Politics | BBT

Am Ende schaut man in die Röhre.

Bei Baumkirchen im Inntal steht eine Kapelle. Erbaut wurde sie 1986 im Namen der heiligen Jungfrau Maria, um den Kampf gegen ein fürchterliches Ungeheuer zu heiligen: Den Kampf gegen den ausufernden Transitverkehr, der Tag und Nacht einen unendlichen Strom aus Waren und Menschen von Deutschland über den Brenner nach Italien und zurück bringt. Ein fließender Moloch, der das Land mit Krach und Gift kaputt macht, der Flora und Fauna mit Qualm erstickt und der dem Tourismus schadet.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

26 anni dopo la costruzione di quella piccola cappella in Tirolo il progetto della Galleria di Base del Brennero ha assunto, secondo la stampa, la fase concreta di costruzione principale. Una volta completato, questo progetto BBT promette di vincere proprio quella lotta contro il traffico di transito a cui la piccola cappella di Baumkirchen e’ dedicata. Con 64 km (compresi i tunnel di accesso) sarebbe la galleria ferroviaria più lunga del mondo, e supererebbe i  57 km della galleria di base del San Gottardo, da poco completata in Svizzera.

Ist es also nur noch eine Frage der Zeit, bis wir den Transitverkehr bändigen werden?  Werden wir tatsächlich den Moment erleben, ab dem Ruhe einkehrt in den Tälern entlang der Transitstrecken? Nun, wir werden sehen. Aber über so Einiges lohnt es sich, auch jetzt schon zu sinnieren.

BBT. A Big Big Tube means Big Big Money.

(Eisenbahntunnel. Willi Dörr / Pixelio.de)

Seit Jahren verfolge ich nun Podiumsdiskussionen und Presseberichte zum Brennerbasistunnel. Oft schon habe ich Sepp Kusstatscher, ex Europaabgeordneter  und ehemals Co-Sprecher der Grünen Verdi Vërc, darüber referieren hören, welche Unsummen für Bau von BBT und Zulaufstrecken aufzubringen sind. Von Befürwortern wurde und wird das dann immer darauf reduziert, die Meinung von Sepp sei die, der BBT sei eh nicht finanzierbar, und das „werde man dann schon noch sehen“.

Dies mag zwar korrekt sein, aber letztlich nur eine Verkürzung von dem, was Sepp eigentlich meinte: selbstverständlich ist der BBT samt Zulaufstrecken nicht finanzierbar, außer es wird unheimlich viel Steuergeld anderswo abgezogen. Denn es wird genug Verrückte und Bauwütige geben, die auf das Große Loch versessen sind.   Was aber schließlich bedeutet, dass das Geld eben woanders fehlt.

Vierundzwanzig (24) Milliarden Euro, das ist die offizielle Hochrechnung (2009) des Österreichischen Rechnungshofes für Bau und Finanzierung des Brennerbasistunnels, zusammengesetzt aus 12 Milliarden für die Republik Österreich, und nochmal so viel für den italienischen Teil. Die Kosten der Zulaufstrecken sind in dieser Summe noch gar nicht eingerechnet und dürften den Betrag locker verdreifachen.

Vierundzwanzig Milliarden Euro. Peanuts?

(Money, money, money. Tim Reckmann / Pixelio.de)

Damit sich jeder vorstellen kann, was das bedeutet, wenn 24 Milliarden Euro woanders fehlen, lohnt es sich die Zahl in greifbare Zahlen umzurechnen. Was kaufen wir uns schon für einen Meter BBT?

  • Mit 3 Meter BBT bauen wir einen voll ausgestatteten Kindergarten mit 4 Sektionen.
  • Mit 500 Meter BBT kaufen wir uns ein Krankenhaus mit 1200 Betten, über 200 Behandlungszimmern und 38 voll ausgestatteten OP-Sälen nebst Hubschrauberlandeplatz.
  • Und schließlich: mit 1km BBT, bezahlen wir die Studiengebühren, die eine Viertelmillion Studenten pro Jahr an italienischen Universitäten entrichten müssen.

Nota bene: das Unterrichtsministerium berichtet aktuell von ca. ca. 270.000 Studenten, die sich jährlich als Erstsemester einschreiben. Wir könnten also 55 Jahre lang alle neu eingeschriebenen StudentInnen eines Jahrgangs von der Gebühr befreien. Sparen in der Bildung ist teuer: die Folgen belasten den Einzelnen, aber auch die Gesellschaft, darum sind Investitionen in gute Bildung aller Jugendlichen auch eine Riesenchance für die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft.

(Kostenfalle BBT. Christoph Moar)

Und eine letzte Zahl, so als Zuckerle. Mit zwei bis vier Zentimeter BBT finanzieren wir eine durchschnittliche Jahresrente - oder stocken gleich mehrere davon auf ein für ein würdiges Leben notwendiges Niveau herauf.

Weniger Kindergärten. Gestrichene Krankenhäuser. Kein Geld für Bildung. Miserable Renten. Aber wie kommen die Container auf den Zug?

Das Geld wird also schmerzlich woanders fehlen. Es lohnt sich, noch weiter über den BBT nachzudenken. Wer die Zeitungsberichte liest, dem fällt auf: nicht die Verkehrswirtschaft fordert den BBT, sondern die Bauindustrie! Diese ist nun seit Jahrzehnten hinter dem Projekt her und hat den BBT zu einem Dogma erhoben. Nun beten so viele diese Litanei der Notwendigkeit nach. Die Transportindustrie aber schweigt geflissentlich.

Experten und Umweltschützer erheben derweil mahnend die Stimme, dass keineswegs gesichert ist, dass die Schwerlasten dann auch wirklich auf die Bahn gebracht werden. Über 200 Züge fahren heute täglich über den Brenner. Nach Fertigstellung des BBT sollen es 400 sein, viel schneller als heute. Zum Mitschreiben: alle 3,6 Minuten ein Zug!

(Brennerbahn. Erich Westendarp / Pixelio.de)

Bis heute gibt es kein Konzept und keine konkreten Projekte für den Ausbau der Zulaufstrecken, um den Tunnel auch gut anbinden und bewirtschaften zu können. Zum Teil ist noch nicht einmal der Trassenverlauf festgelegt, wie zum Beispiel zwischen Waidbruck und Bozen oder zwischen Kuftstein und Rosenheim. Fachleute schätzen übrigens die Kosten der Zulaufstrecke Franzensfeste - Verona auf etwas zwischen 30 und 50 Milliarden Euro. Lasst uns das mal bitte in Kindergärten umrechnen!

Kann der Umstieg auf die Bahn erzwungen werden?

Das Hauptproblem: wie kann man den Umstieg auf die Schiene erzwingen, wenn die EU aus Wettbewerbsgründen und den Prinzipien des freien Marktes keine steuernden Eingriffe ermöglicht? Die Schweiz hat es leicht: als Nicht-EU Land wird die LKW-Maut solange erhöht, bis die Bahn für die Fuhrunternehmen wirtschaftlicher ist. Und für die, die immer noch LKW fahren möchten, vergibt die Schweiz einfach Quoten. Mit so einem Szenario könnte ich mich auch anfreunden: nur die Hälfte dessen, was durch den Tunnel fährt, darf auf der Autobahn passieren.

(LKW Verkehr. Erika Hartmann / Pixelio.de)

Ob das je zustande kommen wird, steht aber in den Sternen. Wir sind hier bei uns nicht mal in der Lage, die Geschwindkeiten einhalten zu lassen: die Betreibergesellschaft A22 hat sich bisher immer gegen die Einführung der automatischen Geschwindigkeitskontrollen auf der Autobahn („Tutor“ System) ausgesprochen. Und zwar nicht, weil sie nicht funktionieren würden. Sondern weil die Technologie in der Hand der anderen Autobahngesellschaften liegt. Und dort beliebt es nicht einzukaufen.

Die Verlagerung des Güterverkehrs benötigt den entsprechenden politischen Willen: Wir hätten, bei gleichen Bedingungen wie in der Schweiz, ohnehin statt knapp 2 Mio. LKWs auf der A22 laut Aussagen von Experten jetzt schon bloß eine Million LKWs. Die von den Umweltschützern und den Grünen Verdi Vërc geforderte Alpentransitbörse wäre ein solcher konkreter Anreiz zur Umlagerung des LKWs auf die Schiene bzw. zu anderen Strecken. Studien belegen, dass die Schweiz mit der Alpentransitbörse die Zahl ihrer LKW Fahrten über vier Transitrouten auf 650.000/Jahr zu deckeln wüsste, für den Brenner würde man weniger als eine Million kalkulieren.

Klar ist: Die Frächter werden nur dann die Bahn wählen, wenn sie billiger als die Autobahn ist oder wenn sie gesetzlich dazu gezwungen werden.  Es verwundert also, warum nicht heute schon Sofortmaßnahmen gegen den Umwegverkehr auf der Autobahn eingeführt werden: Der BBT müsste doch nun wirklich lange genug als Ausrede gedient haben, diesbezüglich nichts zu unternehmen.

Zahlreiche Logistikunternehmen haben ihre Firmensitze zum Großteil bereits nach Osteuropa verlegt, auch die LKW Fahrer stammen aus den Neuen Ländern. Fraglich, ob die Rücksicht, die auf diese Lobby bisher geübt wurde, deshalb noch angebracht ist. Was hindert eigentlich unsere Politik  daran, die Maut zu vervierfachen? Und was war eigentlich der Grund, warum kein Nachtfahrverbot eingeführt wird?

(LKW Transportpolitik. Jens Märker / Pixelio.de)

Alte Zuggarnituren auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke?

Was mir noch widersprüchlicher erscheint: auf den modernen Hochgeschwindigkeitsstrecken in Europa dürfen keine konventionellen Güterzüge fahren, jedenfalls keine mit den üblichen Bremssystemen, keine offene Waggons und keine gefährlichen Güter wie brennbare, explosive und giftige Produkte.

Ist der BBT etwa als moderne Bahn für Hochgeschwindigkeits-Personenzüge geplant? Was passiert mit den alten klapprigen Güterzügen: werden die auf der Bestandsstrecke weiterrollen? Selbst wenn es bis 2030 möglicherweise technische Lösungen geben sollte, die den Mischverkehr entgegen heutiger Erfahrungen ermöglichen sollen, bleibt mir eine unheimliche unternehmerische Überlegung: Eine abbezahlte Bestandsstrecke, die geringere Betriebskosten als ein High Tech Tunnel hat, wird immer eine gigantische ökonomische Anziehungskraft auf „billigere“ Transporte ausüben, die trotz BBT ihren Weg damit weiterhin auf der Bestandsstrecke finden wollen.

Grüziwohl. Die Eidgenossen sind verkehrspolitisch einfach schlauer.

Unsere lieben Nachbarn, die Schweizer. Nicht nur in der direkten Demokratie ein Vorzeigeland. Auch Verkehrspolitisch einfach wiffer. Merke: die Mautkosten von Rosenheim bis Verona betragen für einen LKW der besten Schutzklasse ca. 105 EUR, bei einem Durchschnittspreis von 28c/km. Die „Konkurrenzstrecke“ Basel-Chiasso verlangt eine LKW Maut von ca. 70c/km.

Chapeau, liebe Eidgenossen. Einfache Maßnahme, aber effektiv. Eine vernünftige Mauterhöhung ist die Voraussetzung, damit wir endlich den Umwegverkehr los sind, der die Brennerstrecke nur wegen der Kosten auswählt, trotz bedeutend längerer Strecke. Seriöse Schätzungen sprechen von rund einem Drittel der Fahrten, die einen Umweg fahren, um der teureren Schweiz auszustellen. Auch die Bahn östlich von uns, die so genannte Tauernstrecke, hätte Kapazitäten frei; sie ist nur zu 12% ausgelastet.

Der Ausbau der Häfen (zum Beispiel Gioia Tauro in Kalabrien und die La Spezia, Genua und Savona in Ligurien) wäre die nächste Maßnahme, um den Warenverkehr nach Italien per Schiff statt von Rotterdam aus per LKW zu organisieren.

(Hafen. Klaas Hartz / Pixelio.de)

Zum Mitschreiben: Umwegverkehr sofort abschaffen.

  • Inbetriebnahme der neuen Schweizer Linien.
  • Ausbau der italienischen Hafeninfrastruktur.
  • Kostenwahrheit bei der LKW Maut.

Einspruch, euer Ehren!

Ich frage mich aber wirklich: müssen wir so viele Waren hin- und hertransportieren? Machen wir es kurz und schmerzlos: Regionale Wirtschaft, weniger Überproduktion, maßvoller und bewusster Konsum, Kostenwahrheit im Verkehr, schrumpfende Bevölkerungszahlen. Einspruch also: wieso soll da der Verkehr immer weiter steigen?

Innovation und Arbeitsplätze. Mit der Modernisierung und Potenzierung der bestehenden Bahn.

Der Schlüssel zu einer sofortigen Entlastung und zu mehr Lebensqualität liegt vielleicht wieder einmal in echter Innovation. Die bestehende Eisenbahn müsste eigentlich aufgewertet werden, statt auf den technischen Stand der letzten Jahrzehnte hinweg zu dümpeln. Der Bahnhof am Brenner ist illustres Beispiel für die Schlamperei und Geringschätzung des Bahnverkehrs. Die dringend notwendige Modernisierung der bestehenden Bahn würde nur Bruchteile kosten, einen schnelleren Nutzen bringen und mehr Arbeitsplätze schaffen. Und vor allem: Es würde Arbeit bringen, die der heimischen Wirtschaft viel mehr Beteiligungsmöglichkeiten bietet, in Form von Einhausung und Lärmschutzwänden.

(Kann Südtirol schöneren Lärmschutz bauen? Willi Dörr / Pixelio.de)

Wir könnten sogar einen Exportschlager entwickeln: die Südtirol-Lärmschutzwand und die Südtirol-Einhausung. Warum denn nicht? An der Freien Universität Bozen gibt es eine Fakultät für Naturwissenschaften und Technik, an der Eurac ein Institut für Regionalentwicklung mit einer Forschungsgruppe Verkehr und Mobilität, und das Fraunhofer-Institut für Bauphysik aus Holzkirchen ist mit Südtirol  schon gut vernetzt.

Und wir haben in Südtirol führende Unternehmen des Hoch- und Tiefbaus. Alle zusammen könnten ein Modell für die “Südtirol-Lärmschutzwand” bzw. das “Südtirol-Modul-Einhausung” entwickeln. Dieses Produkt müsste mit konsequenter politischer Unterstützung durch die italienischen Zertifizierungen gebracht werden und mit öffentlichen Pilotprojekten entlang der Brennerachse angeschoben werden. Dies schafft modernes exportfähiges Know-How und ein innovatives Produkt, das zuallererst der Südtiroler Bevölkerung zugute kommt.

Man müsste halt nur drauf kommen. Vielleicht helfen ein paar Stoßgebete bei der Muttergottes in der Tunnel-Kapelle von Baumkirchen.

Christoph Moar

http://christophmoar.it

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David Gruber Thu, 10/17/2013 - 19:42

Also laut Wikipedia (gebe zu, nicht wirklich die seriöseste Quelle): "Die prognostizierten Gesamtkosten zum 1. Januar 2010 betragen 8,062 Mrd. Euro. Darin sind neben den Baukosten, der Bahntechnik, Studien, Planungen und Projektmanagement auch über eine Milliarde Euro für Risiken berücksichtigt."
Wie kommst du auf die 24 Mrd. bzw 63. Mrd €?

Thu, 10/17/2013 - 19:42 Permalink
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Christoph Moar Fri, 10/18/2013 - 09:20

In reply to by David Gruber

Hallo David,

die Quellen gebe ich dir unten gerne an. Zunächst vorweg: die Kosten des BBTs wurden jahrelang mit 4,5 Mrd genannt (Zahlenmaterial 2002), dann auf 6 Mrd erhöht (Zahlenmaterial 2007), und nach deinem Wikipedialink nun auf 8 Mrd. genannt. Das dumme daran ist, dass dabei Dinge wie Finanzierungskosten stets rausgerechnet werden. Die Zinsen sind ja uninteressant, es ist viel schöner wenn wir die reinen Planungs- und Baukosten nennen.

Nun, wie uninteressant die Zinsen sind weiss jeder, der schon mal einen Hypothekarkredit aufgenommen hat. Bei 30 jähriger Laufzeit macht der Zinsdienst schon einen beträchtlichen Anteil aus. Bei einer 50jährigen Finanzierung, wie für den BBT geplant, wird allein der Zinsanteil die Kosten verdoppeln.

Beispiel?
Ein Kredit über 1 Mio euro, bei 4% Verzinsung und 50 Jahren Rückzahlung, wird am Ende 2,3 Mio Euro Zins- und Tilgungsaufwand verusacht haben. Bei 5% Verzinsung wären es bereits die 2,7 Mio Euro. Für die Finanzierungspartner ein einträgliches und sicheres Geschäft. Das ist selbstverständlich nur ein Beispiel. Natürlich fällt der Finanzierungsbedarf nicht "auf einen Schlag" an, sondern wir Jahr über Jahr erhöht, man muss die Rechnung also durchaus differenzierter machen.

Genau aus diesem Grund hat sich der Österreichische Rechnungshof 2009 mit dem Projekt eingehend auseinandergesetzt und die von der BBT SE genannten Preise einer kritischen Revision unterzogen, auch unter Berücksichtung der Finanzierungskosten. Dabei sind die für die Alpenrepublik Österreich genannten Kosten von 12 Mrd. Euro offiziell errechnet worden, für den italienischen Part nochmal ungefähr dasselbe. Diese Zahlen des Rechnungshofes sind von politischer Seite zur Kenntnis genommen worden, und auch von offizieller Seite seither nie als falsch bezeichnet worden. Die Berechnung des Rechnungshofes ist für mich als sehr seriös einzustufen. Hier die Kurzfassung der Ausschusssitzung im Österreichischen Parlament (http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2009/PK0318/).

Der Link zum Dokument des Rechnungshof selbst scheint nicht mehr aufrecht zu sein, hier aber noch einen kleinen Pressebericht der Tiroler Tageszeitung, die die 12 Mrd. für die Alpenrepublik bestätigt (http://www.tt.com/home/3999956-91/%C3%B6sterreich-zahlt-12-mrd.--f%C3%B…).

Was die Zulaufstrecken angeht: Fachleute schätzen die Kosten der Zulaufstrecke Franzensfeste - Verona auf etwas zwischen 30 und 50 Milliarden Euro. Das Delta entsteht daher, da selbst der Trassenverlauf noch nicht eindeutig feststeht. Für eine detaillierte Kalkulation dazu ist das Zahlenmaterial sehr ausführlich, zu ausführlich, um es hier im Kommentar zu verpacken. Herr Campidelli hat bereits angedeutet, in 10 Tagen eine diesbezügliche Veröffentlichung zu machen, so dass ich gerne darauf verweise. Du wirst sehen - da wird vernünftig gerechnet.

Diese ganze Zahlenspiele sollen dabei aber nur verdeutlichen, welche ökonomischen Kompromisse wir BürgerInnen für diesen Bau eingehen müssen: bei Rente, Schule und Sanität wird gespart. Dazu halst man der leidgeprüften Bevölkerung entlang der Transitroute 30 Jahre Baustellenbetrieb auf. Und man verzichtet bewusst auf Sofortmaßnahmen. Denn wenn man diese Sofortmaßnahmen umsetzen würde (siehe meinen Artikel), würde der Umwegverkehr wegfallen (und damit das Verkehrsaufkommen auf der A22 halbiert). Und die Lärmemissionen entlang der Bestandsstrecke reduziert (und damit die Bevölkerung entlastet). Nur - wenn das eintreten würde, würden die Voraussetzungen fehlen, um den BBT überhaupt zu bauen. Da dies nicht sein darf, wird billigend in Kauf genommen, die Bevölkerung weitere 30 Jahre leiden zu lassen.

Fri, 10/18/2013 - 09:20 Permalink
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David Gruber Fri, 10/18/2013 - 10:26

In reply to by David Gruber

Hallo Christoph, danke für den Quellennachweis. Gibt es eigentlich von offizieller Seite des BBT-SE eine Stellungnahme zu deinem Artikel? Bzw. hast du sie mal mit deinen Zahlenspielereien konfrontiert?

Eine LKW-Mauterhöhung für die A22 kommt wahrscheinlich deshalb nicht in Frage, weil bei Abschaffung des Umwegverkehrs der Brennerautobahn S.p.A. (und damit dem Land) wichtiges Einkommen verloren gehen würde. Die Südtirol-Bahn transportiert halt (noch) keine LKWs ;)
Eine Mauterhöhung würde sich im Endeffekt sowieso wieder nur auf den Verbraucher niederschlagen: Die transportierten Produkte sind dann im Endverkauf eben teurer, um die Maut wieder reinzubekommen...

Fri, 10/18/2013 - 10:26 Permalink
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Christoph Moar Fri, 10/18/2013 - 13:19

In reply to by David Gruber

Hallo David. Dein Hinweis, dass eine Mauterhöhung im Endeffekt sich sowieso nur auf den Verbraucher niederschlagen würde, stimmt, aber nur zum Teil. Erstens ist es eigentlich nur eine Frage, ob diese Kosten internalisiert oder externalisiert werden. Heute sind sie externalisiert - das heisst, das Unternehmen zahlt sie nicht, dafür die Allgemeinheit (durch Subventionierungen der Infrastruktur, durch Subventionierungen von Schallschutzmaßnahmen, durch Zahlung der Krankenkosten der betroffenen Bevölkerung). Würde man die Maut erhöhen, so würde ein Teil dieser Kosten internalisiert, also direkt dem Produkt zugeordnet. Das ist immer positiv, da es dann in der Hand des Verbrauchers liegt, diese Kosten bewusst zu tragen, wenn er/sie es will. Beispiel: bei höheren Transportkosten sind spanische Tomaten und Salatköpfe vielleicht nicht mehr so attraktiv, und plötzlich sind die Produkte eines Klausner Bauern auch preislich interessant!

Und zweitens: eine Mauterhöhung würde eben den Umwegverkehr abschalten. Ca. 2 Mio Lkw Fahren über den Brenner, die Hälfte davon ist Umwegverkehr, der nur deshalb über den Brenner fährt, weil die Strecke über Chiasso zwar kürzer, aber dreimal so teuer ist. Mauterhöhung - und schon ist dieser Verkehr weg.

Ich bin nicht bereit, unser Eisacktal, das sich im neoliberalen Würgegriff von Transport, Emissionen und Siedlungsdruck befindet, 30 Jahre lang nichts zu bieten. Warum also nicht, während der BBT gebaut wird, endlich konkrete Maßnahmen zu ergreifen: was wäre mit Nachtfahrverbot. Oder die Alpentransitbörse. Oder endlich die Mauterhöhung, damit endlich ein LKW auf der Brennerstrecke statt 28c/km die 70c/km zahlt, die der Weg über Schweiz und Chiasso kostet? Oder die Einführung einer flächendeckenden Geschwindigkeitskontrolle, damit endlich 110km/h gefahren wird, was sich positiv auf Lärm und Emissionen auswirkt? Allein mit der Mautanpassung würden von den 2 mio LKW/Jahr die Hälfte wieder entfallen - weil es sich nur um Umwegverkehr handelt, der sich die billigste Strecke sucht. Und dann weiter mit dem Ausbau der Häfen, und schließlich mein Lieblingsprojekt: Eurac, Uni, Fraunhofer, Hoch- und Tiefbauunternehmen unseres Landes entwickeln eine "Südtirol Einhausung" oder eine "Südtirol Schallschutzwand", die unsere Unternehmen entlang der Bestandsstrecke bauen. Eine Einhausung kostet, wohlgemerkt, ca. 10-20.000 Eur/mt. Das bedeutet, das wir in Klausen mit 10-20 Mio "ausgesorgt" hätten. Mit einem Betrag um die 500 Mio. Euro könnnten wir viele, wenn nicht alle, neuralgischen Punkte zwischen Salurn und Brenner beheben. Und nebenbei unsere Wirtschaft daran verdienen lassen, keine internationalen Unternehmen.

Nun also, warum wird das alles nicht gemacht? Ganz einfach. Dann würde sich ja der Verkehr reduzieren und eine Entlastung wäre da. In dem Moment entfällt die Grundvoraussetzung, den BBT überhaupt zu bauen!
Wenn wir dann auch noch weiterdenken, dass wir statt der globalisierten Wirtschaft weiter in die Hände zu spielen viel eher unsere regionale Kreisläufe ankurbeln müssten, und dass generell bei Bevölkerungsrückgang und Bemühungen um ein Veränderung im Konsumverhalten die Frage zu stellen ist, ob wir wirklich immer "mehr" Waren haben werden...

Für mich ist damit klar: hier geht es nicht darum, das beste für die Bevölkerung zu machen. Hier geht es nur darum, irgendwo mit dem ganz großen Geld zu spielen und ein Monument zu bauen. Und dafür wird bewusst und billigend in Kauf genommen, dass die Bevölkerung weitere 30 Jahre lang leiden muss! Jegliche Maßnahme, die man jetzt treffen könnte, wird nicht getroffen, weil sie das Projekt BBT in Frage stellen würde. Das ist das Dreiste an dieser Vorgehensweise, und dafür kann ich sie nicht mehr gutheissen. Sogar eine Verschlechterung der Situation (durch Baustellenbetrieb für 30 Jahre) wird in Kauf genommen, die Bevölkerung hat still zu halten. Die Bevölkerung ist hier das Bauernopfer, das dem Megaprojekt BBT geopfert wird. Und das kann ich nicht gutheissen.

Sofortmaßnahmen jetzt! Und gerne, baut diesen Tunnel dann weiter: und zwar angefangen von den Zulaufstrecken, und dann erst die Hauptröhre!

Fri, 10/18/2013 - 13:19 Permalink
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Günther Mair Fri, 10/18/2013 - 19:10

In reply to by David Gruber

... ich teile die letzte Auflistung von Christoph bzgl. externalisieren/internalisieren. Im Grund ist es das (wenn ich so frei sein darf, dir das Wort in den Mund zu legen), was Christoph im Artikel unter dem Bild "zum Mitschreiben" als "Kostenwahrheit" angegeben hat. Die Auswirkungen würden sich wie angegeben über das Produkt auf den Verbraucher umlegen, anstelle über die unsichtbaren "Subventionen" (Steuern, Gesundheit der Anrainer, ...). Zu beachten bleibt, dass sich die Kosten allerdings wesentlich stärker auf entsprechend voluminösere Güter auswirken und damit prozentuell mehr auf Luxusgüter und Dinge die den "Warenkorb" weitaus weniger beanspruchen. [Nichtsdestotrotz bin ich auch ein starker Befürworter regionaler Lebensmittel und der Meinung, dass wir hier, sprich im Landwirtschafts- und Lebensmittelsektor, auf europäischer Ebene etwas tun müssen.]

Auf der anderen Seite gebe noch etwas zu bedenken: viele Logistik-Zentren würden sich bei Ausbau von Häfen (Schiff als das bei weitem günstigste Transportmittel) ebenfalls regionaler verteilen, was zu einer Kostenverschiebung und einem positiven Mehr an damit zusammenhängenden Arbeitsplätzen in Ländern wie Italien auswirken könnte, welche zur Zeit an hohen Lohnkosten knabbern. [Leider ist auch die Schifffahrt alles andere als sauber, aber das ist ein anderes Thema und bei entsprechendem guten Willen (*seufz*) könnte auch da mehr getan werden.]

Aber um auf die Aussage bzgl. der A22 und der fehlenden Einnahmen zurückzukommen: David, wenn ich mich nicht täusche, dann bist du irgendwo im Bereich der Naturwissenschaften, richtig? Wo es im hiesigen Diskurs ja nur mal um die LKW-Maut geht, müsste man erheben wieviel A) heute LKWs fahren und B) wie viele KM diese machen und was diese daraus somit bezahlen (3 Szenarien: 1. nur den Verkehr Brenner-Verona, 2. nur den Verkehr der zwischen Brenner-Verona endet und 3. die Kombination der beiden). Anschließend nehme man eine grobe Einschätzung dessen, um wie viel sich die Zahl der LKWs verschiebt (Christoph hat angegeben, dass laut "seriösen Schätzungen rund ein Drittel einen Umweg fahren") und kann sich dann errechnen, wo die neuen Einnahmen bei Preissteigerung liegen. Ich würde davon ausgehen, dass der Einnahme-Rückgang für die A22 leicht zu verschmärzen wäre, wenn man die intensiven Wartungskosten mit berücksichtigt: der Straßenbelag nutzt sich im Verhältnis kaum wegen der PKWs, sehr wohl aber wegen der LKWs ab. Nimmt man bei den Zahlen dann noch veränderbare Preise (von 70 c/km) und davon abhängig die Anzahl der LKWs samt deren verursachten Kosten, dann hätte man eine interessante Funktion mit 2-3 Variablen und kann sich ein paar Gedanken dazu machen (nicht wo der Scheitelpunkt liegt, an dem die A22 am meisten verdient, sondern wie weit man die Maut erhöhen könnte, ohne gleich wieder alles in die Schweiz zu verschieben und dann in einen Mautstreit mit den Eidgenossen zu verfallen ;-) ).

Fri, 10/18/2013 - 19:10 Permalink
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Christoph Moar Fri, 10/18/2013 - 21:37

In reply to by David Gruber

Danke für den Link, David. Absolut Lesenswert.

Ein paar Auszüge, wer sich nicht das ganze Paper antut:

"Schlussfolgerungen:
Die Studie zeigt deutlich, dass die Transportnachfrage im Straßengüterverkehr relativ
„elastisch“ ist. Das heißt, dass die Nachfrage unmittelbar auf Preisveränderungen
reagiert. Straßenbenutzungsgebühren sind darum ein wirksames Mittel, um Staus,
Umweltverschmutzung und Unfälle durch Lkw zu verringern. "

"Empfehlungen für die Politik:
Die Flexibilität der Mitgliedsländer zur Erhebung Straßenbenutzungsgebühren, um Probleme
wie Staus, Verkehrssicherheit und Umweltverschmutzung durch eine Verringerung der
zurückgelegten Entfernungen zu minimieren, sollte maximiert werden. "

und

"Im Hinblick auf die laufende Revision der Eurovignetten-Verordnung heißt dies: wenn den
Mitgliedsländern erlaubt wird, die externen Kosten für Staus und Umweltverschmutzung
(und Unfällen sowie Klimawandel) zu internalisieren, wird die Effektivität der Lkw-Maut zur
Lösung dieser Probleme deutlich erhöht – proportional zur Höhe der Gebühr."

Like it! :)

Fri, 10/18/2013 - 21:37 Permalink
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Claudio Campedelli Thu, 10/17/2013 - 20:19

Gentile Sig. Gruber,
giustamente lei chiede le fonti delle affermazioni riportate nell'articolo.
Per quanto riguarda i 24 miliardi previsti la fonte è la corte dei conti austriaca (vedi 27. Sitzung/17.06.2009 BERICHT DES RECHNUNGSHOFES ÜBER EINRICHTUNGEN DER INTERNEN REVISION.....BRENNER BASISTUNNEL BBT SE –BAUVORBEREITUNG DES BRENNER BASISTUNNELS...). Purtroppo il link al documento della corte dei conti non funzionia più (ho scritto alla corte dei conti per segnalare la disfunzione ma non ho avuto risposta). Abbiamo però una copia che possiamo fornire.
Per la previsione dei 63 miliardi la cosa si fa un poco più complicata.
La pregherei di aspettare alcuni giorni fino a che rendiamo pubblica una pubblicazione con le dieci ragioni del no in italiano e tedesco. In questa pubblicazione potrà trovare una risposta alla sua domanda.
Comitato Kein BBT No Tav

Thu, 10/17/2013 - 20:19 Permalink
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Hartmuth Staffler Fri, 10/18/2013 - 23:26

""... galleria di base del San Gottardo, da poco messa in funzione in Svizzera."" Das stimmt so nicht ganz. Vor kurzem ist zwar erstmals ein Probezug an den vielen Baustellen vorbei durch den gesamten Tunnel gefahren, die wirkliche Inbetriebnahme wird aber frühestens Ende 2016, nach 16 Jahren Bauzeit, erfolgen. Der als Teil der Zulaufstrecke wichtige Monte-Ceneri-Basistunnel wird sogar erst 2019 in Betrieb gehen.

Fri, 10/18/2013 - 23:26 Permalink
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Christoph Moar Sat, 10/19/2013 - 13:20

In reply to by Hartmuth Staffler

...danke Dir, Hartmuth. Was du schreibst, ist korrekt, und ich bin in eine Übersetzungsfalle getappt. Mein ursprünglicher Bericht war auf Deutsch verfasst, und der fragliche Satz sprach von "seit Kurzem fertiggestellt" (was korrekt ausgedrückt ist). Aus Freundlichkeit dem Medium "Salto" gegenüber, dachte ich mir kurz vor Online-Gang, einen Teil der Einleitung noch auf Italienisch umzuschreiben. Und so wurde, auf die Schnelle, aus dem "fertiggestellt" kein "completato" sondern ein "messo in funzione". Passiert, wenn beim Übersetzen keine Profis am Werk sind :)

Werde den Text richtigstellen, gracias!

Sat, 10/19/2013 - 13:20 Permalink
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Erwin Demichiel Sun, 10/20/2013 - 15:56

Schöne Zusammenfassung und Übersicht, die der Einsicht vielleicht etwas weiterhilft.

Sun, 10/20/2013 - 15:56 Permalink