Willkommen in unserem Land
Ob große oder kleine politische Bühne: Das Thema dieses Sommers heißt Flüchtlinge. Und: Der Umgang mit der großen Zahl von Menschen auf der Flucht vor Krieg, Terror und Not wird die EU auch in der näheren Zukunft vermutlich mehr beschäftigen als Griechenland und die Stabilität des Euro, prophezeite Deutschlands Kanzlerin Angela Merkl erst am Wochenende in ihrem großen TV-Sommerinterview. Das zeigt sich auch in Österreich, wo sich die Bundespolitik zu Wochenbeginn auf das umstrittene Durchgriffsrecht einigte. Sprich: Der Bund soll in Österreichs Gemeinden dank einer Änderung im Verfassungsgesetz auch gegen den Willen von Ländern und Gemeinden Unterkünfte für Asylwerber errichten können. Wenig amused zeigt sich darüber naturgemäß FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Sollte die geplante Verfassungsänderung keiner Volksabstimmung unterzogen werden, will er ein Volksbegehren „Österreich zuerst Teil 2“ initiieren, kündigte er in bester Tradition eines Matteo Salvini – „i vescovi non rompano le palle ai sindaci" oder Andreas Pöders „Gutmenschen-Steuer“ an.
Dabei kommen gerade aus Österreich laufend Beweise dafür, dass viele Bürgermeister alles andere als vermeintliche Hilfestellungen aus dem rechten Lager brauchen, um mit der Flüchtlingsproblematik fertigzuwerden. Wenn sich schon die große Politik nicht auf Lösungen einigen kann, tun wir es, beweist beispielsweise ein Vorarlberger Dorf mit gerade einmal 3182 Einwohnern. Alberschwende – ein Dorf gegen Dublin, übertitelte die österreichische Tageszeitung Die Presse erst vergangene Woche die Zusammenfassung eines monatelangen und erfolgreichen Kampfes gegen die Abschiebung von fünf syrischen Asylwerbern in das Erstaufnahmeland Ungarn. Die durchaus kreativen Methoden, die dabei angewandt wurden, bilden einen fast filmreifen Stoff. Im Mittelpunkt steht dabei eine ÖVP-Bürgermeisterin, die mit engagierten BürgerInnen die Initiative „Wir sind Asyl“ gründet. Die legte nicht nur auf juristischem Wege Beschwerde gegen die umstrittene EU-Regelung ein, sondern organisierte auch eine Telefonkette aus 120 Bewohnern des Dorfes, dank der die Flüchtlinge im Fall eines Einschreitens der Behörden rechtzeitig die Möglichkeit erhalten sollten, sich zu verstecken.
Auch im Osten des Landes gibt es zahlreiche Bespiele, dass der aktuelle Flüchtlingsnotstand ganz andere Geschichten hervorbringen kann als sie aus dem Erstaufnahmelager in Traiskirchen kommen. „Flüchtlinge demonstrativ empfangen, den Gemeinsinn mit Hilfsaktionen stärken, die Selbstbestimmung stärken und die Hetzer ausgrenzen“, brachte der Chefredakteur des Wiener Magazins Falter erst kürzlich das Erfolgsrezept seiner niederösterreichischen Heimatgemeinde Eichgraben auf den Punkt, wo die meisten Asylwerber innerhalb eines halben Jahres Teil der 4000-Seelen-Gemeinde wurden. Anregungen dafür finden sich auf der Facebook-Seite des Vereins, der wesentlich dazu beitrug.
"Unter unseren Sonnenhof-Gästen befinden sich wahre MeisterköchInnen. Wer ist neugierig darauf Gerichte aus Syrien, dem Iran, Irak, Georgien oder Russland kennen zu lernen, möchte gerne 2 oder mehrere KöchInnen einladen und mit ihnen gemeinsam kochen, essen, sich auf unbekannte Kulturen einlassen, eventuell ein bisschen Deutsch üben und auf jeden Fall eine sehr bereichernde Zeit miteinander verbringen?"
Malser Vorbereitungen
„Willkommen in Deutschland, willkommen in meinem Land, haben sie einen schönen Tag“: Die Botschaft eines deutschen Busfahrers an 15 Asylwerber, die ZDF-Moderator Claus Kleber erst kürzlich fast zu Tränen rührte, enthält bereits die Essenz von dem, was alle Erfolgsgeschichten zum aktuellen Flüchtlingsnotstand gemein haben. Denn so sehr ein Andeas Pöder solche Willkommensgrüße auch verteufeln mag: Ohne die Menschlichkeit vermeintlicher Gutmenschen ist die aktuelle Notlage weit schwieriger zu bewältigen als mit. „Aus meiner Sicht ist das Allerwichtigste, dass die Gemeinde die Asylwerber miteinbezieht und den BürgerInnen vermittelt: Das sind Menschen wie wir“, sagt auch der Malser Bürgermeister Ulrich Veith.
Zwischen 30 und 40 Flüchtlinge sollen in den kommenden Monaten im ehemaligen Malser Altersheim eine Unterkunft finden. Noch sind dort verschiedene bauliche Anpassungsarbeiten durchzuführen. Dennoch versucht die Gemeindeverwaltung schon vorab, verschiedenste Gruppierungen zu aktivieren. „Der Sportverein hat sich zum Beispiel bereit erklärt, möglichst viel mit den Flüchtlingen zu unternehmen, auch Sprachkurse sind bereits geplant“, erzählt Veith. Obwohl die Malser auch die erste Flüchtlingswelle zur Zeit des Balkankrieges keineswegs negativ in Erinnerung haben, will ihr Bürgermeister vermeiden, dass die Flüchtlinge diesmal erneut vollkommen isoliert von der Bevölkerung untergebracht werden. „In Südtirol wird oft vergessen, wie viele Menschen bei uns weggezogen sind, weil sie keine Arbeit hatten“, sagt Ulrich Veith. So wie viele Vinschger in den Nachbarstaaten aufgenommen wurden, soll laut seinen Vorstellungen auch jenen Menschen begegnet werden, die nun ihre Heimat verlassen müssen, weil sie Probleme haben. Allein steht er mit dieser Auffassung in Mals keineswegs da. „Im Gegenteil – es melden sich ganz viele Menschen, die helfen wollen“, sagt Veith. „Vielleicht auch, weil es uns als Gemeindeverwaltung gelingt, das Positive zu sehen statt Angst zu schüren.“
Neuer Anlauf für Vintler Fischerhaus
Ähnlich gelassene Töne kommen aus jener Südtiroler Gemeinde, die 2012 mit einem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim für Schlagzeilen sorgte. Am 3. Mai vor drei Jahren wurden auf das Vintler Fischerhaus drei mit Benzin gefüllte Bierflaschen geworfen. Seit einer Woche sind in der Struktur wieder 20 Männer und zehn Frauen aus Westafrika untergebracht. Angst vor einer Wiederholung der Aggression ist bei Vize-Bürgermeister Walter Salcher keine herauszuhören. Vielmehr sieht er die neuerliche Belegung des Hauses als positiv denn als belastend. Statt vom Verein „Volontarius“ werden die Asylwerber diesmal von der Caritas betreut, die eng mit der lokalen Pfarrcaritas zusammenarbeitet. Die Akzeptanz in der Bevölkerung sei bereits im Vorfeld bei einer offenen Veranstaltung mit Landesrätin Martha Stocker, Abteilungsdirektor Luca Critelli und Caritas-Direktor Franz Kripp gefördert worden, bei der alle offenen Fragen und Zweifel angesprochen werden konnten. Mittlerweile habe die Bevölkerung den Flüchtlingen verschiedene Gebrauchsgegenstände wie Geschirr und Fahrräder zur Verfügung gestellt, sagt Vintls Vize-Bürgermeister. „Auch die nah gelegene Naherholungszone mit dem Sportplatz wird von den Flüchtlingen gemeinsam mit den Jugendlichen des Ortes genutzt.“ In Kürze werden Sprachkurse in Deutsch und Italienisch angeboten. „Darüber hinaus werden von verschiedenen Vereinen Projekte angeboten und auch die Durchführung von gemeinnützigen Diensten für die Gemeindeverwaltung werden angedacht“, so Walter Salcher.
Ängste in Wiesen
So friktionslos dies alles klingen mag: Nicht zuletzt in Internetkommentaren und Posts zum Thema Flüchtlinge zeigt sich, dass nicht jedermann bereit ist, das Beste aus einer schwierigen Situation zu machen. Das beobachtet auch der Pfitscher Unternehmer Peter Trenkwalder. Auch in seiner unmittelbaren Umgebung, der ehemaligen „Gnutti”-Kaserne in Wiesen-Pfitsch, sind vor einer Woche 25 afrikanische Flüchtlinge eingezogen. Dass dies auch Unruhe bringt, will Trenkwalder keinesfalls leugnen. „Es herrscht sehr viel Angst und deshalb sind die Leute nervös und teilweise aggressiv diesem Thema gegenüber“, sagt er. Hilfreich sei im konkreten Fall Wiesen auch nicht gewesen, dass „die zuständige Landesrätin das Gemeindegebiet verwechselt hat und dachte, die Kaserne, in der die Flüchtlinge aufgenommen werden sollen, sei in Sterzing statt in Wiesen“. Umso bewusster postete Peter Trenkwalder nach der Ankunft der Flüchtlinge seine Meinung zum Thema auf Facebook.
"Die Flüchtlinge, welche jetzt bei uns in Wiesen (kleines Dorf in Südtirol) angekommen sind, sind in erster Linie MENSCHEN wie Du und ich. Natürlich gibt es Angst und wir wissen nicht genau wie sich das alles entwickelt. Auch sollten wir nicht blauäugig durch die Gegend laufen in der Meinung alles wird gut. Was wir aber tun sollten ist: wir sollten uns dafür einsetzen, dass unser zukünftiges Zusammenleben funktioniert. Jeder auf seine Art und Weise. Und nicht vergessen, wir reden hier von MENSCHEN."
Wie konkret aber kann sich ein Wiesner oder eine Wiesnerin dafür einsetzen? „Ich bin der Meinung, dass wir den Menschen, die hier in Wiesen angekommen sind und noch kommen werden, ein Gesicht und einen Namen geben und für sie die Möglichkeit schaffen sollen, von ihrer Herkunft zu erzählen“, antwortet Trenkwalder. Nur so könne den Ansässigen die Angst genommen werden. Auch wolle er sich dafür engagieren, dass er und andere Unternehmer versuchen, eine Beschäftigung für die Asylwerber zu finden. Leicht wird es nicht werden, räumt Trenkwalder ein. „Denn auch bei uns gibt es genug Leute, die keine Arbeit finden.“ Doch ohne ein positives Umfeld sieht auch der Unternehmer keine Chance für ein friedliches Zusammenleben. Und von dem profitieren schließlich alle.
Ein sehr Interessantes
Ein sehr Interessantes Interview
http://media2.ws.irib.ir/german/media/k2/audio/288079.mp3
http://german.irib.ir/analysen/interviews/item/288079-interview-mit-chr…
Genau davor haben die Menschen Angst.
Europa ist damit überfordert...die Politik weiß das.
Wir dürfen nicht vergessen welche Weltmacht halb Afrika in Brand gesetzt hat,und diese Flüchtlingswelle ausgelöst hat.
Europa soll destabilisiert werden.
In reply to Ein sehr Interessantes by Lupo Cattivo
Oje, jetzt haben die
Oje, jetzt haben die Verschwörungstheoretiker Salto gefunden.
Auf allerhand Groteskes wie Chemtrails, Ufos, die Erde ist in Wirklichkeit platt usw., können wir uns in den nächsten Tagen freuen.
In reply to Oje, jetzt haben die by Mensch Ärgerdi…
Das hat nichts mit
Das hat nichts mit Verschwörungstheorie zu tun,Ufos oder sonst was.
Eher mit Ursache und Wirkung,und die sich daraus ergebenen Notsituationen und Probleme,für die Flüchtlinge die Heimatlos geworden sind. Man man sollte auch die Ängste der Einheimischen verstehen.
Wir wissen,dass all dies nicht so sein sollte.
Zu viele Kulturen,Meinungen,Religionen werden einfach aufeinander los gelassen,und prallen aufeinander.
Intoleranz,Überlebensängste,Armut,Verzweiflung,Neid daraus entstehen Verfeindungen unter den verschiedenen Ethnien.
Ein sehr gefährliches Gemisch,das leicht explodieren kann...es braucht nur einen zündenden Funken,und das Pulverfass explodiert. Leider ist das die Realität,und Realität muss sich nicht rechtfertigen.
Wir werden sehen was die Zukunft uns bringt...