Culture | Salto Return

#190617

In Salto Return geht es nicht um Helmut Kohl, sondern ausnahmsweise um Alkohol. Und wie sich Genießer auf neue Zeiten einstellen. Zum Wohl.
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Foto: Fahrnichtigkeitszentrum Pfatten

Abzocke
„Zum Schulende alle Fünfer einmal gerade sein lassen“ lautete das Party-Motto für viele Schülerinnen und Schüler, die sich vergangene Woche im sinnlos errichteten Fahrnüchternheitszentrum (Gemeinde Pfatten) versammelten. Die jungen Menschen wurden, wie auf einer Klassenfahrt, in Bussen zum Veranstaltungsort gekarrt, wurden von oben bis unten ausmustert und erlebten eine Party zum Davonlaufen.
„Mit diesem Eintrittspreis und den Zusatzkosten des Buszubringer-Dienstes schaffen es die Veranstalter wohl zwischenzeitlich auf Platz 1 in der Abzocker-Liga...“ erzählte mir der Klassensprecher einer 5B. „Die breitschultrigen Security-Beauftragten leisteten zudem das Ihrige, sodass gut 90% der Beteiligten die Feierlaune verging…“ vermerkte hingegen ein nicht minder getrübter Repetent in mein Notizbuch.
„Ein Zurück ging leider wiederum nur mit dem Bus, entlang der für den Verkehr abgeriegelten Straße", meinte sogar eine der wenigen trockenen Lehrpersonen und flehte: „Bitte solche Feste nicht mehr wiederholen, so etwas bringt niemanden weiter, macht niemanden heiter, ist zwar voll safety, aber auch voll daneben.“ 

Albtraum
Aus gutem Grund nahm ich mir vor, dem mittlerweile überzogenen Sicherheitsdenken auch in der Landeshauptstadt nachzuspüren. Auf meinem Recherche-Plan hatte ich Volxsfesta/Talferwiesen notiert. Eh gut.
Im Vorfeld war mir allerdings zu Ohren gekommen, dass auch bei diesem völkerverbindenden Fest, übermotivierte Sicherheitsbeauftrage und ausgebildete Spaßbremsen für neue Standards sorgen würden, sogar das Festgelände sollte umzäunt werden. Das wollte ich sehen. Und: Wie würde es wohl mit dem Alkoholausschank aussehen? 

Ich parkte meinen Bus in der unmittelbaren Nähe zur Bühne, im besten Winkel zu einer der zahlreichen Überwachungskameras. Dann füllte ich eine stattliche Anzahl Schoko-Kirsch-Pralinen in meinen Jute-Beutel und zog Richtung Festzelt.
Ich stellte fest, dass Alkohol doch noch und reichlich aufgeschenkt wurde, wollte nun aber den Ernstfall testen und verzehrte an die rund 50 Stück Mon Chéri, lehnte mich an einen Security-Wärter, der – wie anzunehmen – den Ernst der Lage nicht erkannte und mich in letzter Minute in die (in seinen Augen) stabile Seitenlage brachte.
Wohl wegen der Überdosis fiel ich in einen einzigartigen Tiefschlaf und träumte einen nie dagewesenen Albtraum, in welchem ich Sachen schrieb, die ich nie schreiben würde.

Abklatsch
Ich bin sehr überrascht, wie leicht mir die Beschreibung zum größten Volksfest Südtirols (Alpen Flair) fällt, wie es mir plötzlich gelingt, mit vielen schönen Worten, eine Band (Frei.Wild) und ein Festival eben nicht durch den (hellbraunen) Kakao zu ziehen.
Ich schreibe am schönsten Frei.Wild-Artikel... und schimpfe darin nicht etwa über die Frei.Wild-Vorband 2017 Sepultura, dem wohl billigsten Abklatsch der Originalband. 
Ich fabuliere zum Glück an einem positiven Alpen-Flair-Artikel, und höre sie nebenbei auf und nieder, die lieben, freien, wilden Heimatlieder. Immer wieder.

Doch plötzlich erwachte ich aus meinem Albtraum, stellte kopfschüttelnd fest, dass ich auf der einen Volxsfesta, vom anderen Volksfest und einem positiven Frei.Wild-Artikel geträumt hatte. Was für eine Schande. Niedergeschlagen trottelte ich zurück zu meinem Bus, ließ mir den guten/bösen Traum nochmal durch den Kopf gehen und verstand – bei meinem Bus angekommen –, was im Leben wirklich wichtig ist: Frei.Fahrt (und nicht zu viel Mon.Chéri)