Culture | Frei.Wild

“Wir haben ausgemistet”

Was sie auch machen, der Kritik können sich Frei.Wild gewiss sein. Nach einem Statement gegen Fremdenhass blieben die Reaktionen nicht aus. Doch die Band bleibt unbeirrt.

Die meisten dürften es wohl schon gelesen haben, auch hierzulande: das Statement, das Frei.Wild unter dem Titel “Die Welt ist bunt!” am 14. August auf ihrer Homepage und zeitgleich auch auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht haben. Darin wandten sich die Bandmitglieder der Südtiroler Deutschrockband an “Fans, Freunde und leider auch solche, die wir hier und heute endgültig vor die Wahl stellen werden”. Sie wollen ein für alle Mal aufräumen, mit Vorurteilen, Anfeindungen, Kritiken und Instrumentalisierung der Band und ihrer Songtexte. Und mit jenen Frei.Wild-Anhängern, die offen ihren Fremdenhass zur Schau stellen.

“Gegen Rassismus zu sein, ist für uns eine Frage des An- und Verstandes”, schreibt die Band, “alle, die diese Sache gleich sehen und in irgendeiner Form Menschlichkeit walten lassen, haben unseren größten Respekt. Für diejenigen, die das anders sehen (…) gilt Folgendes: Ihr seid hier nicht willkommen, ihr seid nicht Teil von uns, verpisst euch, wir sind die gänzlich falsche Band für euch.” Eine klare Ansage. Die geht auch an jene Menschen, die sich im europaweit tagtäglich für die Schwächsten der Gesellschaft einsetzen: “Sie tun das völlig uneigennützig, obwohl sie dafür nichts zu erwarten haben. Sie tun das, weil sie es für richtig halten und es absolut notwendig ist, diesen gescheiterten Existenzen aufzuzeigen, dass ihr Hass und ihre Aktionen nicht tolerierbar und auf ewig inakzeptabel sind, egal ob in Italien, Österreich, Deutschland, eben in ganz Europa. Es ist Wurscht, wie sich solche Idioten und Gruppierungen nennen, ganz egal ob “PEGIDA”, “AfD”, “Keine Asylanten in…” usw.”


Lob und Kritik

Frei.Wild wäre nicht Frei.Wild, wenn sie mit ihrem Statement nicht für Wirbel gesorgt hätten. Erwartungsgemäß und beabsichtigt, natürlich. Die Mehrzahl der Reaktionen auf die Stellungnahme fiel positiv aus. Zahlreiche Fans, aber auch Skeptiker zeigten sich erfreut: “Sehr gut, dass ihr euch endlich klar positioniert und das deutlich macht”, lobte ein User auf der Frei.Wild-Facebook-Seite. Eine weitere Kommentatorin schrieb: “Ich werde wohl niemals ein Fan von eurer Musik, aber ich ziehe den Hut und verneige mich tief vor diesem längst überfälligen Statement. Ich hoffe, ihr meint es so ernst, wie es sich liest.” Doch einige Leute fühlten sich wohl persönlich angesprochen und beleidigt von den klaren Worten der Band. Der ungewohnte politische Ton der Band scheint vielen bisherigen Fans mit rechtsgerichteten Ideen nicht zu schmecken. Viele kündigten an, sich nun von Frei.Wild abwenden zu wollen. Manche warfen ihnen vor, sich für den Erfolg zu verkaufen. Einige fragen sich hingegen, ob der Account nicht von “linken Gutmenschen” gehackt worden sei.  “Ihr hättet euch da raushalten sollen zu PEGIDA, AfD usw. Jetzt verliert ihr eure Fans…selbst Schuld!, schreibt ein hörbar enttäuschter Frei.Wild-Anhänger auf deren Facebook-Seite.


Vergeben und vergessen?

Doch damit erreichen sie bei der Band offensichtlich genau: nichts. “Wie komplex, wie überraschend, wie unglaublich... und zu guter Letzt auch ein Zeigefinger auf uns selbst”, schreiben die Musiker am Montag Abend auf Facebook. Man sei sich bewusst gewesen, dass man mit dem Statement gegen Fremdenhass ein großes Echo hervorrufen würde. Sie bedanken sich bei jenen, die positiv darauf reagierten, minimieren die Reaktionen ihrer “hochmotivierten Kritiker”, die ihr Statement samt den Reaktionen darauf natürlich als “nicht kredibel, kalkuliert und Management- gesteuert abtun mussten”. Und zeigen keinerlei Reue, zahlreiche “vermeintlich alte Fans” vergrault zu haben. “Wir haben ausgemistet, haben unsere Ansichten unters Volk gebracht, haben damit Menschen erreicht, die uns bis vor wenigen Tagen schlichtweg keine Schallwelle geschenkt hätten”, so die Worte der Band.

 

Warum wir Ross und Reiter nennen!!!Wie komplex, wie überraschend, wie unglaublich... und zu guter Letzt auch ein...

Posted by Frei.Wild on Lunedì 17 agosto 2015

Ende gut, alles gut? Dass mit den Polemiken um die Südtiroler Deutschrocker mit den Geschehnissen der letzten Tage nun Schluss ist, davon ist wohl nicht auszugehen. Auch Frei.Wild selbst rechnen augenscheinlich nicht damit. Ihren letzten Facebook-Eintrag zur Diskussion schließen sie mit den Worten: “So Leute da draußen, liebt uns oder fresst uns, die nächsten Worte gehören euch.”

Ihren Auftritt im Hamburger Lokal “Platzhirsch” hat Frei.Wild übrigens mittlerweile abgesagt. Nach der irreführenden Anspielung auf einen Auftritt der Band Mitte September auf dem Reeperbahn-Festival – die Veranstalter distanzierten sich öffentlich von der Gruppe und schalteten ihre Anwälte ein – war ein Shitstorm über die Musiker hereingebrochen.