Politics | Europäische Union

Die EU - Werte- oder Wirtschaftsunion?

Die Europäische Union zerreißt sich im Streit um Werte und Wirtschaft.
Welchem dieser beiden gibt der Staatenbund den Vorrang?
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EU-Flagge - bandiera UE
Foto: CC0 Public Domain

"Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte" - So steht es im 2. Artikel des Lissaboner Vertrages.

Diese Werte sind es, auf die sich alle Mitgliedstaaten der EU berufen sollen.

Eine der schwersten Wirtschaftskrisen der Nachkriegszeit und gefühlte hunderte von Euro-Rettungs-Paketen später scheinen diese Werte in den Hintergrund gerückt zu sein.

Keine Frage, die Finanz- und die Eurokrisen haben den Kontinent innerlich erschüttert.
Niemand möchte einen solchen Einbruch ein weiteres Mal erleben, weder die die "alteingessesenen" EU-Staaten, noch die jüngeren östlichen Mitglieder der Union.

In Ungarn werden Flüchtlinge ohne großen Wiederspruch der EU inhaftiert und wie Kriminelle behandelt, die vier Vigegrad-Staaten (Ungarn, Polen, Tschechien, Slowakei) weigern sich, sich mit den anderen Ländern solidarisch in der Migrationsfrage zu verhalten - Einspruch vonseiten der "Wertegemeinschaft"? Fehlanzeige.
Wo sind die in Artikel 2 gepriesene Menschenwürde, Freiheit und Gleiheit hin?

Doch nicht nur die östlich gelegeneren EU-Mitglieder ignorieren die mühsam erarbeiteten Grundrechte, auch die anderen Länder scheinen sich inzwischen lieber auf die wirtschaftliche Situation zu konzentrieren - Beispiel Glyphosat - die EU entschied eindeutig zu Gunsten der Konzerne, anstatt die eigenen Bürger vor einem Mittel zu schützen, das von der WHO als krebserregend eingestuft wurde.
Egal, mit Werten verdient man kein Geld und ohne Geld kein Wohlstand - das ist das Denken der europäischen Länder.

Die Politik ist nur der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt

Was ist aus der Union, die aus dem mühsamen Vergeben nach den Schrecken des Krieges wuchs und sich Demokratie auf die Fahnen schrieb, geworden?

Nichts offenbar, wir sind unter dem Druck der zum Überleben notwendigen Wirtschaft zusammengebrochen.
Lobbyismus und Korruption scheinen sich den Weg in die Instituitionen des Staatenbundes längst gegraben zu haben - mit Erfolg.

Die EU scheint nur noch dadurch zu überleben, gemeinsame Vorteile wie offene Grenzen und einheitliche Währung immer wieder zu betonen.
Das Theater der "Wertegemeinschaft" dient nur noch dazu, den Blick darauf zu verschleiern, dass inzwischen der gesamte Apparat den Konzernen zu Füßen liegt, dass die Unternehmen auf diesem Kontinent darüber bestimmen, was demnächst erlaubt ist und was nicht.

EWG - Europäische Wirtschaftsgemeinschaft   -   früher, als der Bund nur aus wenigen Staaten bestand, waren die Werte noch von größerer Wichtigkeit, auch wenn im Namen der Zweck bereits festgeschrieben war.
Nun, bekannt als Europäische Union, ist die Wirtschaft aus dem Namen gestrichen worden, aber so präsent wie eh und je.

Man wünscht sich die Zeit zurück, als die EU noch eine kleine Gemeinschaft aus 6 Ländern war, die sich zum Ziel gesetzt hatte, gemeinsame Werte und Ziele zu verfolgen - ohne dabei den Märkten ergeben zu sein.