Gedicht von einem Bild
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23 künstlerisch denkende Köpfe treffen für „Arte in Poesia, poesia in arte“ aufeinander. Es sind 10 bildende Künstler:innen - Bruno Salvetti, Bruno Zanatta, Edo Avi, Eleonora Mazzaferro, Francesca Tomasi, Lucia Ioris, Renate Herbst, Silvia Grazioli, Ilario Dalvit und Gentile Polo - sowie 14 Literat:innen - Christine Mathà, Luca Bombay, Nina Sadegh, Renato Sclaunich, Angelo Magro, Roberto Marino, Carmen Gesmundo, Mugdin Cehaic, Enea Bonato, Celestina Avanzini, Eleonora Mazzaferro, Orietta Lunardelli, Daniela Nicoletti und Sharon Plancher. Wer im Kopf vielleicht schon mitgerechnet, oder die Namen aufmerksam studiert hat, der wird gemerkt haben, dass ein Name sich auf beiden Listen findet.
Eleonora Mazzaferro ist sowohl bei Lettera 7 und lasecondaluna Mitglied, sie brachte die Idee ins Spiel die Literaturgruppe und den Kunstverein zusammenzubringen und eine gemeinsame Ausstellung zu organisieren. Herausgekommen ist eine Schau, die 28 Kunstwerke (mehrheitlich Gemälde und drei Skulpturen(gruppen) sowie 28 Texte (mit drei Ausnahmen Gedichte) zusammenbringt. Ausgangspunkt waren dabei je 3 Kunstwerke der „bildenden“ Hälfte der Ausstellung, welche den Dichter:innen vorgelegt wurden, die sich - oft abstrakt, oft leicht deskriptiv, zum Teil auch rein assoziativ - zu ihren Texten inspirieren ließen. Die Ausstellung in den bescheidenen Räumlichkeiten in der Weissensteinerstraße teilt Kunstwerke möglichst paritätisch auf beide Räume auf, in wechselnder „Hängung“: Mal sind es die Gedichte, die uns auf Augenhöhe begegnen, mal die Bilder. Das Gegenstück wurde meist auf den Galerieboden gestellt und an die Wand gelehnt. Das Pendant eines Werkes ist dabei nie weit und immer klar erkennbar (in den meisten Fällen übernimmt das Gedicht den Titel seiner Inspiration). Ein Lob ist dafür auszusprechen, dass die Ausstellung trotz einer großen - man verzeihe die Wortwahl - Verdichtung auf knappem Raum, ausgesprochen gut leserlich bleibt, wofür Samira Mosca und Amanda Filippi verantwortlich sind, welche die Schau kuratiert haben.
Sinn des künstlerischen Versuchs, der zwei Amateurvereine (gemeint im ursprünglichen und etymologischen Wortsinn, nicht in der abschätzigen Nebenbedeutung) zusammenbringt ist es auch, auf die Seltenheit solcher Kollaborationen hinzuweisen. Schade, dass dieses Signal nur bis Sonntag gesendet werden kann, da es an und für sich, ganz ohne Blick auf die Werke, ein wichtiges wäre.
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Bei besagtem Blick sieht man freilich Verschiedenstes, da weder den Dichter:innen noch den Künstler:innen, die bestehende Werke zur Verfügung gestellt haben, eine Formvorgabe erteilt wurde. Auffällig ist allerdings, dass in der Verteilung auf die beiden Räume, die linke (in Hirnhemisphären die analytisch-grüblerische) etwas schwerer zu verdauen ist. Bei einer Apokalypse in Bild und Wort angefangen, einer Landschaftsabstraktion namens „Terra di fuoco“, die im Text etwas wörtlich genommen wird, einem lyrischen Manifest für Frauenrechte, Gedichten über negative Emotionen und einem Aufruf gegen Abholzungen, der die Versform nur mehr als Tarnmantel nutzt, ist einiges dabei, woran man knabbern könnte.
Rechts ist dagegen ein Raum relativer Leichtigkeit zu finden, was man auch wortwörtlich nehmen könnte, da sich an zwei Wänden eine Reihe von Bildern Silvia Graziolis findet, die Pusteblumensamen im Flug zeigt. Sicher, auch hier finden sich Gedankengänge, die melancholisch sein können, etwa wenn, frei nach Ungaretti „d’immenso“ gesprochen wird beim Blick auf eine kleine Kirche in St. Ulrich. Dann sind da wieder besonders leichte Texte, wie „Presenze“, ein Gedicht von Enea Bonato, das als einziges in der Galerie Mittel der Typografie wirklich grafisch nutzt. Verwehen auf der einen Seite Pusteblumensamen, so ist es gegenüber das Wort „cambiamo“, das auf acht Zeilen verteilt wird.
Die Bezüge zwischen einem Werk und dem anderen sind direkt, oder eben nicht. Die beiden ausführlichsten Textbeiträge, zwei Kurzgeschichten (je auf einem A4 Blatt) aus den Bereichen Science-Fiction und Fantasy, wurden von Sharon Plancher zu Gentile Polos abstrakten Bildern „Luci dai Fronti“ und „Oltre l’orizonte“ geschrieben. Dagegen findet sich, wenig weiter, eine Vorstellung zu den „Figure Feminili“ von Lucia Joris ein Gedicht von Luca Bombay. Es erwachen die Figuren mit neuem Leben und blicken sehnsuchtsvoll aufs Meer. Es ist jedenfalls spannend, wenn auch nicht immer zu 100 Prozent schlüssig, zu sehen, wie hier Bilder gelesen werden.
Spannend wäre es auch zu sehen, wie der gespiegelte Blick aussehen könnte, ein Blick für den zu Gedichten Bilder entstehen. Nach dieser Umkehr wäre auch eine zweite Ausgabe interessant.
Die Ausstellung „Arte in Poesia, poesia in arte“ in der Weissensteinerstraße 29 in Leifers ist bis Sonntag, den 19. November immer zwischen 10 und 12 Uhr, sowie zwischen 16 und 19 Uhr geöffnet. Am Samstag, ab 16 Uhr, ist eine gemeinsame Lesung in den Galerieräumen geplant.