Environment | Umwelt

Gestern EXPO und morgen?

Ohne wirksame Nachhaltigkeit riskiert die Welt irgendwann den Bankrott. Professorin Claudia Sorlini berichtet, wie man auf der EXPO 2015 nach Lösungen gesucht hat.
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Eine wachsende Weltbevölkerung auf der einen Seite und schrumpfende Ressourcen aller Art auf der anderen Seite. Diesem Problem kann sich auch eine Weltausstellung wie die EXPO 2015, die im Zeichen des technischen Fortschritts steht, nicht mehr entziehen. Der technische Fortschritt war es, der zum ersten Problem, zur wachsenden Weltbevölkerung, führte, und gleichzeitig ist es der technische Fortschritt, der nun das zweite Problem, die schwindenden Ressourcen (Rohstoffe sowie Nahrung), lösen muss.

In anderen Worten: Es geht um Nachhaltigkeit. Gerade diesem Ziel hatte sich die inzwischen beendete EXPO 2015 von Mailand verschrieben. Dies behauptet jedenfalls Professorin Claudia Sorlini, die Präsidentin des Internationalen Wissenschaftlichen Rates, den die Stadt Mailand anlässlich der Weltausstellung eingerichtet hat.

Prof. Sorlini hat die Fakultät für Naturwissenschaften und Technik an der Uni Bozen einst mitbegründet. Aber nicht wegen der alten Heimatgefühle ist sie am 11. Februar an die Fakultät zurückgekehrt, sondern um über die langzeitlichen Folgen, über das Erbe der EXPO 2015 zu referieren. Wie Sorlini darlegt, ist die Problemstellung klar: Im selben Zeitraum, in dem sich die Weltbevölkerung im letzten Jahrhundert verdoppelte, hat sich die Nahrungsmittelproduktion verdreifacht. Das ist inzwischen aber längst anders, im Gegenteil: Das Wachstum der Nahrungsmittelproduktion wird mit dem Wachstum der Bevölkerung nicht mehr mithalten können.

Also mehr Menschen und weniger Essen. Vor allem dieses Problem der begrenzten Nahrungsressourcen lag der Nachhaltigkeitsforschung auf der EXPO 2015 zugrunde. Da ein globales Problem auch globale Lösungen erfordert, war gerade eine Weltausstellung die ideale Gelegenheit, um sich dem Thema zu widmen. Staaten aus dem globalen Süden, deren Wirtschaft noch hauptsächlich auf Agrarwirtschaft basiert, standen plötzlich im Mittelpunkt, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen stellen ebendiese Länder die Nahrungslieferanten der Welt dar, zum anderen entwickeln auch sie sich zunehmend zu industrialisierten Staaten, die mehr verbrauchen und verschmutzen werden – und das birgt eine zusätzliche Problemstellung: Welche Wege gibt es für diese Entwicklungsländer, unverzüglich zu einem nachhaltigen modernen Staat zu werden, ohne zuerst (wie zum großen Teil der globale Norden) den Schritt der rücksichtslosen Industrialisierung durchzumachen?

Die Spielräume etwas zu verbessern sind jedenfalls noch groß – eine gute und schlechte Nachricht zugleich. Beispielsweise landen immer noch gute 30 Prozent der produzierten Nahrungsmittel auf dem Abfall. Hier muss man ansetzen, sagt Prof. Sorlini. Bevor man mehr Nahrung produziere, müsse man weniger verschwenden. Solche und andere Ziele enthält die „Carta di Milano“, ein Dokument, in dem die millennium goals (die Ziele des Jahrtausends) und einige Wege zu ihrer Erreichung festgehalten sind. Der Grundsatz dahinter lautet: Nahrung ist ein Grundrecht des Menschen.

Schwierig wird es aber, wenn es zur Umsetzung der vornehmen Ideen kommt. Am Ende von Sorlinis Vortrag meldet sich einer der Zuhörer und macht etwas irritiert die Bemerkung, dass auch Fast-Food-Ketten auf der EXPO sehr präsent gewesen seien, z.B. hätte McDonalds ein großes Areal zur Verfügung gehabt. Auf die Frage, wie das mit dem Ziel einer nachhaltigeren Nahrungsmittelproduktion, die auf lokale Produkte, Fair Trade und umweltfreundliche Herstellungsprozesse setzt, zu vereinen sei, kann auch Prof. Sorlini keine wirklich zufriedenstellende Auskunft geben. Sie verweist darauf, dass auch EXPO auf Sponsoren angewiesen ist, die über die nötigen Geldmittel verfügen. Auch das Werben für Nachhaltigkeit muss letztendlich jemand finanzieren. Selbst wenn dieser „jemand“ für seinen Teil ganz und gar nicht nachhaltig ist.