Society | Femizid

Wir müssen mehr tun

anläßlich des brutalen Mordes an Celine Frei Matzohl in Schlanders ist es wichtig auch aus männlicher Position Stellung zu beziehen.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Femizide sind vorsätzliche Tötungen an Frauen auf Grund ihres abweichenden Verhaltens gegen tradierte und normative Rollenvorstellungen des Mannes (zumeist Ex/Partners im Zuge von Trennungen). Sie sind Ausdruck einer hierarchisierten Gesellschaft, in welcher Verstöße einer Gruppe (die in der gesellschaftlichen Hierarchie weniger wert ist – siehe unbezahlte Hausarbeit und schlechter bezahlt Frauenberufe) gegen die Erwartungen einer höher positionierten Gruppe (siehe Führungspositionen) mit Gewalt durchgesetzt werden („The winner takes it all“), statt nach einer Lösung für beide Seiten z.B. durch Mediation zu suchen. 

Die Tätertypen einer Durchsetzung mit Tötungsabsicht sind laut Erkenntnissen der aktuellen Forschung (Greuel 2009) zumeist entweder depressiv/suizidal mit extremer Abhängigkeit des Selbstwerts von der Partnerin oder narzisstische Täter mit Racheabsichten. Bei 25 – 33 % gibt es Hinweise auf psychische Beeinträchtigungen, insbesondere Depressionen und Suizidalität (FemUNited Projekt).

Es geht zumeist um den (gefühlten) Verlust von Kontrolle bzw. Gestaltungsmöglichkeiten in Trennungssituationen. Männer sind nicht gewohnt, dass ihnen eine Situation entgleitet, sie emotionelle (und existenzielle finanzielle) Verluste erleiden. Sie wurden nicht dazu erzogen und es ist im Freundeskreis nicht anerkannt Ängste (vor diesen Verlusten) zu zeigen und sich Hilfe zu holen. Und wenn sie sich dazu durchringen sind die Angebote von fachlich qualifizierter Hilfe oft nicht ausreichend (lange Wartezeiten, weit entfernt, …).

Es braucht daher mehr finanzielle Ressourcen in der Prävention, das kommt der Gesellschaft insgesamt günstiger als die Folgen von Gewalt (wobei ein Menschenleben sowieso unbezahlbar ist).

Die Maßnahmen müssen auf verschiedenen Ebenen ansetzen

unmittelbar bevor bzw. während häuslicher Gewalt (Sekundärprävention)

auf individueller Ebene: Männern stärken und unterstützen mit Kontrollverlust und Gewaltimpulsen umzugehen

auf struktureller Ebene: Eskalations- und Verlustrisiken reduzieren

  • Vorrang von Familienmediation vor strittiger Trennung („The winner takes it all“)
  • Gleiche Konditionen für rechtliche Beratung und Begleitung bei Trennungssituation für Männer / Väter (durch männliches Fachpersonal, flächendeckend, ohne Wartezeiten, kostenfrei)
  • Verpflichtende, kostenlose Beratung im Zuge wenn die Polizei im Rahmen der Gewaltprävention eingeschritten ist (siehe Österreich)
  • Begleitung von weggewiesenen Männern (Gefährdern) statt ausschließlich (notwendige) Abgrenzung von potentiellen Opfern und ihrer Stigmatisierung („Abschaum“)

Verhinderung der Entstehung von Rollenstereotypen und Gewalt als Durchsetzungsoption(Primär-Prävention)

  • rollenklischeefreie Erziehung ab der Frühpädagogik (Kindergarten
  • Antigewalttraining (aller Intensitätsstufen) für beide Geschlechter mit männlichen und weiblichen Trainer*innen
  • mediale Kampagnen wie z.B. „Don’t be that Guy“ oder die Fotoaktion in Meran
  • gleichmäßige(ere) Verteilung von Hausarbeit und Einkommen zwischen Mann und Frau, reduziert Gewalt in den Beziehungen auf (siehe Studie bundesdeutsches Frauenministeriums 2009)
  • Förderung von aktiver Vaterschaft. Fürsorgliche Vaterschaft senkt nachweislich den Testeron- (Aggression) und erhöht den Oxytocin (Fürsorge) Spiegel.