Economy | Berglandwirtschaft
„Unsere Strategie ist das nicht!“
Foto: Südtirolfoto/Helmuth Rier
Symptomatisch dafür steht die Gründung des Arbeitskreises „Zukunft der Südtiroler Bergmilch“, der lautstark eine Erhöhung des Milchauszahlungspreises sowie eine Unterstützung seitens des Tourismus forderte. Dies um zumindest annähernd eine Vollkostendeckung zu erreichen. Beides scheint nun vom Tisch zu sein. Wie geht es also weiter?
„Mit Recht erwarten sich die Milchproduzenten einen fairen Preis für die Milch, die oft unter schwierigen Bedingungen produziert werden muss. Ein höherer Milchpreis würde nicht nur höhere Einnahmen bringen, sondern auch größere Wertschätzung den Bäuerinnen und Bauern und dem Lebensmittel gegenüber“, so Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler, der erklärt, dass der ökonomische Aspekt eine wichtige Rolle spielt, aber eben nicht nur. Die Führung eines Hofes ist auch an ideelle Werte gebunden: Tradition, Geschichte, Generationen übergreifendes Denken und Handeln sowie Werte wie Grund und Boden stehen dabei im Vordergrund. „Dieser Wert ist mit Geld nicht aufzuwiegen“, ist Landesrat Schuler überzeugt – wobei ein Bauernhof auch eine Form der Absicherung darstellen könne. Unabhängig davon, was die Zukunft bringen wird, kann ein landwirtschaftlicher Betrieb zumindest in gewissem Grade Maße die Selbstversorgung mit Lebensmitteln wie Kartoffeln sichern.
Trotz dieses besonderen „Mehrwertes“ ist die Zahl der Milchbauern seit 2003 von 5.876 auf 4.354 im Jahr 2021 gesunken – gleichzeitig ist die Milchmenge, derzeit liegt die verarbeitete Kapazität bei rund 400 Mio. kg, gestiegen. Dieser Trend, die Kleinen geben auf und die Großen werden noch größer, ist europaweit zu beobachten. In Südtirol ist es jedoch gelungen, diese Entwicklung, die in anderen EU-Ländern in einem weit stärkeren Ausmaß fortschreitet, mit gezielten Maßnahmen wie Hoferschließungen und Investitionsbeiträgen einzudämmen.
Dennoch ist es ein unaufhaltsamer Wandel, der sich auch in unserem Land bemerkbar macht. So ist in der Berglandwirtschaft eine zunehmende Kluft zwischen Groß- und Kleinbauern festzustellen, berichtet Landesrat Schuler. Der Grund dafür liegt unter anderem in der Aufstockung der Flächenprämie, die für jene, die über viel Grund und Boden verfügen, entsprechende finanzielle Vorteile bringt.
Die Kleinen riskieren, auf der Strecke zu bleiben.
„Die Kleinen, sprich Höfe, die oft kaum über drei Hektar Fläche verfügen und sich in exponierten Lagen befinden, riskieren allerdings, auf der Strecke zu bleiben“, so das Fazit des Landwirtschaftslandesrates. Zudem gibt es mittlerweile viele Betriebe, die ihre Flächen nicht mehr selbst bewirtschaften und andere, die wiederum intensiv wirtschaften. Wieder andere, und das ist eine relativ große Zahl, nämlich rund 2.500 Betriebe, halten weniger als drei Großvieheinheiten. Die Situation der Betriebsstrukturen in der Berglandwirtschaft ist also vielschichtig. Somit seien die Probleme, mit denen die Berglandwirtschaft konfrontiert ist, weit komplexer, als dass man sie ausschließlich auf den Milchpreis reduzieren könnte. Zum einen gelte es, im Bereich Berglandwirtschaft die Courage aufzubringen, stärker zwischen den Betrieben in den Gunstlagen und jenen, die unter erschwerten Bedingungen wirtschaften, zu differenzieren sowie Wege und Möglichkeiten zu finden, vor allem die Kleinbauern zu unterstützen. „Die Strategie des Landes muss darauf abzielen, insbesondere die kleinen Höfe und die heimische Milchwirtschaft zu stärken“, betont Landesrat Schuler.
Mit dem richtigen Marketing zu höheren Preisen
Mit dieser Haltung scheint man sich bisweilen im Widerspruch zu den Südtiroler Sennereien zu befinden, für welche es finanziell interessant war, die Milch günstig aus dem Ausland zu beziehen. Je höher die Zukäufe und die damit generierten Umsätze, desto höher fielen auch die Auszahlungspreise für die heimischen Bauern aus. Ins Wanken geriet dieses System im vergangenen Jahr, als der Rohstoff Milch plötzlich Rekordpreise erzielten. Mittlerweile sind die Preise auf dem europäischen Frischmilchmarkt jedoch wieder deutlich gesunken und die Weiterverarbeitung von ausländischer Milch für Handelsketten könnte wieder zunehmend interessant werden. „Das ist aber nicht die Strategie der Landesregierung“, so Schuler, der klarstellt, dass diese darin bestehe, die Marke Südtirol stärker zu bewerben, um damit auf dem Markt höhere Preise erzielen zu können. Nicht umsonst habe man beschlossen, fünf Millionen Euro aus dem Landeshaushalt für den Bereich Agrar-Marketing bereitzustellen. Wie etliche Beispiele belegen, sei eine ausgefeilte Marketing-Strategie nämlich das Um und Auf, um die Wertschöpfung zu erhöhen.
Ein Beispiel aus Österreich zeige, dass allein aufgrund der erfolgreichen Werbestrategie für eine über eine Handelsmarke vertriebene Milch deutlich höhere Preise erzielt werden konnten, als für jene, die über Molkerei selbst direkt vertrieben wurde – obwohl der Inhalt derselbe ist. „Deshalb müssen wir unsere Kräfte bündeln und eine starke Südtirol-Marke aufbauen, denn für einzelne Player wird es auf dem Markt schwierig“, erklärt Landwirtschaftslandesrat Schuler. Deshalb sollen zukünftig Beiträge für die Milchwirtschaft an die heimischen Produktion gekoppelt werden – die natürlichen Schwankungen, die einen Zukauf notwendig machen, um eine optimale Auslastung zu erreichen, miteingerechnet. Investitionen, welche über die Produktionsleistung der Südtiroler Milchbauern hinausgehen, sollen jedoch nicht mehr mit Landesmitteln gefördert werden.
Wenn ein Milchhof auf einen Ausbau des Zukaufs von Milch und somit auf einen Ausbau der Produktion von Drittmarken setzt, so ist dies seine Entscheidung, unsere Philosophie ist das nicht.
„Wenn ein Milchhof auf einen Ausbau des Zukaufs von Milch und somit auf einen Ausbau der Produktion von Drittmarken setzt, so ist dies seine Entscheidung, unsere Philosophie ist das nicht“, so Schuler, der weiters klarstellt: „Wir haben von den Sennereien verlangt, eine gemeinsame Strategie festzulegen.“ Dabei sei es nicht nur um die Frage gegangen, wie die Zusammenarbeit besser funktionieren könnte, sondern auch welche Ziele man sich stecke. Ob eine Fusion das geeignete Mittel sei, bleibe jedoch dahingestellt.
„Ich möchte an dieser Stelle auch eine Lanze für die Südtiroler Milchhöfe brechen. Sie haben in der Vergangenheit eine wesentlich höhere Wertschöpfung gebracht und einen wichtigen Beitrag dafür geleistet, dass die Südtiroler Berglandwirtschaft erhalten hat werden können. Auch heuer wird ein wesentlich höherer Auszahlungspreis zu erwarten sein, wie im europäischen Durchschnitt. Die Zusammenarbeit zwischen den Milchhöfen hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert und die Gespräche der letzten Monate werden diesbezüglich weitere Fortschritte bringen“, zeigt sich Landesrat Schuler zuversichtlich.
Please login to write a comment!
Sollte Bauer sein ein Beruf
Sollte Bauer sein ein Beruf bleiben, muss dieser davon leben können, andernfalls ist es ein Hobby. Tatsache ist auch, dass noch einige landwirtschaftliche Betriebe aufgelassen werden.
Außer der MILA + MILKON +
Außer der MILA + MILKON + BERGMILCH, die mit ihren schlampigen Töchtern 50 % GASTROFRESH + SÜDTIROLMILCH + ALPIGUSTO + STELLA BIANCA + BUSTAFFA & FIGLI seit 30 Jahren allerlei Milchgeld-fressenden Unfug angerichtet haben, wurde von den übrigen Sennereien in weniger guten Standorten von Südtirol zum Vorteil für die Mitglieder recht ordentlich gewirtschaftet.
Kritisch ist die Landespolitik zu sehen, die mit ihren Beiträgen die Bauern in das Hamsterrad von noch größer + mehr + schneller + noch größeren Wirtschaftsbauten antreibt.
Das heran gekarrte Grundfutter + die übertriebenen Mengen von Kraftfutter + der deswegen anfallende Mist / Gülle führt zu großen Umwelt-Problemen.
Der Landesrat für Landwirtschaft verheizt eine Menge Geld in der Laimburg + mit allerlei Beiträge um die Bauern in die falsche Richtung zu locken + mit der dafür erforderlichen Bürokratie, statt wie in Nordtirol und anderen Provinzen die Ausgleichsbeiträge den Bauern mit der Auflage zu übergeben, die Felder Natur-gerecht zu barbeiten + die Gebäude vernünftig instand zu halten.
Man liest hier sehr viele
Man liest hier sehr viele gute Ansätze & Ideen. Wer Milchwirtschaft und Berglandwirtschaft wirklich ernst nimmt, darf diese Zeilen ruhig ein zweites Mal -auch zwischen den Zeilen - lesen.
Nur die "Handelsmarke" sollte eher den Profis auf dem Freien Markt überlassen werden; Gutes Marketing muss sich schließlich rechnen. Andernfalls ist es kein gutes Marketing. Bei öffentlich finanziertem Marketing müsste demnach die Zusatzrendite wieder beim Auftraggeber, also beim Steuerzahler, landen. Und sonst ist es nichts anderes als eine Querfinanzierung des Milchauszahlungspreises. Wobei auf dem Weg dorthin das meiste in anderen Taschen versandet.