskonflikten und Religionskonflikten zu vermeiden, bezichtigt Staatspräsident Jonathan Goodluck die Fulani einheitlich des Terrorismus und vergisst dabei, dass die nigerianischen Behörden bereits vor Jahrzehnten den 15 Millionen Nomaden neues Weideland versprochen haben, ohne dieses Versprechen je umgesetzt zu haben.