Environment | Aus dem Netz

Wie wohnen? Wo wohnen?

Lebt es sich in der Stadt naturschonender als am Land? "Städte machen uns reicher, klüger, grüner, gesünder und glücklicher", schreibt Harvard-Professors Edward Glaeser in sein Buch "Triumph of the City". Stadtlust oder Stadtfrust?

Wie herrlich! Kinder, die umgeben von Kühen und Hühner aufwachsen, aus dem Bett hüpfen und in der Natur stehen, die Milch beim Nachbarn holen, mit den Freunden unbeschwert um die Häuser ziehen.

Gesundes Essen, beschaulicher Alltag, die so kostbare Zeit umrahmt durch blühende Blumen, fallende Blätter, glitzernde Schneekristalle. Keine lauten Autos, keine Abgase, keine Hektik - leben auf dem Land, eben.

Was für eine Märchenwelt! In Wahrheit ziehen viel mehr Menschen vom Land in die Stadt - überall. Und das ist gut so! (...) Vor allem die Umwelt profitiert von der Stadtlust. Denn das Haus im Grünen vernichtet genau das: das Grüne. Je urbaner dagegen der Lebensstil, umso besser - für die Natur, das Klima und die Zukunft der Menschheit. Schreibt Katja Trippel im Geo-Magazin.

Die Lust nach Land sieht PM-Magazin in folgenden Faktoren begründet:

Damals ebenso wie heute ist diese Sehnsucht nach „Arkadien“ (so hieß in der Antike das Idealbild des ländlichen Paradieses) wohl zuallererst Ausdruck einer sozialen Unlust: einer diffusen Gefühlsmischung aus Politikverdrossenheit, Leistungsmüdigkeit und Ausstiegswünschen aus gesellschaftlichen Zwängen. Vielleicht am besten hat es Goethe mit seinem berühmten Satz aus dem Osterspaziergang ausgedrückt: „Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein.“ Auf dem Land, in der Natur, findet der Mensch zu seinen Wurzeln und seiner Natürlichkeit zurück.

Doch was ist grüner? Das Leben am Land oder eine Wohnung in der Stadt? Der ökologischste Ort Amerikas ist etwa keine idyllisches Örtchen im nowhere sondern New York City.

David Owen, preisgekrönter Autor des Buches "Green Metropolis", nennt die Metropole gar "ein Modell für Nachhaltigkeit". Über 80 Prozent der Einwohner fahren mit der Subway oder per Bus zur Arbeit, steigen aufs Fahrrad oder gehen zu Fuß.

Der CO2-Fußabdruck eines New Yorkers schlägt mit 7,1 Tonnen pro Jahr zu Buche. Ein Durchschnittsamerikaners lebt auf großem Fuß mit 24,5 Tonnen, 11 Tonnen fallen auf einen Deutschen Bundesbürger.

Was also ist naturnaher? Ein Leben am Land, wo jeder in seinem Häuschen, seine Energie verbraucht, oder in der Stadt wo Familien dichter beinander wohnen, gleichzeitig aber mobiler sind?

Ob zum Job, zum Einkaufen, zur Ballettstunde oder ins Kino: Land-Haushalte sind abhängig vom Auto - oder vielmehr von ihren Autos: Die meisten besitzen zwei oder gar mehr. Viele Städter hingegen kommen auch ohne Auto gut von A nach B. Das pendelfreie Leben spart neben Geld auch noch Zeit und Nerven - und verhindert sogar Scheidungen! (Wie schwedische Forscher bewiesen haben wollen.)

Und so plädiert die Geo-Autorin Trippel für eine Verbauung der Städte, nicht des kostbaren Grüns. Auch ein Argument um René Benko zu erhören?

Allein die freie Fläche von Hafen-, Industrie- und Bahnanlagen sei um ein Vielfaches größer als der Gesamtbedarf an Baugrund für die nächsten 50 Jahre. Der Wunsch nach günstigem Wohnraum, mehr Platz, mehr Grün, mehr Ruhe und Radwegen sollte auf diesen Flächen erhört werden - nicht zwischen Feld und Heide.