Environment | Gastkommentar
Die Lokalpolitik muss handeln
Foto: Südtirolfoto/Helmuth Rier
Vor dem Hintergrund der aktuellsten Entwicklungen um die Führung des Bozner Flughafens – Ausschreibung/Angebot ABD-Holding – sind Rechtssicherheit und Klarheit über die Rechtslage zu Status und Entwicklungsmöglichkeiten des Bozner Airport für alle beteiligten Akteure wichtig.
Aus der Ablehnung des gesamten Flughafen-Gesetzentwurfs 60/2015 durch die Volksabstimmung vom Juni 2016 erwachsen der Landesregierung klare gesetzliche und auch politische Bindungen und Verpflichtungen.
Denn mit dem NEIN zur Gesetzesvorlage haben die StimmbürgerInnen ja nicht nur die öffentliche Finanzierung des Flugplatzes durch das Land (Art. 3 s.o.), sondern zuvor noch Artikel 2 („Entwicklungsziele“), der darin enthaltenen Kategorie 2/C (“kommerzieller Flugbetrieb”) und dem darin enthaltenen „Flughafenentwicklungskonzept 2015“ abgelehnt.
Die Landesregierung ist verpflichtet, diesen Entscheid wort- und sinngemäß zu respektieren und ihm gegenüber Dritten Geltung zu verschaffen, also gegenüber dem Staat, ENAC, ABD oder privaten Investoren! Selbstverständlich auch gegenüber etwaigen früheren „Entwicklungsplänen“, Masterplänen oder dergleichen, die durch die Ablehnung der Entwicklungsziele durch das Volk obsolet geworden sind.
Und dabei ist die Landesregierung alles andere als „machtlos“. Im Gegenteil.
Vor Wochen stifteten fragwürdige Erklärungen der Landespolitik Verwirrung zu diesem Thema: Am 19. Dezember 2018 z.B. zitierten Medien Mitglieder der Landesregierung (LH Kompatscher, LR Theiner) mit Aussagen wie: „Weder Land noch Gemeinde Leifers können die Verlängerung der Flughafen-Landebahn verhindern“, „Das Land ist machtlos gegen eine eventuelle Pistenverlängerung“ – „Der ENAC-Masterplan ist ein übergeordnetes Planungsinstrument“.
Kompatschers Darstellungen sind irreführend. Sie entsprechen nicht der Rechtslage.
Bei all diesen Stellungnahmen beruft sich LH Kompatscher gerne auf das „Flughafen-Urteil“ des Staatsrates aus dem Jahr 2015 (Consiglio di Stato, VI.sez. sent. n. 02894/2015 del 12.05. 2015 nelle cause riunite n. 9303/14 e 10215/14)
Diese Darstellungen sind irreführend. Sie entsprechen nicht der Rechtslage. Denn genau dieses Staatsratsurteil widerlegt an unzähligen Stellen diese „Ohnmachtserklärung“ der Lokalpolitik. Die Autonome Provinz Bozen hat beim Thema Flughafen Bozen ein von Verfassung, Autonomiestatut, Staatsdekreten (und Rechtsprechung) abgesichertes Mitsprachrecht – das de facto ein Entscheidungsrecht ist.
Mit Verweis auf die grundlegenden Normen über die italienischen Zivilflughäfen (Verfassung Art. 117, Abs.3; Leg.Dekret. Nr. 85/2010, Artt. 5 und 8) unterstreicht das Staatsratsurteil immer wieder (etwa Seiten 8, 11, 26, 27, 32-34, 37) dass
„der zivile Regionalflughafen Bozen zwar im Staatseigentum steht, alle seine Aspekte aber „nel prevalente interesse provinciale“ stehen und daher für alle denkbaren Entscheidungen den Flugplatz betreffend das Prinzip der „intesa“ und der „concertazione“ zwischen Staat (ENAC) und der Autonomen Provinz Bozen gilt“.
Dieses Mitentscheidungs-Recht beim Flughafen hat die Landesregierung auch in der Vergangenheit mit den Regierungsbeschlüssen Nr. 662/2013 und 16/2014 zum Masterplan der ENAC ja auch voll und rechtmäßig ausgeschöpft. Genau diese beiden Landesregierungsbeschlüsse werden vom Staatsratsurteil 2015 ja bestätigt – und damit nicht nur der konkrete Beschlussgegenstand, sondern das Prinzip der Mitsprache (intesa-concertazione) an sich (das bislang noch niemand in Frage gestellt hätte, im Gegenteil)...
Kurz gesagt: Die Landesregierung hat immer das Recht und die Pflicht bei allen Flugplatz-relevanten Plänen-Projekten mitzureden (und mitzuentscheiden). Dabei ist es unerheblich ob es um den Masterplan 2012-2014 oder um die Umsetzung des Masterplanes durch das „Entwicklungskonzept 2015, geht, das die Landesregierung dem Volk 2016 zur Abstimmung vorgelegt hat. Kompatscher betreibt auch hier ein unzulässiges Verwirrspiel. Er ist schlicht und einfach verpflichtet, genau im Sinne des Votums der Volksabstimmung die „concertazione – intesa“ mit den Staat/ENAC zu finden...
Die Landesregierung hat immer das Recht und die Pflicht bei allen Flugplatz-relevanten Plänen-Projekten mitzureden und mitzuentscheiden.
Das Staatsratsurteil widerlegt auch eine weitere Aussage des Landeshauptmannes: “Der ENAC-Masterplan ist ein (dem Gemeindebauleitplan) übergeordnetes Planungsinstrument“:
Dies trifft womöglich im Verhältnis zum Leiferer-Gemeinde-BLP zu, keinesfalls aber im Verhältnis zur umfassenden urbanistischen Territorialhoheit der Landesregierung: Im Urteil des Staatsrates heißt es:
„esiste un esigenza di coordinamento tra competenza statale in materia di infrastrutture aeroportuali e competenza provinciale in materia di urbanistica e di lavori pubblici di interesse provinciale(...)“.
Laut Tageszeitung hat LH Kompatscher u.a. erklärt, „dass eine Streichung der Pistenverlängerung die wirtschaftlichen Interessen im Zusammenhang mit dem Flughafenbetrieb beeinträchtige“(....)
Dabei hat er offenbar vergessen, dass – im Gegensatz dazu - eine Verlängerung der Flughafenpiste jene öffentlichen Interessen (die ebenso „wirtschaftlich“ sind) verletzt, die durch das Nein der Volksabstimmung vom 12.06.2016 mehr als deutlich zum Ausdruck gelangt sind.
Rudolf Benedikter, Anwalt, ehemaliger Präsident des Bozner Gemeinderates ist auch Fachberater Recht im Heimatpflegeverband Südtirol.
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So kann man die Sache
So kann man die Sache natürlich auch sehen, bzw. so kann man die Tatsachen verdrehen. Arno Kompatscher hat mit dem Flughafen-Referendum einen riesigen politischen Fehler gemacht, der dem Steuerzahler in der Zeit seit dem Referendum zudem noch sehr viel Geld gekostet hat.
Aber Tatsache ist, dass genau darüber abgestimmt wurde und dass Arno Kompatscher in seiner Flughafenkampagne unzählige mal darauf hingewiesen hat, dass bei einer Ablehnung des Referendums genau das passieren könnte, was jetzt aller Voraussicht nach passiert. Wenn ein Teil des Volkes den Wortlaut des Referendums nicht richtig verstanden hat, dann ist das keinerlei Grund im Nachhinein eine andere Auslegung zu versuchen oder gar die Spielregeln zu änder. Was käme dann als nächstes? Den Ausgang einer Wahl nachträglich zu modifizieren, weil Wähler nicht verstanden haben, dass sie mit der Partei X Extremisten gewählt haben.
Auch wenn einem der Ausgang eines Referendums oder einer Wahl und dessen Folgen nicht gefallen, so hat man diese zu akzeptieren. Alles andere wäre noch viel gefährlicher!
In reply to So kann man die Sache by Paul Schöpfer
Das verstehe ich jetzt nicht.
Das verstehe ich jetzt nicht. Vorweg - ich bin durchaus flughafenskeptisch (weitgehend aus wirtschaftlichen Überlegungen, die etwas weiter als eine oberflächliche Betrachtung gehen), aber nicht antiflughafen-verbissen - ich lass mich von Argumenten und Überlegungen leiten, und kann bei Vorliegen besserer Argumente durchaus reflektieren und sogar Meinung ändern.
Aber dem hier: "So kann man die Sache natürlich auch sehen, bzw. so kann man die Tatsachen verdrehen. (...) Wenn ein Teil des Volkes den Wortlaut des Referendums nicht richtig verstanden hat, dann ist das keinerlei Grund im Nachhinein eine andere Auslegung zu versuchen oder gar die Spielregeln zu ändern. " kann ich wirklich nicht folgen.
Wo verdreht Herr Benedikter die Aussagen? Mir kam eigentlich vor, er habe das ziemlich präzise und leidenschaftslos dargelegt. Meinen Sie mit "verdrehen" die Aussage darüber, ob das Volk nur die Flughafenfinanzierung gestoppt hat oder gegen Ziele und Entwicklungsszenarien des Flughafens gestimmt hat? Falls ja, ich hab das jetzt so vermutet.
Aber der Wortlaut des Referendums sagt:
"Wollen Sie die Genehmigung des Gesetzentwurfes Nr. 60/15, betreffend Bestimmungen zum Flughafen Bozen", zu welchem der Südtiroler Landtag am 4. Dezember 2015 die Anberaumung einer beratenden Volksbefragung beschlossen hat?"
Und der Gesetzesentwurf (https://www.gemeinde.bozen.it/UploadDocs/17616_DDP_LGE_60_2015.pdf) beinhaltet echt die Entwicklungsziele, die zu erreichende Kategorie und Passagierzahlen, und ein Flughafenentwicklungskonzept. Also hat das Volk gegen ein Gesetz gestimmt, das in §2 ganz präzise sogar Uhrzeiten, Passagierzahlen und Kategorien festhalten wollte, das ist schon irgendwie verblüffend.
Ich halte das jetzt wirklich nicht als "Verdrehung", wenn Benedikter darauf aufmerksam macht, oder?
Der Rest seines Beitrags erscheint mir eine juristische Erklärung darüber zu sein, ob das Land nun Mitsprachemöglichkeit hat (was Benedikter behauptet oder belegt) oder nicht (was die Landesregierung behauptet). Recht mehr ist das nicht, keine Umänderung von Spielregeln oder Interpretationen.
In reply to So kann man die Sache by Paul Schöpfer
herr schoepfer,
herr schoepfer,
bitte beruecksichtigen sie, dass es sich hier um eine unverbindliche volksbefragung und nicht um ein referendum handelt. moeglich ist alles was fuer die regierenden politisch tragbar ist.
In reply to So kann man die Sache by Paul Schöpfer
Herr Schöpfer,ich glaube Sie
Herr Schöpfer,ich glaube Sie haben etwas nicht richtig verstanden.verdrehen tun S I E !
Lieber Herr Moar, das ganze
Lieber Herr Moar, das ganze ist rechtlich nicht ganz so einfach und ich verlasse mich da auf die Interpretation der Landesregierungen als auf Herrn Benedikter. Er hat ja nichts zu fürchten, wenn der Rechnungshof die Sache anders sieht als er. Die "Tatsachen" hätte ich mir vielleicht sparen können (man muss ja auch etwas Salz in die Kommentare bringen ;-), aber die Verdrehung ist für mich eindeutig.
Kompatscher & Co. haben immer gesagt, dass genau das die Vorgehensweise ist, die sie gesetzlich gezwungen sind zu gehen. Das wurde hundertfach kommuniziert. Ich denke das können auch Sie bestätigen.
Bei komplexen Fragestellungen
Bei komplexen Fragestellungen und Wahlalternativen, deren Auswirkungen auch von Eingeweihten kaum abschätzbar sind, sollte man eher den Sachverständigen anrufen als den Publikums-Joker zu nehmen.
In reply to Bei komplexen Fragestellungen by Martin Federspieler
Für den Sachverständigen
Für den Sachverständigen reichten die 30 sek nicht aus, der 50:50 Jocker ließ in diesem Falle auch nur zwei falsche Lösungen stehen.....
das ergebnis ist genauso
das ergebnis ist genauso verbindlich wie wahlversprechen nach einer wahl.
Nüchtern betrachtet ist es
Nüchtern betrachtet ist es nichts als die Meinung des Anwalts einer Gruppe, die seit jeher gegen die Entwicklung des Landes ist. Sicher wird sich die Landesregierung nicht von dem gegnerischen Anwalt diktieren lassen, dass sie aus dem, mit viel Geld aufgebauten Flughafenkomplex, nun eine Spielwiese und einen Mückenteich machen soll. Und das auch wieder mit unserem Steuergeld. Die unverbindliche Volksbefragung war sehr klar. "Wollen Sie, dass die Landesregierung MIT STEUERGELD den Flughafen Bozen laut Gesetzentwurf Nr.60 finanzieren soll." Das Nein besagte eben, dass das Land den Flughafen mit Steuergeld nicht weiter erhalten soll. So schreibt der SBB im „Landwirt“ am 13.3.2017: “ Am 12. Juni entscheiden die Südtirolerinnen und Südtiroler darüber, ob das Land Südtirol den Flughafen Bozen in Zukunft finanziell unterstützen soll oder nicht“. Punkt. Und jetzt möchten einige den Leuten einreden es wäre abgestimmt worden ob es überhaupt einen Flughafen geben darf. Fake News in Reinkultur. Die Entscheidung den Komplex an Private zu verkaufen, die ihn dann nach den geltenden Gesetzen betreiben können, ist richtig und nachvollziehbar, und ganz im Sinne der steuerzahlenden Unternehmer, die den Wohlstand, und die Vollbeschäftigung, in den letzten Jahrzehnten, mit ihren Mitarbeitern, erarbeitet haben.
Und ich Idiot habe nicht den
Und ich Idiot habe nicht den 'Landwirt' vom 13.3.2017, sondern den Wahlzettel mit in die Kabine genommen und auf diesem stand nicht "Wollen Sie, dass die Landesregierung MIT STEUERGELD den Flughafen Bozen laut Gesetzentwurf Nr.60 finanzieren soll.", sondern "Wollen Sie die Genehmigung des Gesetzentwurfes Nr. 60/15, betreffend „Bestimmungen zum Flughafen Bozen“, zu welchem der Südtiroler Landtag am 4. Dezember 2015 die Anberaumung einer beratenden Volksbefragung beschlossen hat?". Und im Gesetzentwurf 60/2015 stand als Gegenstand "Dieses Gesetz legt die Entwicklungsziele im Sinne des öffentlichen Interesses laut Absatz 1 sowie eine Obergrenze für die öffentliche Finanzierung des Flughafens fest.".
Ich bin also tatsächlich - fehlgeleitet durch die Konjunktion 'sowie' - dem totalen Irrglauben verfallen, gegen die Entwicklungsziele (Ausbau) UND die öffentliche Finanzierung gestimmt zu haben.
Vielen Dank an die Herren Tessadri & Kunze, die hier wertvolle Aufklärungsarbeit leisten und gegen die Verbreitung von Fake News ankämpfen!
Aber Herr Alessandrini. Immer
Aber Herr Alessandrini. Immer noch die alte Leier? Wenn es keine öffentliche Finanzierung gibt, da das Gesetz abgelehnt wurde, so wird eben der Flughafenkomplex an Private verkauft, die ihn dann im Rahmen der bestehenden Gesetz nutzen können. Es wurde nicht nur die öffentliche Finanzierung sondern auch die öffentlichen Entwicklungziele abgelehnt. Daher haben nun die Privaten ,die bestehenden Gesetze, und das Enac das Sagen. Dass Sie und ihre Freunde das damals nicht verstanden haben, dafür kann doch der Kompatscher nichts. Und überhaupt. Sie sollten den "Landwirt" lesen, dort steht ja bekanntlich was in Südtirol passieren darf und wird. Nie davon gehört ? Und ich würde auch einen Ausflug ,ein Stück in die weite Welt, empfehlen, das würde den Horizont erweitern.