Mit einem Testparcours zum Traumberuf
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Sie sind 13 oder 14 Jahre alt und stehen vor einer nicht kleinen Entscheidung für ihr weiteres Leben: die Berufswahl. „Wir sollten den jungen Menschen die Sorge nehmen, dass sie jetzt die einzig wahre Entscheidung zu treffen haben. Denn es ist später ein großer Reifungsprozess im Gange, wo auch Wechsel anstehen können. Durchschnittlich wird jeder von uns achtmal im Leben Beruf wechseln“, erklärt Bildungslandesrat Philipp Achammer bei der Eröffnungsfeier des Talentcenters der Handelskammer am Bozner Verdiplatz und stuft damit die Erwartungshaltung trotz Euphorie im Raum etwas herunter. „Dieses Talentcenter hat nicht das Ziel, junge Menschen in eine Richtung zu lenken, sondern sie darin zu unterstützen, eine bewusste Entscheidung in dieser Lebensphase zu treffen“, so Achammer.
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Das neue Angebot für Jugendliche im Alter von 13 bis 15 Jahren beinhaltet einen Testparcours mit wissenschaftlich fundierten und standardisierten Testverfahren. Sie können bei verschiedenen Stationen ihre persönlichen Fähigkeiten, Stärken und Interessen entdecken – so der Gedanke hinter dem Talentcenter nach österreichischem Vorbild. Die Ergebnisse werden den Jugendlichen in Form eines individuellen „Talentreports“ zur Verfügung gestellt, der in einem Gespräch mit der Berufsberatung des Landes gemeinsam analysiert werden kann.
„Es gibt heute für junge Menschen eine Unmenge von Möglichkeiten, sich auszubilden, da kann kein Experte und keine Expertin einen kompletten Überblick geben. So entscheiden sich manche auf Zuruf von Freunden oder Familie für einen bestimmten Ausbildungsweg. Wir haben gesagt, dass der Start erfolgreich sein soll und die Basis dafür die eigenen Talente sind und nicht die Schulnoten“, erklärt Karl Heinz Dernoscheg, Direktor der Wirtschaftskammer Steiermark.
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Das von der Wirtschaftskammer Steiermark im Jahr 2016 gegründete Talentcenter in Graz konnte bereits auf internationaler Bühne überzeugen: Beim Kongress der „International Chamber of Commerce“ in Rio de Janeiro wurde es weltweit unter 80 Einreichungen als bestes Bildungsprojekt ausgezeichnet. Für den Präsident der Handelskammer Bozen, Michl Ebner, ein Grund mehr, auch für Südtirol ein solches Angebot aufzubauen.
„Es geht hier nicht darum, eine Maßnahme gegen den Arbeitskräftemangel zu setzen, sondern die Fähigkeiten der Jugendlichen vielfach auf spielerische Art und Weise zu testen. In Zusammenarbeit mit der Landesverwaltung wollen wir einen guten Beitrag leisten“, so Ebner. Das Talentcenter ist ab sofort eröffnet und wird im laufenden Schuljahr als Versuchsphase erprobt. „Der volle Betrieb ist für das Schuljahr 2024/25 geplant.“
Ein wichtiger Unterstützer des Talentcenters ist der Wirtschaftsverband Handwerk und Dienstleister (LVH). „Wir machen leider die Erfahrung, dass Schülerinnen und Schülern in der Mitttelschule empfohlen wird, wenn sie gute Schulnoten schreiben, die Matura zu machen. Das ist nicht die richtige Einstellung. Es geht darum, die Jugendlichen in ihren Talenten zu fördern und in jenen Tätigkeiten, die ihnen Freude machen“, erklärt LVH-Präsident Martin Haller bei der Eröffnung.
Im Unterschied zu anderen Beratungsangeboten sei der Talentcenter nicht auf weiterführende Ausbildungswege, sondern auf Berufsbilder zugeschnitten. „Bei den Berufsbildern gibt es verschiedene Ausbildungswege. Ich habe als Elektriker beispielsweise die Technische Fachoberschule (TFO) besucht, man kann aber auch über den dualen Ausbildungsweg mit Lehre und Berufsschule einsteigen“, so Haller.
Die Lehre sei für den LVH ein wichtiger Ausbildungszweig, der es jungen Menschen ermöglicht, einen Beruf in der Praxis zu erlernen. „Viele Jugendliche haben schon sehr klare Ideen darüber, was sie gerne arbeiten möchten. Das Talentcenter kann hier dazu beitragen, ein Gleichgewicht bei der Auswahl der Ausbildungswege zu schaffen. Gerade in den ersten beiden Jahren der Oberschule wechseln viele Schülerinnen und Schüler. Das ist für uns ein Signal, dass es nicht immer gelingt, die jungen Menschen richtig zu beraten. Ich mache in meinem eigenen Betrieb immer wieder die Erfahrung, dass junge Menschen auch bei Schwierigkeiten in der Schule sehr tolle Leute sind.“
Das Talentcenter Bozen wurde von der Handelskammer Bozen in enger Kooperation mit der Wirtschaftskammer Steiermark, dem Amt für Ausbildungs- und Berufsberatung der Südtiroler Landesverwaltung, den Südtiroler Bildungsdirektionen, der Karl-Franzens-Universität Graz und der Freien Universität Bozen realisiert.
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