Culture | Aus meinem Bücherregal

Ein Menschenkind: Alois Kuperion

In der ersten Ausgabe von ARUNDA, von der ich im verknüpften Beitrag berichtet habe, bin ich von einer Biographie besonders beeindruckt geblieben. Es ist der Beitrag von Roland Kristanell über den Kunstmaler Alois Kuperion aus Kastelbell im Vinschgau.
Wer hätte sich nach zehn Jahren seines Todes noch an ihn erinnert, wenn es nicht ARUNDA gegeben hätte? Es ist die Stärke und Besonderheit der Kulturzeitschrift geblieben, dass sie Persönlichkeiten vorgestellt und Themen aufgegriffen hat, die sonst für immer verborgen und vergessen geblieben wären.
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„ Im Jahre 1950 sah ich Alois Kuperion zum ersten Mal. Er kam in unser Geschäft und kaufte eine „Alfa“. Er glich einem Bettler. Er trug einen schwarzen Tschako mit aufgestülpten Ohrenschützern, zu lange, ausgebeulte Hosen, Bergschuhe, starke Brillen und an seiner Rechten pendelten Gehstock und Regenschirm. Er war eher klein und schwächlich. Sein Gesicht war ein einziges sphinxisches Lächeln, seine wachen, hellblauen, wässrigen Augen sahen staunend in die Welt. Er war 59 Jahre alt. Er habe wenig Geld, aber er sei Maler und verkaufe Bilder. Meine Schwester schenkte ihm fünf Zigaretten und wollte die Bilder sehen. Kuperion ging in den hinteren Ladenraum und packte eine Kinderschulmappe aus dem Rucksack. Dann zeigte er seine Arbeiten: Bild für Bild hob er sorgsam gegen das Licht, so als zeige eine Mutter ihre Kinder. Geduldig erklärt er Bildinhalte. Jetzt war er kein Bettler mehr. Jetzt glich er einem verarmten österreichischen Adligen, man spürte etwas undefinierbar Nobles, das trotz mitmenschlichen Angewiesenseins auf Distanz hielt …. „

Alois Kuperion wurde 1891 in Tarsch bei Latsch als einziges Kind eines Kleinbauern geboren. Er war als Kind viel bei seinem Onkel, der Pfarrer im Passeiertal war. Er besuchte dann eine landwirtschaftliche Schule in Rotholz, wo er Knospen und Fruchtzweige zeichnen lernte. Das gefiel ihm und er begann auch zu malen. Der zweiten Ehe des Vaters entsprossen zwölf Kinder, deshalb zog Alois in die Fremde. Im Ersten Weltkrieg diente er bei den Kaiserjägern, während des Zweiten Weltkrieges verbrachte er zehn Jahre in Österreich. In den jungen Jahren war er zu Fuß nach Florenz und Rom, Genua und an die Riviera gewandert. Er bewunderte die großen Werke der Malerei, denn Kunst war ihm der liebste und wertvollste Lebensinhalt. Die Malerei war Ausdruck seines inneren Gefühles. Nach dem Krieg fand er eine Unterkunft in Kastelbell und unternahm Streifzüge nach Meran, Bozen und zur Biennale nach Venedig. Seine Behausung am Dachboden war klein und im Winter bitter kalt. Und weil er nur mit seine Bildern bezahlen konnte, nannten sie ihn den „Lottermoler“, also den bettelnden Maler. Nach 1957 lebte er in Meran. Dort traf er „Freunde der Kunst“ und auf seiner Visitenkarte stand „Alois Kuperion – Kunstmaler – Gasthaus zum Goldenen Löwen – Postgasse – Meran“. Durch seine erste Ausstellung 1961 konnte er die Schulden im Gasthaus begleichen und bekam dann eine Unterkunft im Altersheim, wo er im Jahre 1966 verstarb.

Die Meraner Ausstellung wurde auch in Lugano, Florenz und Rom gezeigt. Vor der Abreise nach Lugano soll Kuperion gesagt haben: „Jetzt muss ich nach Lugano, denn wenn ich bei der Eröffnung nicht anwesend bin, meinen die Leute, dass es mich gar nicht gibt“.