Gentiloni Renzi
Foto: upi
Politics | Auf dem Weg

Renzi reloaded

Matteo Renzi kehrt in die Politik zurück. Sein vordringliches Ziel: eine Erneuerung des Partito Democratico.

Eineinhalb Monate nach seiner folgenschweren Niederlage beim Verfassungsreferendum ist bei Matteo Renzi offenbar die Lust auf Politik zurückgekehrt. Die beschränkt sich - zumindest vorerst - auf seine Rolle als Parteichef. Im Führungsgremium des zerrissenen Partito Democratico wünscht er "neue Gesichter, neue Ideen und ein neues Programm".

Dazu will er zunächst in einer "campagna d'ascolto" die Bedürfnisse und Wünsche des Fussvolks ausloten. Am Dienstag tauchte er unangemeldet und ohne Mediengefolge in Neapels Problemviertel Scampia auf, begleitet nur vom befreundeten Jesuiten Fabrizio Valletti. Sein Ziel sei "crescere, imparare, approfondire", gab sich Renzi in der neuen Rolle ungewohnt bescheiden: "Uscire dal palazzo, andare fra la gente, sul territorio, anche a prenderci dei fischi, se sarà necessario." In zwei Wochen will der Ex-Premier in drei Bussen mit den lokalen PD-Vertretern duch Nord-, Mittel und Süditalien fahren, um"die Wünsche und Vorstellungen der Bevölkerung anzuhören". An alle Parteimitglieder soll überdies ein Fragebogen verschickt werden.

Renzi muss mit seinem hyperaktiven Stil darauf achten, Regierungschef Paolo Gentiloni nicht in den Schatten zu stellen, der das genaue Gegenteil des quirligen Ex-Premiers verkörpert.

Seine neue, stark verjüngte Mannschaft hat Renzi bereits im Visier. Deren überraschendste Figur ist zweifellos der süditalienische Richter, Schriftsteller und ehemalige Parlamentarier Gianrico Carofiglio, der "mehr Schwung, mehr Diskussion und mehr Dialektik in die Partei bringen" will. In den Vorstand will er nur, "wenn dort alle Strömungen der Partei vertreten sind". Auch eine Beförderung zum Justizminister will der Richter nicht ausschliessen. Der Ökonom Tommaso Nannicini  soll für das neue Programm zuständig sein, der junge, emilianische Lokalpolitiker Andrea Rossi für die Organisation. Rossi plädiert für eine kritische Aufarbeitung der dreijährigen Regierungszeit Renzi: "Il PD non può liquidare tre anni di governo. Vorrei portare un discussione anche dura nei nostri circoli, quei 1000 giorni devono essere esaminati con serietà." Mantuas 37-jähriger Bürgermeister Mattia Palazzi soll sich um den leidigen Bereich der Mitgliederwerbung kümmern. Auch die Bürgermeister von Reggio Calabria und Ercolano will Renzi einbinden. Am 28. und 29. Jänner soll in Rimini ein Meeting die Bedürfnisse der Lokalpolitik ausloten. Matteo Ricci, Bürgermeister von Pesaro, soll im neuen Parteivorstand dafür zuständig sein.

 

Pisapias "Campo progressista"

Die vorgezogenen Neuwahlen sollen nach Renzis Vorstellung im Juni stattfinden, der Parteitag und die Vorwahlen voraussichtlich im März. Gewinnt er dabei, könnte er als Spitzenkandidat ins Rennen gehen. Dessen Spielregeln freilich werden erst nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts über das Wahlrecht im  Parlament festgelegt. Zwei Konkurrenten für den Parteivorsitz stehen bereits fest: der toskanische Präsident Enrico Rossi - seit 25 Jahren in der Politik - gibt sich siegessicher: "Mi candido per fare il segretario nazionale e vincerò pure la corsa congressuale." Sein bisher einziger Gegenspieler ist Roberto Speranza vom linken Parteiflügel, ein Abziehbild Bersanis. Man sei auf der Suche nach einem "neuen Prodi", so der ehemalige Vorsitzende. Ein Suche, die länger dauern könnte.

Doch Renzi muss mit seinem hyperaktiven Stil darauf achten, Regierungschef Paolo Gentiloni nicht in den Schatten zu stellen, der das genaue Gegenteil des quirligen Ex-Premiers verkörpert: ruhig, ausgewogen und gemäßigt.

Gefährliche Konkurrenz erfährt Matteo Renzi auch außerhalb der Partei.  Der bisherige Mailänder Bürgermeister Giuliano Pisapia bastelt an einem politischen Projekt, das er "campo progressista" nennt: "Una sinistra aperta e rivisitata, inclusiva e non esclusiva. Il campo lavorerà per avere primarie condivisibili e un programma condiviso." Interesse für diese Initiative, die bereits als Ulivo 4.0 bezeichnet wiurd, bekunden unter anderem Cagliaris Bürgermeiter Massimo Zedda und sein Kollege Federico Pizzarotti aus Parma Interesse. Als wahrscheinliche  Spitzenkandidatin wird bereits Kammerpräsidentin Laura Boldrini gehandelt.