Palazzo Venezia in Istanbul
Im Palazzo Venezia in Istanbul ist das italienische Generalkonsulat untergebracht. Zugleich ist der Palast die zweite Residenz des italienischen Botschafters in der Türkei, der eigentlich in der Hauptstadt Ankara ansässig ist. Zwei Residenzen : Das ist - angesichts der einschneidenden Sparmassnahmen im Aussenministerium in Rom - eine grosse Ausnahme für einen Botschafter. Diese Ausnahme ist auf die italienisch-österreichische Vergangenheit dieses Palastes zurückzuführen. Er war ursprünglich Sitz des "Bailo" gewesen , des mächtigen Chefdiplomaten der venezianischen"Serenissima" in Konstantinopel.
1797, mit dem Ende der Republik von Venedig, wurde der Palazzo von Österreich übernommen. 1808 , nach der Schlacht von Austerlitz, ging der Palazzo Venezia an Frankreich, um später - bis 1918 - wieder von Österreich bewohnt zu werden. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Niederlage der österreichisch-türkischen Verbündeten fiel der Palast definitiv wieder an Italien. Die Spuren Österreichs sind bis heute sichtbar: in Form des Geschirrs, der Heizkörper und der vielen Gemälde.
Seit fünf Jahren hat der Palazzo Venezia würdige diplomatische Vertreter: das ( leider scheidende) Botschafterehepaar Giampaolo und Barbara Scarante - beides echte, gebürtige Venezianer, die dem verfallenden Palast wieder zu Glanz und Berühmtheit verhalfen. " Non ci sono Skei ", das waren die ersten Worte von Barbara, als ich sie vor drei Jahren kennenlernte. Der Anlass: ein italienisch-türkisches Archälogentreffen im Konsulat mit dem dazugehörigen Empfang, der tatsächlich - vom Essen und Trinken her - eher bescheiden ausgefallen war.
Wir können und wollen nicht prassen, sagte Barbara. Erstens, weil wir vom Staat wenig Geld bekommen. Zweitens, weil wir die Finanzmittel lieber in die Rennovierung des Gebäudes stecken. Diese Mittel reichten bei weitem nicht aus und so gaben die Botschafter oft Arbeiten in Auftrag, die nur durch die Vermietung der prunkvollen Festsäle an Unternehmen oder finanzkräftige Organisationen finanziert werden konnten. Vermietet wird pro Tag, letzthin auch an Foto- und Model-Agenturen, die einen luxuriösen Hintergrund für ihre Shootings wünschen.
Um diese Räumlichkeiten den reichen Istanbuler Unternehmern schmackhaft zu machen, organisierten die Scarantes bereits im ersten Jahr ihres Türkei-Aufenthaltes einen Maskenball im Palazzo Venezia. Er wurde ein durchschlagender Erfolg. Die Reichen und Schönen von Istanbul standen Schlange, um eine Eintrittskarte zu bekommen. Bis zu 1000 perfekt verkleidete türkische und italienische "Narren " drängen sich jeweils in den Palazzo, so auch heuer. Dabei existiert der Karneval in islamischen Ländern nicht. So wie auch der 14. Februar als Tag der Verliebten nicht nur verpönt, sondern gar verboten ist.
Eben weil es in Istanbul keinen offiziellen Karneval gibt, bemühen sich die Gäste um besonders prunkvolle Verkleidungen. Alles, was Rang und Namen hat, will sich sehen lassen - es gehört einfach dazu. Nicht nur die betuchten Levantiner - also die in Istanbul geborenen Italiener, sondern auch die alteingesessenen reichen Istanbuler Familien sind dabei - gut versteckt hinter ausgesuchten, originellen Masken und Kostümen.
Der Eintritt ist und war immer frei. Das bedeutet, dass die Versorgung der Gäste jeweils italienischen Lebensmittel- und Getränkefirmen überlassen wird, die auf diese Weise in der Türkei Werbung betreiben können - in Anwesenheit eines Publikums, das Geld und Aufträge verheisst.