Politics | Gütertransport

Gefährliches Schweigen

In 4 Jahren kam es zu 12 Chemieunfällen bei denen Südtirols Zivilschutz und Feuerwehren im Einsatz waren. Das Land hat aber keine Informationen zu den Gefahrentransporten
Gefahrentransport.jpg
Foto: upi
Aus den Antworten erfahren wir, dass das Land die Staatsbahnen RFI dazu auffordern könnte, im Voraus über die Durchfahrt von Zügen mit gefährlichen Gütern informiert zu werden“, sagt Riccardo Dello Sbarba und weiter: „Leider kommt das Land diesem Informationsrecht aber nicht nach.“
Dello Sbarba hat zusammen mit seinen beiden Fraktionskolleginnen Brigitte Foppa und Hanspeter Staffler in den aktuellen Fragestunde des Landtages im März und April zwei Anfragen zu einem - im wahrsten Sinne des Wortes - brandgefährlichen Thema eingebracht: Den Gefahrentransporten auf der Brennerbahnlinie.
Die Antworten der Landesregierung dazu sind ebenso überraschend wie beunruhigend.
 

12 Unfälle

 
In ihrer Anfrage im März weisen die grünen Landtagsabgeordneten auf die aktuelle, problematische Situation hin:
 
„Der Transport gefährlicher Güter auf der Brennerbahn ist besorgniserregend und erfordert ständige Einsätze der Feuerwehr. Mitte Februar 2023 entgleiste ein mit Chemikalien beladener Güterzug am Bahnhof Brenner und die Feuerwehren von Gossensaß und Sterzing mussten ausrücken. Darüber hinaus muss die Feuerwehr besonders in der heißen Jahreszeit häufig wegen austretender Chemikalien aus Gefahrgutwaggons eingreifen. Es erscheint uns sehr fraglich, dass RFI diese Einsätze an die örtlichen Feuerwehrleute delegiert, anstatt eine eigene Task Force zu gründen. Ebenso die Tatsache, dass es keinerlei Vorabinformationen zu diesen Gefahrentransporten gibt. Wesentlich wäre, das Verkehrsministerium zumindest auf eine Meldepflicht zu verpflichten.“
 
 
 
 
Die grünen Landtagsabgeordneten wollten dann wissen, wie viele solcher Chemieeinsätze es in seit 2018 bis heute auf der Brennerlinie gegeben habe. Mitte März antwortet der zuständige Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider. Demnach hat es 2018 3 solcher Einsätze der Feuerwehren und des Zivilschutzes gegeben, 2019 und 2020 jeweils 4 und 2021 einen. Das heißt in vier Jahren gab es 12 solcher Zwischenfälle mit Gefahrentransporten.
Die Grünen wollten auch wissen, ob das Land vorab von solchen Gefahrentransporten vom Eisenbahn-Betreiber RFI informiert wird. Die Antwort: „Das Assessorat bekommt keine Mitteilungen“.
In seiner Antwort spezifiziert Landesrat Alfreider aber auch: „Es wäre möglich bei den RFI, um Informationen zu diesen Transporten anzufragen, aber es gibt keinerlei Pflicht dem Land Mitteilung machen zu müssen“.
 

Die Nachfrage


Dieser Satz hat die drei grünen Landtagsabgeordneten angestachelt, in der aktuellen Fragestunde im April eine zweite Anfrage zum Thema zu stellen. Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa und Hanspeter Staffler wollten wissen, wie oft die Landesverwaltung in den vergangenen vier Jahren solche Anfragen an RFI gestellt habe und wie die Antworten ausgefallen sind. Ebenso verlangten die Landtagsabgeordneten Auskunft darüber, wie viele solcher Gefahrentransporte in den vier Jahren zwischen 2018 und 2021 durch Südtirol gerollt sind.
An diesem Montag hat Daniel Alfreider schriftlich auch auf diese Nachfrage geantwortet.
 
 
 
Demnach haben weder das Land noch die Agentur für Zivilschutz, die Feuerwehr oder eine andere Landesinstitution jemals eine solche Anfrage an RFI gestellt.
Damit wird klar, dass das Land und jene Stellen, die ausrücken müssen, wenn es zu einem Unfall kommt, keinerlei Informationen besitzen.
Dass sich daran auch wenig ändern wird, geht aus der Alfreider-Antwort hervor. „Wir haben an RFI eine schriftliche Anfrage gestellt“, schreibt der Mobilitätslandesrat, „um Informationen über die Gefahrentransporte zu bekommen und die Antwort bis zum 31. März verlangt“. Doch bis heute sei keine Antwort angekommen.
 „Das ist doch kein Zustand“, ärgert sich Riccardo Dello Sbarba. Die Grüne Fraktion im Landtag fordert jetzt das Land nachdrücklich auf, ihr Recht auf Information gelten zu lassen, um die Gesundheit der Anrainer und Anrainerinnen und der Umwelt zu schützen. „Auch, damit der Zivilschutz sich besser darauf vorzubereiten kann“, so die grünen Abgeordneten.
 
 
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Andreas Thanei Wed, 04/19/2023 - 16:51

Ständig wird gefordert, dass mehr Güter auf der Schiene transportiert werden, werden diese dann auf der Schiene befördert, dann ist es auch wieder nicht recht. Was glauben die Grünen denn was auf der Straße alles rumfährt? Auf der Schiene wird minutiös bis auf das Kilogramm genau dokumentiert welches Gefahrgut wo rumfährt. Bei einem Gefahrgutaustritt liegt es am transportierenden Unternehmen zu informieren welcher Stoff genau austritt.
Gefahrgut sollte wenn möglich nur auf der Schiene transportiert werden, auf der Straße ist das Risiko um ein Vielfaches höher.
Im Übrigen werden täglich hunderte Gefahrgüter auf der Brennerstrecke transportiert, meistens befinden sich bereits in nur einem Güterzug mehrere Arten von Gefahrgut.

Wed, 04/19/2023 - 16:51 Permalink
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Stefan S Wed, 04/19/2023 - 17:07

"Gefahrentransporten"
Nennt sich Gefahrguttransporte welche nach internationalen Gefahrgutrecht der UN entsprechend Ihrer Stoffe gekennzeichnet werden müssen und den Transportdienstleister bzw Verkehrsträger verpflichtet auch ein wirksames Notfallmanagment dafür bereit zu halten. Eine Transportmeldepflicht ist nur für bestimmte besonders gefährliche Stoffe wie z. B. radioaktive oder hochexplosive Stoffe vorgesehen. Für "normale" Gefahrgutstoffe ist mit der Kennzeichnungpflicht auch ein Unfallgefahrenblatt mitzuführen bzw. muss an den einschlägigen Umschlag und Abstellpunkten dem zuständigen Personal vorliegen. Ebenso ist für alle Beteiligten der Gefahrguttransporte eine regelmäßige Schulung nach UN Recht vorgeschrieben.
Kurzum die Rfi ist hier in der Bringschuld ein Notfallmanagment mit den örtlichen Einsatzstellen vorzulegen und abzustimmen.

Wed, 04/19/2023 - 17:07 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Wed, 04/19/2023 - 20:32

Das Anliegen ist sicher zu begrüßen, damit im Ernstfall Feuerwehr, Rettung und Zivilschutz vorbereitet sind und nicht erst die orangen Kennzeichen studieren müssen.
Allerdings haben sich die Grünen (Ausnahme Paul Rösch) bei der Solland Silicon nicht gerade stark für die mehr als notwendige Schließung gemacht. Wer wissen will, warum das gefährlich war, einfach die Herstellung von Trichlorsilan googeln. Dabei wussten Kury, Sbarba und Heiss ganz genau, wie gefährlich das Werk war. Das ist ist eben das Besondere an " unseren" Grünen, dass sie nicht wirklich grün sind (siehe auch Flugplatz).

Wed, 04/19/2023 - 20:32 Permalink
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Hartmuth Staffler Wed, 04/19/2023 - 21:22

"Die Grüne Fraktion im Landtag fordert jetzt das Land nachdrücklich auf, ihr Recht auf Information gelten zu lassen". Ich denke es handelt sich hier nicht nur um ein Recht auf Information der Grünen Fraktion im Landtag, sondern der Allgemeinheit.

Wed, 04/19/2023 - 21:22 Permalink