Politics | Tourismus

„Am Ende zählen die Fakten“

Nach der Vorstellung der Gästekarte 2.0 gehen die Wogen hoch. Verdrehen wir nicht die Tatsachen und bleiben wir bei der Wahrheit, sagt Tourismuslandesrat Arnold Schuler.
Arnold Schuler
Foto: Asp
„Leider konzentriert sich alles auf die polemische Frage, ob der Gast mehr zahlt als der Einheimische“, erklärt Tourismuslandesrat Schuler – angesprochen auf die aufgeheizten Diskussionen rund um die neue Gästekarte. Schuler betont dabei, dass der Fokus auf die Gesamt-Einnahmen, die dem Sektor Mobilität zugute kommen, gerichtet sein sollten.
Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider stellte vergangene Woche die Details zum „Südtirol Guest Pass“ vor, der ab 2023 alle anderen Gästekarten ersetzen wird. Mit der neuen Karte werden die Angebote der öffentlichen Verkehrsmittel sowie von rund 80 Museen gebündelt. Die Kosten für das kombinierte Angebot werden über die Nächtigungsbetriebe abgerechnet.
 
Wir mussten ein System schaffen, welches bestimmte Basis-Angebote enthält, aber auch auf andere Angebote ausgeweitet werden kann sowie ein Besuchermanagement zulässt.
 
Die Gästekarte ist beileibe keine neue Erfindung und auch bisher hat der Tourismus einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen Mobilität geleistet. Mit der einheitlichen Gästekarte wollte man zum einen die zahlreichen verschiedenen Kartensysteme vereinheitlichen und zu einem einzigen System zusammenfassen. In einem zweiten Moment sollen über ein integriertes Buchungsmanagement auch die Besucherströme gelenkt werden, damit es an bestimmten Touristen-Hotspots nicht zu Überbuchungen kommt. Mit Prags, wo heuer erstmals ein Buchungssystem implementiert wurde, hat man bereits erste positive Erfahrungen sammeln können.
In der Basis-Leistung ist die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel und der Besuch von rund 80 Museen enthalten. Ein weiteres Segment betrifft bestimmte Angebote, welche im jeweiligen Bezirk angeboten und genutzt werden können. Mit der höchsten Stufe schließlich können auch individuelle Angebote in Anspruch genommen bzw. gebucht werden.
„Wir mussten ein System schaffen, welches bestimmte Basis-Angebote enthält, aber auch auf andere Angebote ausgeweitet werden kann sowie ein Besuchermanagement zulässt“, erklärt Landesrat Schuler und betont, dass diese große Reform zukunftsweisend sei.
 
 
 
 
Auch in der Frage der Finanzierung habe man einen richtungsweisenden Schritt unternommen: Nachdem die Verrechnung bis dato über die Betriebe bzw. über die Tourismusvereine erfolgte, wurde die Frage aufgeworfen, inwieweit es sinnvoll sei, die Gästekarte über die Ortstaxe abzurechnen bzw. die Karte mittels Steuern zu finanzieren. Wie der Tourismuslandesrat unterstreicht, hätte dies den Vorteil gehabt, dass man in der Werbung klar kommunizieren hätte können, dass sich Südtirol als Region der nachhaltigen Mobilität positionieren möchte. „Vor dem Hintergrund der gesamten Nachhaltigkeitsthematik wäre das ein sehr positives Signal nach außen gewesen“, so Schuler. Nach langen Diskussionen habe man sich jedoch auf einen Kompromiss geeinigt, und zwar wurde mit den Betrieben und Tourismusvereinen vereinbart, dass sich während der Anfangsphase mindestens 70 Prozent der Betriebe an den Kosten für die Karte beteiligen, nach drei Jahren sollen mindestens 90 Prozent der Betriebe daran teilnehmen. Andernfalls müsste das System tatsächlich wieder über die Ortstaxe abgerechnet werden.
 
 
 
Die Diskussionen und Streitereien, die sich in der Folge entwickelt haben, seien nicht nachvollziehbar, erklärt Schuler. Stellt man nämlich die Einnahmen der öffentlichen Mobilität aus dem Tourismussektor des Jahres 2019 den tatsächlichen Entwertungen gegenüber, so ergibt sich ein Ungleichgewicht – zugunsten der Einnahmen. Während nämlich die Touristen bei den Einnahmen mit 23 Prozent zu Buche schlagen, haben nur 16 Prozent die öffentlichen Transportmittel in Anspruch genommen. „Mit dem neuen mehrstufigen System ist sogar eine Erhöhung dieses Anteils vorgesehen. In drei Jahren, wenn das Komplett-Angebot steht, möchten wir zusätzliche 14 Millionen an Einnahmen für den öffentlichen Verkehr generieren“, erklärt Schuler und verweist auf den Unterschied in den Verrechnungssystemen. Während Pendler und Einheimische pro Fahrt einen bestimmten Tarif bezahlen, fließen aus dem Tourismussektor mehr Gelder in die Kassen des Transportssektor, als es der tatsächlichen Nutzung entspricht.
 
Wenn wir das Verrechnungssystem für die Einheimischen auch auf die Gäste anwenden würden, dann würden wir bereits heute drei Millionen Euro an Einnahmen verlieren und künftig würden es wohl noch mehr sein.
 
„Wenn wir das Verrechnungssystem für die Einheimischen auch auf die Gäste anwenden würden, dann würden wir bereits heute drei Millionen Euro an Einnahmen verlieren und künftig würden es wohl noch mehr sein“, entgegnet Schuler auf die Kritik seitens Gewerkschaftsvertretern und Vertretern der Oppositionsparteien. Am Ende zählten die Fakten bzw. die Gesamteinnahmen, die der angeblichen Ungleichbehandlung der Einheimischen gegenüber den Touristen widersprechen. „Es ist nicht gerade einfach, Vorurteilen, wie beispielsweise ‚Gäste fahren gratis‘, die vor allem auf der emotionalen Ebene kolportiert werden, mit Vernunft entgegen zu treten und die Faktenlage in einer derart aufgeheizten Stimmung entsprechend richtig zu kommunizieren“, so Schuler und betont, dass man bei der Wahrheit bleiben müsse und nicht eine verdrehte Version davon verbreiten dürfe. Die Betriebe werden auch künftig für alle Touristen in das System einzahlen, auch für jene, welche die Vorteile nicht nutzen. „Für mich ist entscheidend, dass für jene, die das Angebot nutzen, fair eingezahlt wird – und das ist hier der Fall“, so Schuler, der weiters darauf verweist, dass man im Gegensatz zu allen anderen öffentlichen Tarifen auch die Inflationsanpassung in die Gästekarte inkludiert habe. Zum Ziel, dass dem Gast ein Anreiz für den Umstieg vom Auto auf die öffentlichen Verkehrsmittel geboten werden soll, bekennen sich mittlerweile sowohl die Politik, Tourismussektor wie auch die Gesellschaft. Mit dieser Karte sollen zumindest die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, damit dies auch gelingt.
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Andreas Thanei Tue, 10/18/2022 - 11:29

Aber dass sehr viele Gäste nicht oder falsch entwerten wird hier nicht berücksichtigt. Zum einen wissen viele Gäste nicht, dass sie überhaupt entwerten müssen (oder wollen es nicht wissen), zum anderen wird sehr oft nur einmal entwertet (z. B. bei einer 7-Tageskarte nur am ersten Tag) und nicht, wie von der Landesregierung vorgesehen, jedes Mal bei der Benützung. Dann kommt noch dazu, dass am Bahnhof Bozen die Entwerter des Verkehrsverbundes sehr gut versteckt sind und vielfach versucht wird an den Entwertern von der Trenitalia zu entwerten. Das funktioniert aber nicht und wird natürlich auch nicht als Entwertung gezählt.
Das alles verfälscht die Statistiken erheblich.

Tue, 10/18/2022 - 11:29 Permalink
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Heinrich Zanon Tue, 10/18/2022 - 11:55

So ganz nebenbei darf wohl auch daran erinnert werden, dass mit erstaunlicher Häufigkeit ganze Busladungen von Einheimischen und Feriengästen ohne Gästekarte überhaupt gratis durch die Lande fahren, wenn das Entwerter-System ausfällt.
Ich fahre immer wieder mit öffentlichen Bussen und schätze, dass seit Jahren auf den verschiedensten Linien unglaublich oft (meiner Schätzung nach in mehr als 10% der Fahrten) Entwertungen unterbleiben müssen, da sich die Apparate als tot herausstellen.
Es ist nicht zu fassen, dass seit all der Zeit die IT-Techniker und die Verantwortlichen der Linienbetreiber die Problematik nicht mitbekommen oder jedenfalls nichts Zielführendes dagegen unternommen haben.

Tue, 10/18/2022 - 11:55 Permalink
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M A Tue, 10/18/2022 - 13:00

Die Diskussion reduziert sich inzwischen vor allem auf die Mobilität.
Wie aber könnten die Einheimischen mit SüdtirolPass bei den Museumseintritten profitieren?
Schließlich sollen sie ja nicht mehr zahlen als die Gäste (frei nach Alfreider!).

Tue, 10/18/2022 - 13:00 Permalink
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Ursula Pichler Tue, 10/18/2022 - 14:50

Als begeisterte Nutzerin unserer öffentlichen Mobilität finde ich das System und das Angebot super. Ich bin für die Gästekarte und wünsche mir für unser Land, dass diese von den Gästen immer stärker genutzt wird. Mehr Schulung an die Beherbergungsbetriebe könnte eine ausreichende Information für die Gäste bzw. deren entsprechend korrekte Handhabung sicherstellen. Bitte bleibt dran, danke!

Tue, 10/18/2022 - 14:50 Permalink
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josef burgmann Tue, 10/18/2022 - 16:36

In reply to by Ursula Pichler

Mir fehlen hier Statements von Beherbergungsbetrieben. Die Mobilität ist ein interessantes Metier.
Obwohl Nachhaltigkeit gepredigt wird, ist das Verhalten der Gäste ganz ein anders.
Wir haben die Bushaltestelle vor der Haustüre. In den letzten Zehn Jahren war es mir nie möglich, die Tiefgarage (16 Parkplätze) in ihrer Gesamtheit zu reinigen, da immer einige Autos nicht bewegt wurden.
2022 war anders! Um 11.00 vormittags war trotz vollem Haus die Garage leer!
Frage: Was läuft falsch? Angst sich anzustecken? Maskenpflicht in den Bussen?
Das Händling der öffentlichen Verkehrsbetriebe ist mehr als zu hinterfragen.
Ein Ding, das in Italien absolut super funktioniert ist der Telepass auf den Autobahnen... vielleicht sollte man sich mit den dort arbeitenden Informatikern zusammensetzen und ganz neue Lösungsansätze erarbeiten.
z. B. übers Handy...? Im Flugverkehr schon fast Standard!

Tue, 10/18/2022 - 16:36 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Wed, 10/19/2022 - 08:19

In reply to by Josef Dalpunt

Schuler: dann verlieren wir als Landesregierung bis zu 3 Millionen Euro( die das Südtiroler Volk zahlt!) ,aber die Hotelgäste fahren gratis. Schuler,was soll das? Typische SVP Augenauswischerei zum Schaden der Steuerzahler.Aber 2,6 Millionen Euro für "Nonsensdays" ausgeben da hattet ihr keine Hemmungen! GO HOME !

Wed, 10/19/2022 - 08:19 Permalink
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rotaderga Tue, 10/18/2022 - 21:06

Pro&Contra heute Abend. Hatte weder von Schuler noch von Tschenett einen befriedigen Eindruck.
Alle Gäste zahlen, damit Einzelgast für Tagesgeld von 0,55€ Leistungen erhält. Es handelt sich hierbei um eine Gäste- Besteuerung ohne gesellschaftlichem sozialem Gleichheitsprinzip. Und man hat neuen Bürokratismus geschaffen.
Wir sind uns alle über eine Sonderbehandlung von Kindern, Schülern*, Studenten*, Arbeitern*, Ordnungskräften*Rentnern*, Flüchtlingen einig und dafür dürfen auch öffentliche Gelder herhalten.
Es darf aber nicht sein, dass eine Langzeit Regelung zu Gunsten für Touristen auf Grund einer einzelnen Datenerhebung im Jahre 2019 permanente Minimalbeträge vorsieht, jenseits von Gut und Böse für jeden Einheimischen.
Diese Regelung würde schnell, durch Mund- und anderen Formen Werbung, eine Überbenutzung durch die Gäste zur Folge haben und den Infarkt der Öffis in Südtirol bedeuten.
Wir sollten uns solche politische "Reisbrett" Dummheiten nicht leisten wollen.

Tue, 10/18/2022 - 21:06 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Tue, 10/18/2022 - 21:50

Ich könnte mir vorstellen, dass Gastbetriebe im Moment größere Sorgen mit der Stromrechnung haben als mit der Touristcard. Der Pächter eines von mir geschätzten und gut geführten Restaurants hat mir, auf meine Nachfrage hin, ob er nächste Saison wieder weitermacht, geantwortet, er wisse es noch nicht, bei diesen Strompreisen würde es sich eigentlich nicht mehr rentieren.

Tue, 10/18/2022 - 21:50 Permalink
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Paul Tasser Wed, 10/19/2022 - 07:42

Zu hoffen ist jedenfalls dass sich die Verantwortlichen Gedanken darüber machen,wie man den gewaltigen Missbrauch dieser Gästekarten unterbinden kann. In den teilnehmenden Betrieben wird die Karte jeden anreisenden Gast überreicht, nachdem aber lange nicht alle das Angebot nutzen, bleiben die Karten häufig in der Unterkunft zurück und landen somit nicht in den Taschen der berechtigten Gäste,sondern in den Taschen ganz anderer. Ein weiteres Problem stellt die Gültigkeit der aktuellen Karten dar, welche einheitlich sieben Tage programmiert wird und damit wiederum den Mißbrauch begünstigt,weil die Karten leichtfertig in unberechtigte Hände gelangen. Nachbesserung ist dringend nötig,denn so wie die Angelegenheit momentan gehandhabt wird, stellt sie für den zahlenden, ehrlichen Fahrgast, tatsächlich eine große Ungerechtigkeit dar.

Wed, 10/19/2022 - 07:42 Permalink
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Peter Duregger Wed, 10/19/2022 - 09:22

Ich bleibe dabei: Jede Person kauft sich selber den Fahrschein (Tages, Mehrtages etc.Varianten). Der Gast rechnet beim Beehrbergungsbetrieb ab. Wir brauchen nicht Menschen zweier Klassen. Es ist ganz einfach das Gleichgewicht aus dem Lot gegangen. Siehe auch wenn dem Bürger Wasser sparen verordnet wird und andere sich "Wasserschlösser" halten....Aber: Im nächsten Jahr ist ja Wahl. Mal schauen, wer dann für ein Gleichgewicht in der Gesellschaft steht!

Wed, 10/19/2022 - 09:22 Permalink