Was im Lehrerzimmer passiert...
Es herrscht Lehrermangel an den Schulen, weswegen man sich die Wenigen, die man hat, bewahren möchte. Im besten Fall sind jene Wenigen engagierte Lehrpersonen, die sich für die Schüler*innen einsetzen und ihnen nach bestem Wissen und Gewissen vorleben, was von der Gesellschaft außerhalb der Schulmauern als anständig verstanden wird. So geht es auch der Protagonistin von İlker Çataks vierten Spielfilm, „Das Lehrerzimmer“. Carla Nowak heißt die Lehrerin, die an einem Gymnasium in Deutschland Mathematik und Sport unterrichtet. Sie ist noch jung und idealistisch, in den Augen des Kollegiums vielleicht etwas naiv in manchen Dingen. Nichts desto trotz möchte Carla alles richtig machen – um jeden Preis, wie das Drehbuch schnell deutlich macht. Ausgangspunkt für das unvorhersehbare Drama, das sich alsbald in und um die Protagonistin entwickelt, ist eine Serie an Diebstählen an der Schule. Man ist versucht, den oder die Täter ausfindig zu machen, den man zuallererst unter den Schüler*innen von Carlas Klasse vermutet. Das Kollegium wendet dabei zweifelhafte Methoden ein, filzt Geldbörsen und verdächtigt einen Schüler des Diebstahls, bloß weil er eine größere Menge an Geld dabei hatte. Carla stößt die Vorgehensweise sauer auf, und spricht es an. Auch glaubt sie bald schon nicht mehr daran, dass sich der oder die Schuldige unter den Schüler*innen findet. Vielmehr verdächtigt sie eine andere Lehrperson, weshalb sie ein Experiment startet. Ihre Jacke mitsamt Geld darin lässt sie unbeaufsichtigt im Lehrerzimmer zurück, doch filmt ihren leeren Platz über die Webcam ihres Laptops. An dieser Stelle sei nicht weiter auf den Verlauf der Handlung eingegangen. Nur so viel: Jemand wird entlarvt, und was sich daraus entspinnt, ist ein sich immer weiter verstrickender Irrgarten aus Anschuldigen, Lügen, Grenzüberschreitungen und letztlich aber auch dem Willen, das Gute zu tun.
Das Drehbuch des Films lässt sich nicht lumpen, schlägt Haken und spielt so mit der Erwartungshaltung des Publikums. Kaum eine Szene lässt sich vorhersehen, und bis zur sicherlich wenig befriedigenden Auflösung, lässt Autor und Regisseur İlker Çatak die Zuschauer*innen im Unklaren – eben genauso wie auch die Figuren des Films. Die Handlung, deren örtlicher Rahmen die Grenzen der Schule sind, findet ausschließlich dort statt. Die Protagonistin ist Lehrerin, und für die Dauer des Films nur das. Wir erfahren nichts aus ihrem Privatleben, sehen nicht, wie oder mit wem sie wohnt. Die Schule mit ihren Klassenräumen, dem Lehrerzimmer, der Sporthalle und den vielen Korridoren, wird zum Spiegelbild der äußeren, „großen“ Welt. All die Dramen von Schuld und Richtspruch finden im Kleinen statt. Carla, die um jeden Preis korrekt handeln möchte, verliert irgendwann den Boden unter den Füßen, die Situationen entgleiten immer mehr, und sie trifft Entscheidungen, die zwar gut gemeint sind, die Gesamtsituation aber zumeist verschlimmbessern.
Gefilmt ist das alles in beklemmenden, doch präzisen 4:3 Bildern, getragen von einer Hauptdarstellerin, Leonie Benesch, die ihre Figur derart transparent spielt, dass man beinahe meint, durch sie hindurch zu blicken, und jeden ihrer Gedanken zu erfahren. Sie kann einem Leid tun, diese Lehrerin, die an den Interessenkonflikten der unterschiedlichen Streitparteien, den Schüler*innen, dem Kollegium, den Eltern, und letztlich an ihrem eigenen, zerbricht.
Der Film offenbart, ähnlich wie „Systemsprenger“ von Nora Fingerscheidt, die Limitierungen und Grenzen eines Systems, welches keine Antworten für gewisse Probleme hat.
Ob sich nach diesem Film mehr Menschen für den Beruf der Lehrperson begeistern können, ist fraglich. Doch der Film ist unglaublich wichtig und zeigt auf, wie schnell Anschuldigungen und das aneinander vorbeireden zu regelrechten Vernichtungskriegen führen. Alle sind darauf bedacht, möglichst gut dazustehen, die Gegner in den Boden zu treten, anstatt wie Erwachsene, die die Beteiligten in den meisten Fällen sind, sachlich miteinander zu reden. Der Film offenbart, ähnlich wie „Systemsprenger“ von Nora Fingerscheidt, die Limitierungen und Grenzen eines Systems, welches keine Antworten für gewisse Probleme hat. Diese Antworten zu finden, ist Aufgabe der Gesellschaft, wenngleich der Wille dafür selten groß ist. „Das Lehrerzimmer“ kann als Erinnerung fungieren, die Schule als wichtiges Instrument einer von Bildung abhängigen Gesellschaft nicht zu vernachlässigen, ach was, sagen wir, nicht zu vergessen. Der Film bietet keine Lösungen, er stellt Fragen, eben so wie es die wirklich guten Filme tun, während jene, die wenig zu sagen haben, sich in Antworten verlieren.
Mi sembra comunque un film
Mi sembra comunque un film non molto realistico, visto che furti nella scuola non sono certo novità. Comunque se il tema è il limite di un sistema è bene che si parli di scuola anche se volentieri cambierei lo status degli insegnanti in Germania con il nostro. Vedrò volentieri il film, le mie sono osservazioni premature...