Environment | Interview

Infos zum Klimawandel für alle

Klimawandel ist kein Thema, das man sich bei der Fakultät für Design der unibz erwartet. Kris Krois hat sich dem Thema dennoch zugewandt und widmet sich der Frage, wie man Daten zum Klimawandel visualisieren kann. Bis Ende Januar gibt es dazu eine Ausstellung.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Visualizing Klimawandel
Foto: Weissraum, Franz Oss
  • Salto: Herr Krois, wollen Sie den Klimawandel für den Normalbürger verständlicher machen?

    Kris Krois: Ja, aber nicht nur. Menschen in der Politik, die Entscheidungen treffen müssen, sind ja nicht alle Fachleute für Umwelt- und Gesellschaftswissenschaften und dem damit zusammenhängenden gesellschaftlichen Wandel. Eigentlich brauchen alle Informationen zum Klimawandel, die sie gut verarbeiten können. Besondere Darstellungsformen können ein besonderes Bewusstsein für das Ausmaß der Problematik schaffen. Der Klimawandel ist gut erforscht, das heißt: wir haben eine sehr gute Grundlage für visuelle Kommunikation. Wie das aber so ist: bei der Wissenschaft, geht das immer mit einer gewissen Sprache und einer gewissen Komplexität einher, die einer Übersetzung bedarf. Designer können dabei recht gut behilflich sein.

    Aber es geht nicht darum Zukunftsszenarien darzustellen?

    Jetzt in dieser speziellen Ausstellung nicht so stark. Aber es gibt durchaus Arbeiten, die versuchen Szenarien zu entwickeln und dann zu vermitteln. So wie es etwa Eurac Research es gemacht hat mit den vier Szenarien, die auch anschaulich illustriert wurden. Und das ist wichtig, denn nur so können sie Einfluss auf die öffentliche Debatte nehmen.

  • Zur Person

    Kris Krois ist seit 2011 Professor für ökosoziales Design an der Freien Universität Bozen. Im Zentrum seiner Forschungsarbeit und der Lehre am Master in Eco-Social-Design steht der sozial-ökologische Wandel, und wie Design dazu beitragen kann.

    Foto: unibz
  • Daten müssen also visualisiert werden, weil sie dann einen größeren Eindruck hinterlassen und so in der Lage sind, Politiker und Bürger zu mobilisieren?

    Ja. Man versteht, was der Klimawandel für die Region bedeutet, für das eigene Leben, für die eigenen Nachkommen. Und man versteht, was es für Menschen in anderen Erdteilen bedeutet.

     

    Bei der Kommunikation zum gesellschaftlichen Wandel ist es aus meiner Sicht irrsinnig, Emotionen komplett auszublenden.

     

    Andererseits soll trotz der visuellen Darstellung, das Problem auf der sachlichen Ebene betrachtet werden. Visualisierung bedeutet ja aber auch eine eindrückliche Darstellung, vielleicht sogar Emotionalisierung. Aber Panik soll ja durch die Ausstellung nicht verursacht werden. Wie geht das zusammen?

    Bei der Kommunikation zum gesellschaftlichen Wandel ist es aus meiner Sicht irrsinnig, Emotionen komplett auszublenden. Gleichzeitig ist es verwerflich, Emotionen auszubeuten, so wie das politische Bewegungen der extremen Rechte tun, indem sie Ängste ansprechen und darauf einfache Antworten geben, die eine Pseudo-Sicherheit bieten, die aber vor allem diskriminierend und ausgrenzend sind. Dennoch sind Menschen keine rein rationale Wesen. Wir treffen unsere Entscheidungen nicht nur nach einem guten Abwägen aller Argumente, sondern oft auch intuitiv. Diese Seite des Menschseins also auszublenden wäre schade. Emotion spielt also vor allem dann eine Rolle, wenn wir uns die Frage stellen: warum ist ein Thema überhaupt relevant. Erst dann werden Dinge fassbar und begreifbar. Gerade beim Thema Klimawandel reagieren ja viele Menschen eher irrational mit Aussagen wie: „ja, das wird die Technik schon irgendwie lösen“ oder „der Klimawandel gar nicht menschengemacht“.

  • Die Veranstaltung

    Visualizing Klimawandel“ ist eine Ausstellung, die vom 18. Dezember bis 29. Januar in der Bibliothek der Freien Universität Bozen gezeigt wird. Besuchen kann man die Ausstellung also während der Öffnungszeiten der Uni-Bibliothek. Gezeigt werden Diagramme und visuelle Geschichten, die Forschungserkenntnisse und Daten zum Klimawandel visualisieren. Sehr interessant ist in diesem Kontext  Matteo Morettis Arbeit „Glocal Climate Change”, die die Temperaturentwicklung an fast allen erdenklichen Orten dieser Erde von 1960 bis 2018 abbildet. Die Ausstellung wurde vom Masterstudiengang Eco-Social Design der Fakultät für Design und Künste und dem Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit der Freien Universität Bozen organisiert, mit Unterstützung von Scientists for Future South Tyrol sowie WEI SRAUM. Das Begleitprogramm im Jänner wird in Zusammenarbeit mit Scientists for Future gestaltet. Mehr dazu hier.

  • Um die Ergebnisse von Forschung zu visualisieren, müssen Forscher mit Designern zusammenarbeiten. Wo begegnen sich Forscher und Designer und wo schaffen Sie Begegnungsräume?

    Es ist offensichtlich: wir müssen uns zusammensetzen. Man muss miteinander sprechen und versuchen zu verstehen. Man muss Publikationen lesen, nachfragen und gemeinsam darüber nachdenken, was jetzt eigentlich wichtig ist an dieser oder jener Publikation, was sind die Kernpunkte und wie lassen sich diese vermitteln. Man schaut sich gemeinsam an, was schon gemacht wurde, was man daraus lernen kann und so weiter.

     

    Nicht vergessen dürfen wir Initiativen aus sozialen Bewegungen und aus dem Aktivismus.

     

    Aber die Initiative liegt oft bei den Designern? 

    Nein, das kann ich so nicht bestätigen. Viele Initiativen kommen aus dem Journalismus, weil es hier das große Anliegen gibt, Komplexes kommunizierbar zu machen. Dafür arbeiten viele Designerinnen und Designer. Dann haben auch wissenschaftliche Institutionen im Rahmen ihrer Wissenschaftskommunikation einen großen Bedarf an Visualisierung. Einigen Wissenschaftler*innen ist es auch ein großes Anliegen, dass ihre Arbeit Wirkung zeigt. Aber natürlich entwickeln auch Designerinnen und Designer Projekte mit Wissenschaftlern und Journalisten. Nicht vergessen dürfen wir Initiativen aus sozialen Bewegungen und aus dem Aktivismus. Eine Gruppierung, die sich hier beispielsweise in der Klimabewegung gebildet hat, sind die „Scientists for future“. Aber auch das Stakeholder Forum und der Klimabürgerrat seien an dieser Stelle erwähnt. Für den Klimabürgerrat haben wir beispielsweise ein Arbeitsbuch gestaltet, dass die Arbeitsergebnisse für die verschiedenen Bereiche, wie z.B. Bauen & Wohnen oder Mobilität, so zusammenfasst, dass damit gearbeitet werden kann. Daraus hervorgegangen ist dann auch ein Abschlussbericht. Informationsdesign hatte in diesem Prozess also eine ganz wichtige Funktion.

    Hatte dieses Arbeitsbuch den gewünschten Effekt?

    Ja, es wurde viel benutzt. Die Teilnehmer haben sich Notizen darin gemacht, Post-its reingeklebt – das Arbeitsbuch hat seinem Namen alle Ehre gemacht und wurde nach jeder Sitzung ergänzt, war also sehr bedarfsorientiert je nach Verlauf der jeweiligen Diskussionen.

    Work in progress?

    Ja, wir arbeiteten fast in Echtzeit. Das war dann auch ein bisschen stressig. Ein Team aus drei studentischen Hilfskräften hat ein halbes Jahr daran gearbeitet.

    Sehen Sie sich in der Tradition von Al Gore?

    Auf jeden Fall. Sein Film „An Inconvenient Truth“ hat viel bewegt bei den Leuten.

     

    Wer Wissenschaft kommuniziert, muss bündeln, vereinfachen und abstrahieren und dann muss man darüber sprechen und manchmal auch streiten.

     

    Designer sind kreative Menschen, Wissenschaftler auch, aber anders als Designer. Gibt es Konflikte, wenn es beispielsweise um das Thema Präzision oder um die Frage geht, wie man etwas vereinfacht, ohne es zu banalisieren? 

    Ja. Wer Wissenschaft kommuniziert, muss bündeln, vereinfachen und abstrahieren und dann muss man darüber sprechen und manchmal auch streiten. Man muss dann auch sagen: ihr seid die Expertinnen und Experten in der Sachfrage, was aber die Kommunikation angeht, haben wir das bessere Gefühl, was noch verarbeitbar und verständlich ist. Darstellungen sollen ja vor allem eine gesellschaftliche Debatte über ein Thema Vorwärts bringen. Man muss das im Dialog klären.

    Vereinfachung erfordert Mut…

    …und eine gute Idee. Und die Vereinfachung, darf nicht in die falsche Richtung weisen. 

    Wie meinen Sie das?

    Da gab es diese Argumentation, dass CO2 nur zu einem geringen Prozentsatz in der Atmosphäre ist und dass jetzt nur Null Komma Null Null soundsoviel mehr CO2 in der Atmosphäre ist und das eigentlich kaum ein Unterschied macht. Das hört man und denkt: klingt ja eigentlich ganz logisch. Aber dann kommt man drauf - es ist ganz falsch.

    Wie ist es denn richtig?

    Die genauen Werte krieg ich jetzt gar nicht mehr zusammen, aber es auch gar nicht so wichtig, wie viele Nullen hinterm Komma den Anteil der Veränderung ausmachen. Wichtig ist zu wissen, dass der Anteil seit Beginn der Industrialisierung um 50 % gestiegen ist. Folge: die Temperaturen haben sich bereits um 1,5 Grad erhöht und die Auswirkungen sind jetzt schon drastisch. Durch den weiteren Anstieg kippen mehrere Kipppunkte im Erdsystem unwiederbringlich, mit unabsehbar katastrophalen Folgen auf dem gesamten Planeten.  

     

    Gleichzeitig gibt es riesige Widersprüche: rückwärtsgewandte Investitionen in die Erweiterung von Skigebieten, in die olympischen Spiele 2026, neue Hotelprojekte und vieles mehr, was es eigentlich gar nicht mehr geben dürfte.

     

    Schauen wir noch kurz nach Südtirol. Ist Südtirol auf einem guten Weg im Umgang mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen?

    Eine Arbeitsgruppe aus Climate Action Südtirol, Klimaclub und oew haben  die Klima-Show auf den Weg gebracht. Hier werden Problemstellungen, Potenziale und Möglichkeiten für Südtirol sehr gut dargestellt. Die Klima-Show tourt durch Südtirol so wie Al Gore auf Tour gegangen ist. Ganz grob gesagt, würde ich also sagen: es gibt viele gute Ideen und Absichten, viele Initiativen, die Bürgerinnen, Bürger und Gemeinden selbst in die Hand nehmen. Tolle Beispiele für nachhaltige Landwirtschaft, für alternative Energienutzung, für Bauen mit nachhaltigen Rohstoffen und und und. Es gibt den Klimaplan und die Nachhaltigkeitsstrategie. Gleichzeitig gibt es riesige Widersprüche: rückwärtsgewandte Investitionen in die Erweiterung von Skigebieten, in die olympischen Spiele 2026, neue Hotelprojekte und vieles mehr, was es eigentlich gar nicht mehr geben dürfte. Ein wichtiger Hebel besteht also darin, aus hehren Plänen verbindliche Gesetze zu machen.

    Herr Krois, ich danke Ihnen für das Gespräch.

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Josef Fulterer Thu, 12/19/2024 - 19:38

Die Wissenschaft hat schon längst geliefert ...
Jetzt wären die Politiker an der Reihe, den schlimmsten KLIMA-Sündern "ihr Frevel-haftes Treiben, mit passenden scharfen progessiven Steuern verleiden!"

Thu, 12/19/2024 - 19:38 Permalink