Fermentierte Bohnenpasten

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Die fermentierten Bohnenpasten duften würzig, schmecken tief und erdig und entziehen sich einer klaren Geschmacksrichtung. Ob in Misosuppe, koreanischem Jjigae oder als Würzmittel – überall entfalten sie ihre Komplexität. Probiere sie in deiner Küche aus - und und entdeckte dabei neue Aromen fremder Esskulturen.
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Zum Autor
Hanno Innerhofer ist Kochlehrer, Mietkoch und Buchautor. Mit seinen beliebten Kursen für Thai-Küche und Sushi begeistert er regelmäßig Menschen für die feine Kunst asiatischen Kochens.
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Von Dynastien, Klöstern und Küchen
Die Ursprünge fermentierter Bohnenpasten reichen weit zurück. In China ist Dajiang seit dem ersten Jahrtausend nach Christus belegt. Miso gelangte im 7. Jahrhundert von China nach Japan und entwickelte sich dort zur Alltagszutat. Auch Doenjang in Korea hat tiefe Wurzeln. Erstmals erwähnt wurde die Paste im Jahr 683 n. Chr., bei der Hochzeit von König Sinmun. Schon damals galt sie als wertvoll. Bauern nutzten sie nicht nur als Würze, sondern auch als pflanzliche Eiweißquelle – in Zeiten knapper Fleischversorgung ein Überlebensfaktor. Unterschiede in Rezepturen, Techniken und regionalen Vorlieben bestehen bis heute.
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Doenjang – Koreas Bohnenpaste mit UNESCO-Status
2024 erhielten traditionelle koreanische Jang-Pasten wie Doenjang den UNESCO-Status als immaterielles Kulturerbe. Das zeigt: Hier geht es um mehr als Geschmack. Persönlichkeiten wie Ki Soon-do, eine Hüterin der koreanischen Fermentationstradition, halten das Wissen lebendig. Die „Grand-Meisterin“ formt Meju-Blöcke von Hand und nutzt jahrhundertealte Gefäße. Gleichzeitig erlebt Doenjang ein Revival. In Food-Magazinen gilt es als rustikale Alternative zu Miso – kräftiger, salziger, vielseitig einsetzbar. Besonders in Dressings und Dips wird es neu interpretiert. Auch gesundheitlich rückt Doenjang in den Fokus: Studien weisen darauf hin, dass traditionell hergestellte Varianten menopausale Beschwerden lindern können.
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Aromen mit Tiefe – so funktioniert Fermentation
Die Herstellung ist aufwendig und faszinierend. Bei Miso werden Sojabohnen gedämpft, mit Koji – einem Edelschimmel – versetzt, gesalzen und fermentiert. Je nach Region unterscheidet man Reis-Miso, Gersten-Miso oder Soja-Miso. Doenjang entsteht aus Meju-Blöcken: gekochte Sojabohnen, geformt, fermentiert und anschließend mit Salz und Wasser eingelegt. Auch in China wird Dajiang ähnlich hergestellt, doch die sensorischen Unterschiede sind deutlich. Doenjang ist meist saurer und salziger, was sich im pH-Wert und im Umami-Gehalt zeigt. Ein Hinweis für die Küche: Miso nie mitkochen, sondern erst am Ende zugeben – sonst verliert es an Aroma.
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Fürs Küchenregal – so nutzt du Bohnenpaste richtig
Miso, Doenjang und Dajiang findest du in gut sortierten Asia-Läden – oft ungekühlt, manchmal vakuumverpackt. Achte auf Hinweise wie „traditionell fermentiert“ oder „unpasteurisiert“: Dort steckt meist mehr Aroma und probiotisches Potenzial. Lagere die Pasten im Kühlschrank, möglichst luftdicht verschlossen – so halten sie monatelang.
In der Küche gilt: Weniger ist mehr. Starte mit einem Teelöffel und taste dich langsam heran. Wichtig: immer langsam einrühren – die Aromen entfalten sich erst mit Zeit und Wärme.
- Miso passt in Brühen, Marinaden oder Buttervarianten. In unseren Küchen verfeinert es Kürbissuppe oder Kartoffelpüree, ohne den Eigengeschmack zu überdecken. Auch in Risotto, Brotaufstrichen oder Gemüseburgern sorgt es für Tiefe.
- Doenjang bringt Kraft in Eintöpfe und funktioniert als Dip mit Sesamöl. In europäischen Varianten passt es in Vinaigrette für Ofengemüse oder als Würze in Linsensuppen. Auch in Sauerteig oder Käsecremes lassen sich kleine Mengen einarbeiten.
- Dajiang überzeugt in Schmorgerichten oder als Basis kräftiger Saucen. Harmonisch wirkt es in Tomatensaucen für Pasta oder zu geschmortem Rindfleisch. Wer experimentieren will, kann es auch sparsam in Buttervarianten oder Aufstriche integrieren.
Entscheidend bleibt: vorsichtig dosieren und den Eigengeschmack der Hauptzutaten respektieren. So bereichern die drei Pasten klassische asiatische Gerichte ebenso wie kreative westliche Ideen.
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Glossar
- Miso: Fermentierte Paste aus Sojabohnen, Reis oder Gerste. Ursprung: Japan. Geschmack: mild bis kräftig, je nach Reifezeit.
- Koji: Fermentationsstarter auf Basis von Edelschimmel, notwendig für Miso, Sake und Sojasauce.
- Umami:Fünfter Geschmack, tief und würzig. Entsteht durch Glutamat und Nukleotide, typisch in fermentierten und proteinreichen Lebensmitteln wie Käse (Parmesankäse), Pilzen, Algen, Tomaten oder Sojasauce. 1908 vom japanischen Chemiker Kikunae Ikeda beschrieben.
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Rezept: Miso-Suppe mit Tofu, Lachs, Sake & Zuckerschoten
Zubereitungszeit: 20 Minuten
Zutaten (für 4 Personen)
- 1 Liter Dashi-Brühe (alternativ: Gemüsebrühe )
- 2 EL helle Miso-Paste (z. B. Shiro Miso, unpasteurisiert)
- 200 g Lachsfilet (ohne Haut)
- 150 g fester Tofu
- 2 EL Sake (japanischer Reiswein)
- 1 Stange Lauch
- 100 g Zuckerschoten
- 1 EL Sojasauce
- 1 TL Sesamöl (geröstet)
- 1 TL frisch geriebener Ingwer
- Frühlingszwiebeln zum Garnieren
Zubereitung
- Lauch längs halbieren, gründlich waschen und in feine Ringe schneiden. Zuckerschoten halbieren.
- Lachs in Stücke schneiden, Tofu würfeln.
- Dashi-Brühe erhitzen, Sake, Ingwer und Sojasauce zugeben. Kurz aufkochen.
- Lauch und Zuckerschoten einrühren, 2 Minuten bei mittlerer Hitze ziehen lassen.
- Hitze reduzieren. Tofu und Lachs zugeben, 3 Minuten sanft ziehen lassen. Miso mit etwas Brühe glatt rühren und vorsichtig unterheben (nicht kochen). Mit Sesamöl beträufeln, Frühlingszwiebeln garnieren und servieren.
Tipps
- Miso nie kochen – sonst verliert es Geschmack und probiotische Wirkung.
- Übrig gebliebene Miso-Paste im Kühlschrank luftdicht lagern – sie hält mehrere Monate.
Vegetarische Variante
Ersetze Lachs durch 150 g Champignons oder Shiitake und nutze Gemüsebrühe statt Dashi. Die Umami-Tiefe bleibt – ganz ohne Fisch.
Food-Pairing
Perfekt mit gedämpftem Reis und kaltem Grüntee. Im Frühling passen auch blanchierter grüner Spargel oder Spinat als Extra-Einlage.
Nährwerttabelle pro Person
Kalorien: 230 kcal | Eiweiß: 20 g | Fett: 10 g | Kohlenhydrate: 9 g
Allergene
Enthält: Fisch, Soja, Gluten (je nach Miso und Sojasauce), Sesam
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