Brauchen wir eine Euregio-Regierung?
Zuerst die Verdienstkreuze, nun der Tiroltag im Rahmen des Forums Alpbachs. Der Austausch über den Brenner ist traditionell intensiv in diesen Ferragosto-Tagen. Laut den allgemeinen politischen Bekundungen soll er jedoch auch während des restlichen Jahres beständiger werden. „At the Crossroads: Fortschritt oder Stillstand in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino“ lautet bezeichnenderweise das Motto des diesjährigen Tiroltags, der am Sonntag Vormittag von den drei Landeshauptleuten Günther Platter, Arno Kompatscher und Ugo Rossi sowie dem Präsidenten des Forum Alpach Franz Fischler eröffnet wird.
Das Navigationsinstrument, das dazu beitragen soll, dass die mittlerweile unter dem wenig publicityträchtigen Namen EVTZ (Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit) firmierende Europaregion an der Kreuzung die Abzweigung in Richtung Fortschritt nimmt, heißt Euregio-Lab. Ein 13-seitiges Strategiepapier, erstellt von WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen aus Bereichen wie Recht, Wirtschaft, Geschichte oder der Verwaltung. Der Inhalt? Eine ganze Reihe an Vorschlägen, wie die Zusammenarbeit der drei Provinzen verstärkt werden kann.
Aus aktuellem Anlass hat Tirols Landeshauptmann Günther Platter in diesen Tagen bereits die Idee einer engere Zusammenarbeit der Wetterdienste oder im Bereich Notfallmanagement vorweggenommen. Unter den weiterem Impulsen im Strategiepapier finden sich aber auch so unterschiedliche Initiativen wie eine Euregio-Family-Card oder ein grenzüberschreitendes Forschungszentrum zum Klimawandel, die Angleichung der Autobahnmauten auf Nordtiroler Niveau wie die Organisation und Durchführung gemeinsamer Sportveranstaltungen oder die Stärkung von Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie mit Volksbefragungen oder dem Petitionsrecht.
"Die drei Landeshauptleute sind die politischen Chefs."
Noch bevor die einzelnen Vorschläge in Alpbach einer politischen Analyse unterzogen worden, erteilte der Tiroler Landeshauptmann einem davon in der Tiroler Tageszeitung bereits eine klare Absage: der von der ExpertInnen-Gruppe propagierten Regierung für den EVTZ. Das Modell dafür? Die Europäische Union mit ihren Entscheidungshierarchien Rat, Ministerräte und Kommission. Eine Vision, die zumindest Günther Platter eindeutig zu weit zu greifen scheint. Er kann laut TT nicht einmal der Ernennung eines Direktors etwas abgewinnen, der auf operativer Ebene für die Umsetzung der Vorhaben und Beschlüsse zuständig ist. „Wir haben bereits einen Generalsekretär im EVTZ-Büro, es benötigt keinen eigenen Koordinator“, zitiert ihn die Tiroler Tageszeitung. Wesentliche mehr Sympathie als für eine personelle Aufblähung des Euregio-Apparats hegt Tirols Landeshauptmann für eine bessere Verschränkung der Verwaltungsebenen und der Regierungsbüros in den drei Ländern. Institutionell soll also auch an der Abzweigung in Richtung Fortschritt nicht an bestehenden Machtstrukturen gerüttelt werden. Denn, so Plattner: „Die drei Landeshauptleute sind die politischen Chefs, das funktioniert sehr gut.“