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Autonomie all'italiana: "Zustände wie im alten Rom"

Wird alles besser, wenn Regionen oder Staaten dem Diktat der jeweiligen Zentralmacht entkommen? Gerhard Mumelter beleuchtet im österreichischen Standard am Beispiel Italiens die Dezentralisierung von Korruption und Misswirtschaft.

Während die salto-Community heftig über Separatismus und Selbstbestimmung diskutiert, informiert Standard-Korrespondent Gerhard Mumelter die österreichische Leserschaft darüber, wohin die umfassenden Autonomierechte einiger italienischer Regionen geführt haben: zu „Zuständen wie im alten Rom“ – bzw. einer Skandalserie von beeindruckendem Ausmaß. Gegen 573 Abgeordnete würden Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren wegen Amtsmissbrauchs, Veruntreuung öffentlicher Gelder, Korruption und Betrugs laufen. In der Lombardei, im Latium, Piemont, auf Sardinien und in der Basilikata stürzten die Regierungen über die Skandale. Jüngster Fall des „Bundes zwischen Autonomie und Misswirtschaft“?

Kalabriens Präsident Giuseppe Scopelliti wurde vor wenigen Wochen wegen Betrugs zu sechs Jahren Haft verurteilt und von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen. Zwei Wochen später verkündete er unbeirrt seine Kandidatur für die Europawahlen. Von Sizilien bis nach Piemont bedienten sich hunderte Abgeordnete ungehemmt aus öffentlichen Kassen, ließen sich mangels Kontrollen private Rechnungen aller Art rückvergüten; vom Hochzeitsgeschenk bis zum Rasenmäher, von teurem Porzellan bis hin zu Juwelen.

Keineswegs vom Skandalkarussell ausgenommen ist laut dem Standard-Bericht die Region Trentino-Südtirol - wo Vorschüsse in Millionenhöhe auf Politikerpensionen „einen Sturm der Entrüstung auslösten und die allmächtige Südtiroler Volkspartei (SVP) ins Wanken brachten“. Die Antwort des ungeliebten Staates:

Nun will sich der Staat wichtige Zuständigkeiten zurückholen und den permanenten Kompetenzstreit beenden. Rom will sich mit einer Verfassungsnovelle die Bereiche Verkehr, Energie und Umweltschutz zurückholen. Die Regionen protestieren lautstark und warnen vor einer "fatalen Rückkehr zum Zentralismus": "Was der Staat mit der einen Hand gibt, nimmt er sich mit der anderen", erregt sich Luca Zaia, Präsident von Venetien, wo letzthin in einem umstrittenen Referendum die Loslösung vom ungeliebten Staat gefordert worden war.