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„Valier war Getriebener und Suchender“

Jörg Zemmler präsentiert beim Bozner Filmfestival gesammelte und verfilmte Erinnerungen an den Südtiroler Künstler Willy Valier.
Jörg Zemmler
Foto: Jörg Zemmler

Willy Valier, Südtiroler Künstler, vor allem bekannt, wegen seiner valierischen Vögel, wurde nach seinem frühen Tod 1968 fast aus dem kollektiven Gedächtnis der Südtiroler gelöscht. Wäre da nicht Jörg Zemmler, der 2020 mit seinem Film, der Person Willy Valier posthum neues Leben einhauchte und ihn in die Erinnerung Südtirols zurückholte. Er machte es sich mit diesen Film zur Aufgabe, durch Interviews zu erzählen, was noch erzählt werden konnte. Im Rahmen des Bozner Filmfestivals wird dieser Film gezeigt.

 

Salto.bz: Hallo Jörg, schön dass du dir Zeit genommen hast für dieses Interview. Heute geht es um deinen Film. Willy Valier (der / il), Genio irrequieto del contropotere (1920 - 1968), der am 8. April in Bozen im Rahmen des Bozner Filmfestivals gezeigt wird. Was hat dich dazu bewogen diesen Künstler näher zu porträtieren?

Jörg Zemmler: Obwohl ich in Seis aufgewachsen bin und Willy Valier lange Zeit ebenfalls dort gewohnt und gelebt hat, wusste ich bis vor ein paar Jahren kaum etwas über ihn. Er ist sieben Jahre, bevor ich geboren wurde, verstorben. Treffen haben wir uns diesem Umstand geschuldet natürlich nicht können, aber ich habe mich sehr darüber gewundert, dass er im kollektiven (Dorf-)Gedächtnis kaum mehr vorhanden war. Dann habe ich im Internet recherchiert und auch dort kaum etwas gefunden. Also habe ich mich dazu entschlossen, Menschen zu suchen, die ihn direkt oder indirekt gekannt haben, die Kamera mitgenommen und aufgezeichnet, was noch übrig war von ihm. In Form von Erinnerungen, Geschichten, Erzählungen habe ich seine Person erforscht und dokumentiert.

 

Ist in der Person und im Leben Willy Valier auch ein Stück weit der Zeitgeist vorhanden oder war er seiner Zeit voraus?

Ich bin kein Kunstkritiker oder Kunsthistoriker, meine Intention war, zu sammeln, zu ordnen, zusammenzufügen, was noch erzählt werden konnte, nicht zu analysieren oder zu beurteilen. Als er sich dem Abstrakten und den Materialbildern zugewandt hat, war das aber auf jeden Fall etwas, das im damaligen Südtirol nicht goutiert wurde. Auf der anderen Seite war er damit auf nationaler und internationaler Ebene voll im Trend.

 

Ich habe mich sehr gewundert, dass Willy Valier im kollektiven (Dorf-)Gedächtnis kaum mehr vorhanden war.

 

Inwiefern war Willy Valier in seiner Persönlichkeit zerrissen?

Auch das kann ich nicht beurteilen. Was ich meine sagen zu können ist, dass er ein Getriebener war und ein Suchender. Auch Kompromisse waren wohl eher nicht sein Ding.

Welcher Gesichtspunkt von Willys Leben hat dich am meisten überrascht?

Dass er sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet hat. Und Gitarre spielen konnte.

 

Viele Journalisten, Kunstkritiker, Freunde, Neider, haben viel über ihn und über sein Leben diskutiert und gesagt. Wie bleibt er für dich in Erinnerung?

Meine Recherche hat ergeben, dass es eben oder viele nicht waren, dass er gegen Ende seines Lebens, als er nicht mehr die, sagen wir, -lieblicheren- Bilder gemalt hat, und nach seinem frühen Tod eher vergessen wurde. Genau deshalb liegt mir dieser Film so am Herzen. Für all jene deren Interesse an Willy Valier durch diesen Film oder generell gewachsen ist oder geweckt wurde, empfehle ich das leider schon vergriffene Buch von Elisabeth Baumgartner "Willy Valier und seine Zeit".

 

Was ich meine sagen zu können ist, dass Valier ein Getriebener war und ein Suchender. Auch Kompromisse waren wohl eher nicht sein Ding.

 

Gibt es für dich einen ganz besonderen Einfluss in Südtirol von Willy und seinen Werken, der bis heute in der Kulturlandschaft nachwirkt?

Das glaube ich nur bedingt. Eben weil er, im Gegensatz zu Karl Plattner beispielsweise, recht schnell in der Versenkung verschwand. Aber seine Zeitgenossen, zumindest die, die ihn kannten und schätzten, hat er sicher beeinflusst. Und dann ihre Nachfolger bis heute. Wobei ich wiederhole, dass ich kein Kunsthistoriker bin.

 

Am Ende des Films kommt zur Sprache, dass Willy Valier zwar revolutionäre Ansätze hatte, dass ihm jedoch der große Sprung auf die internationale Ebene nicht gelungen war und dass ihm dieser Erfolg noch verwehrt blieb. Was sagst du persönlich zu dieser Aussage?

Ich denke, das hat mit den zwei Aspekten zu tun, die damals - und heute noch viel stärker - zu berücksichtigen sind, um für seine Kunst Anerkennung zu finden. Einmal muss die Kunst gut und relevant sein und zweitens braucht es ein funktionierendes Marketing, um weiterzukommen. Vielleicht hat es beim zweiten Punkt etwas gehapert. Aber besser so als umgekehrt. Wer will schon eine Ausstellung zu Marketingstrategien sehen.